Eine Frau sieht in die Kamera.
Kokett und authentisch: Carola Wilcke stärkt Frauen bei Streits in der Familie. Bildrechte: MDR/Madeleine Arndt

Auszeichnung Eine Löwenmama: Deutschlands aufmüpfigste Frau kommt aus Görlitz

15. Juni 2024, 06:00 Uhr

Mit ihrer Selbsthilfegruppe "Löwenmamas" unterstützt Carola Wilcke alleinerziehende Mütter bei Familienstreitigkeiten. Jetzt ist die Görlitzerin dafür als aufmüpfigste Frau des Jahres ausgezeichnet worden.

Die Sozialarbeiterin Carola Wilcke aus Görlitz ist von der Stiftung Aufmüpfige Frauen aus Dortmund als aufmüpfigste Frau des Jahres ausgezeichnet worden. Die Stiftung würdigt damit Wilckes Einsatz für Kinderrechte. Als Verfahrensbeiständin verteidigt die Görlitzerin vor Familiengerichten Mütter und Kinder, wenn dort um das Sorgerecht gestritten wird. Mit ihrer Selbsthilfegruppe "Löwenmamas" stärke sie die Frauen, begründet die Stiftung ihre Auszeichnung. Mit Carola Wilcke wurde außerdem die Berliner Journalistin Marie von Kuck geehrt.

Ich habe einen gesunden Menschenverstand und ein gutes Bauchgefühl. Deswegen bin ich manchmal ein bisschen oppositionell unterwegs.

Carola Wilcke Sozialarbeiterin und Mutter

Eine Frau traget am 04.10.2018 in einem Haus in Nottensdorf (Niedersachsen) ihren Sohn in einer Babytrage am Koerper
Carola Wilcke will mit ihren "Löwenmamas" vor allem alleinerziehende Mütter unterstützen. Sie kennt den Kampf ums Sorgerecht aus eigener Erfahrung. Bildrechte: picture alliance / dpa-tmn | Christin Klose

Schon als Kind viel diskutiert

Carola Wilcke sagt von sich, sie sei der Prototyp einer aufmüpfigen Frau. Schon als Kind habe sie ihre Eltern damit in den Wahnsinn getrieben, dass sie Entscheidungen hinterfragte und darüber diskutieren wollte, erinnert sich die 52-Jährige. Das habe sie sich bis heute bewahrt. "Ich habe einen gesunden Menschenverstand und ein gutes Bauchgefühl. Deswegen bin ich manchmal bisschen oppositionell unterwegs", sagt sie über sich.

Antrieb: Hinterfragen und Lösungen wollen

Aufmüpfigkeit ist für Carola Wilcke etwas Positives. "Hinterfragen war schon immer meine Triebfeder. Damit kann man tolle Veränderungen bewirken", gibt sich Wilcke überzeugt. Deshalb sei sie sehr stolz über den Preis. Sie habe erst gedacht, das sei ein Scherz, als die Stifterin des Preises sie angerufen hat. "Ich war völlig aus dem Häuschen", beschreibt Wilcke ihre erste Reaktion.

Zerissenes Blatt Papier, auf dem Vater, Mutter und Kind gemalt sind
Carola Wilcke versucht immer, bei Sorgerechtsstreitigkeiten das Beste für die beteiligten Kinder zu erreichen. Bildrechte: imago images/Ulianna19970

Seit mehreren Jahren kümmert sich Carola Wilcke um Kinder und Frauen, die in die Mühlen der Familiengerichtsbarkeit geraten. Sie stellt fest, dass bei den Entscheidungen der Gerichte häufig nicht das Kindeswohl im Mittelpunkt steht. "Man möchte die Eltern zufriedenstellen, dass sich keiner als Verlierer fühlt. Das bedeutet im Umkehrschluss aber nicht, dass das dann auch für das Kind die beste Entscheidung ist", meint Wilcke. Sie habe vielmehr den Eindruck, dass das auch auf eine schlechte Ausbildung der Richter zurückzuführen ist. Entwicklungspsychologische Gesichtspunkte würden zu wenig berücksichtigt. Eltern würden bestraft, weil Kinder sich nicht so verhalten, wie es die Richter erwarten würden, beklagt Carola Wilcke.

Ihr Ziel: Alleinerziehende Mütter stärken

Wilcke stand nach der Trennung von ihrem Partner selbst vor Gericht und hatte mit dem Jugendamt um das Sorgerecht für ihre beiden Kinder zu kämpfen. Erst fühlte sie sich allein, doch dann habe sie recherchiert und festgestellt, dass es vielen anderen Frauen ähnlich erging.

Ihre Eltern hätten ihr mitgegeben: "Wenn du ein Problem erkennst und nichts dagegen tust, wirst du zum Teil des Problems." Carola Wilcke wollte nicht Teil des Problems sein, sondern Teil der Lösung. Mit dem Berliner Verein "MIA – Mütterinitiative für Alleinerziehende" gründete sie eine Selbsthilfegruppe. Dieser gehören Wilckes Angaben zufolge 2.500 Mütter und Großmütter aus ganz Deutschland, Österreich, den USA und Großbritannien an.

Löwenmamas als Patinnen bei Familienstreitigkeiten

In einer Facebook-Gruppe tauschen sie sich über ihre Erfahrungen bei Streitigkeiten zum Sorgerecht, Umgangsrecht und zu Kindeswohlgefährdung aus. Die Gruppe vermittelt kompetente Anwälte, postet Familiengerichtsurteile, an denen man sich orientieren kann und verweist auf Fachliteratur. "Wir wollen Hilfe zur Selbsthilfe bieten", erklärt Wilcke.

Kämpfen und für seine Ideale einstehen, das hält Carola Wilcke für sehr wichtig. Es habe Phasen gegeben, da habe Angst ihr Leben bestimmt. Wilcke empfand das als unangenehm. "Ich wollte Kontrolle über mein Leben haben, ein selbstbestimmtes Leben führen", erinnert sie sich. Heute sei sie dafür bekannt, manchmal etwas frech und kokett zu sein. Wilcke macht sich nichts daraus, wenn sie deswegen schief angeschaut wird. Authentisch zu sein – das habe sie schon aus manch unangenehmen Situationen befreit.

MDR (dwi/mak)

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Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Studio Bautzen | 13. Juni 2024 | 16:30 Uhr

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