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David Kreiselmeier kandidiert in Weißwasser für die AfD als Oberbürgermeister. Bildrechte: MDR Investigativ

Bürgermeisterwahl Ist der AfD-Kandidat für OB-Wahl in Weißwasser ein Reichsbürger?

19. August 2024, 13:34 Uhr

Die Anhänger des "Königreich Deutschland" wollen die Rechtsordnung der Bundesrepublik abschaffen. Einer von ihnen scheint nun als AfD-Kandidat für den höchsten Verwaltungsposten von Weißwasser anzutreten. Die Wahl soll am 1. September parallel zur Landtagswahl in Sachsen stattfinden.

Der AfD-Kandidat für die Oberbürgermeisterwahl in Weißwasser ist anscheinend ein Reichsbürger. Nach Recherchen von MDR Investigativ soll David Kreiselmeier Mitglied des selbsternannten "Königreich Deutschland" (KRD) sein. Die extremistische Gruppierung ist eine der bedeutendsten in der Reichsbürgerszene. Ihre Anhänger lehnen die Existenz der Bundesrepublik Deutschland, ihre Institutionen sowie ihr Rechtssystem ab. Das Ziel ist, laut Bundesamt für Verfassungsschutz, die Abschaffung der Rechtsordnung. 

David Kreiselmeier kandidiert für den OB-Posten in Weißwasser.
David Kreiselmeier kandidiert für den OB-Posten in Weißwasser. Bildrechte: AfD

MDR Investigativ hat Kreiselmeier am Mittwoch nach einer AfD-Kundgebung in Weißwasser mit den Ergebnissen der Recherchen konfrontiert. Das AfD-Mitglied bestreitet, Mitglied im KRD zu sein, räumte aber Kontakte zu der Organisation ein. 

Kreiselmeier und seine Bewerbung beim "Königreich Deutschland"

Bewerbungsanschreiben
Die Initiativbewerbung von David Kreiselmeier beim KRD. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Kreiselmeier hatte sich allerdings bereits im Mai 2022 initiativ für eine Stelle beim selbst ernannten "Königreich Deutschland" beworben. In dem Schreiben, welches dem MDR vorliegt, empfiehlt sich Kreiselmeier für die Bereiche "Öffentlichkeit/Medien, Innendienst/Verwaltung, allgemeine Schulbildung und Schulgründung". Als Begründung schrieb er, dass er "seit einigen Jahren" und "mit großem Interesse die Entwicklungen des Gemeinwohlstaates" verfolge und fest entschlossen sei, "ein Teil dieses Staates werden zu wollen…". 

Screenshot einer Mitgliederliste
Auf einer internen Mitgliederliste des KRD vom Juni 2022 wird Kreiselmeier mit der Mitgliedsnummer 2090 geführt Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Auf Nachfrage von MDR Investigativ hat Kreiselmeier bestritten, dass die Initiativbewerbung von ihm stamme. Allerdings weisen auch die Metadaten auf eine Urheberschaft des AfD-Kandidaten hin. Auf einer internen Mitgliederliste des KRD vom Juni 2022 wird Kreiselmeier mit der Mitgliedsnummer 2090 geführt. Als MDR Investigativ ihm die Liste zeigte, sagte er: "Ich bin kein Mitglied und mir ist auch nicht bekannt, dass man in diesem Sinne Mitglied sein kann.” Nach Recherchen von MDR Investigativ ist Kreiselmeier bis heute für das "Königreich Deutschland" aktiv.

Der OBM-Kandidat und seine Beziehungen zum "Königreich Deutschland"

Social-Media-Post
Der Screenshot des Kommentars von David Kreiselmeier bei Telegram. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Im September 2022 trat Kreiselmeier einer öffentlich zugänglichen Telegram-Gruppe des "Königreichs Deutschland" bei und postete darin immer mal wieder Beiträge. So schrieb der ausgebildete Musiklehrer am 24. November 2022 in einer Diskussion über vergangene Corona-Maßnahmen: "Grundsätzlich sehe ich das auch so, dass dieses System nicht mehr gerettet werden sollte; zuschauen und genießen, wie es sich selber zerstört, scheint mir auch die sinnvollste Strategie."

Im September 2023 tauschte sich Kreiselmeier mit anderen Mitgliedern der Chatgruppe über die Lage in Bärwalde aus. Damals wurde in dem Dorf in der Oberlausitz eine Veranstaltung des "Königreich Deutschland" untersagt. Die Polizei setzte das Veranstaltungsverbot durch und kontrollierte mehrere Zufahrtsstraßen. Kreiselmeiers Kommentar: "Ich könnt heulen!" Er schlug einen einen Alternativtreffpunkt am Boxberger Strandufer des Bärwalder Sees vor.

Unterstützung bei OBM-Wahl von AfD-Spitze

Personen stehen vor einem Plakat
AfD-Chef Timo Chrupalla und OBM-Kandidat David Kreiselmeier in Weißwasser am Mittwoch. Bildrechte: MDR Investigativ

Am Mittwoch stellte sich Kreiselmeier als OB-Kandidat bei einer AfD-Kundgebung in Weißwasser. In der 15.000-Einwohner-Stadt wird am 1. September parallel zur Landtagswahl in Sachsen ein neuer Oberbürgermeister gewählt. Der 38-Jährige gilt als aussichtsreicher Kandidat der AfD: Bei den Stadtratswahlen im Juni 2024 holte die "Alternative für Deutschland" knapp 30 Prozent und stellt seitdem die größte Fraktion in der Kommunalvertretung.

Vor rund 250 Teilnehmern warben auch AfD-Chef Tino Chrupalla, der wie Kreiselmeier zum AfD-Kreisverband Görlitz gehört, und Landtagsabgeordnete für den Lehrer. Sie empfahlen ihn als Alternative zum angeblichen Filz in der Stadtverwaltung.

Nach der Kundgebung fragte MDR Investigativ Kreiselmeier nach seiner Mitgliedschaft im "Königreich Deutschland". Er bestritt diese ebenso wie eine von ihm verschickte Initiativbewerbung beim KRD. Allerdings räumte er ein, in einer Chatgruppe von Anhängern des "Königreich Deutschland" geschrieben zu haben, wie etwa nach dem Verbot des Reichsbürgertreffens in einer KRD-Immobilie in Bärwalde. "Ich fand es eine Riesensauerei ", sagte Kreiselmeier, "da stehe ich auch dazu, dass wir hier demokratische Rechte haben und die sollten für alle gelten". 

Auf eine schriftliche Presseanfrage antwortet die AfD zwei Tage später, dass David Kreiselmeier weiterhin bestreitet, jemals Mitglied im „Königreich Deutschland“ gewesen zu sein. Dabei lässt er aber zur Erklärung hinzufügen: „Die staatlich verordneten (Corona-, Anm. d. Redaktion) Maßnahmen haben mein Interesse für Politik geweckt und ich habe […] begonnen, verschiedene Kundgebungen zu besuchen und mir unterschiedlichste Menschen und Gruppierungen anzuschauen. In diesem Zusammenhang ist auch der Kontakt entstanden, den der MDR nun skandalisieren will. Ich habe aber nach einiger Zeit erkannt, dass die dortigen Ziele und Wege nicht mit meinen Vorstellungen übereinstimmen.“

Nach eigenen Angaben ist David Kreiselmeier Anfang 2024 in die AfD eingetreten. Der örtliche Landtagsabgeordnete Roberto Kuhnert habe ihn dann gebeten, sich als OB-Bewerber für Weißwasser aufstellen zu lassen. 

Kreiselmeier arbeitet als Lehrer für Musik

Kreiselmeier kommt ursprünglich aus dem thüringischen Gera. Nachdem Kreiselmeier 2003 in Gera seinen Realschulabschluss abgelegt hatte, ließ er sich zunächst in Kronach zum "Leiter im Laienmusizieren" und später in Wiesbaden zum Musiklehrer ausbilden.

Er verbrachte mehrere Jahre in verschiedenen Orten in Hessen und Bayern, zuletzt in Rothenburg ob der Tauber. Im Februar 2023 ist Kreiselmeier nach Rietschen gezogen - knapp 20 Kilometer südlich von Weißwasser. Seitdem ist er als Fachlehrer für Musik und Informatik an der Comenius-Schule in Mücka tätig. Seinen Arbeitsvertrag dort hat er zum 30. September gekündigt. Gegenüber MDR Investigativ sprach Kreiselmeier von einem Plan B, fall er nicht zum Oberbürgermeister gewählt werde: "Es gibt auch andere politische Möglichkeiten und daraufhin haben wir uns geeinigt."

Vor der Wahl in Weißwasser hatte der aktuelle Bürgermeister Torsten Pötzsch (Wählervereinigung Klartext) bereits verkündet, dass er aus gesundheitlichen und familiären Gründen nicht mehr antreten wolle. Zum Urnengang am 1. September sind neben Kreiselmeier nur noch zwei weitere Kandidatinnen zugelassen. Für die Wählervereinigung Klartext tritt Swantje Schneider-Trunsch (46), Kämmerin der Stadt Weißwasser an. Zudem kandidiert SPD-Frau Katja Dietrich als unabhängige Bewerberin. Die 43 Jahre alte Wirtschaftsgeografin arbeitet bei der Sächsischen Agentur für Strukturentwicklung GmbH.

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Dieses Thema im Programm: MDR aktuell | 16. August 2024 | 21:45 Uhr

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