Weltkrebstag Lungenzentrum in Magdeburg: Überlebenschancen bei Lungenkrebs gestiegen
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04. Februar 2025, 10:36 Uhr
Lungenkrebs ist die zweithäufigste Krebsart und die mit Abstand tödlichste. Die gute Nachricht: Dank neuer Behandlungsmethoden steigen die Überlebenschancen. Am Uniklinikum Magdeburg wurde ein Lungenzentrum gegründet – dort wird behandelt und geforscht.
- Noch vor wenigen Jahren lag die Überlebensrate bei Lungenkrebs nur bei 20 Prozent.
- Mediziner erzielen mittlerweile gute Behandlungsergebnisse durch Immuntherapie.
- Bei Lungenkrebs kommt es auf eine möglichst frühe Entdeckung an.
Es ist noch nicht einmal ein Jahr her, da wurde bei Roswitha Albrecht Lungenkrebs diagnostiziert. Zufällig. "Ende April hatte ich einen Verkehrsunfall", berichtet sie. "Ich hatte diverse Prellungen, Brustbein- und Rippenbrüche. Dabei wurde ein kleinwüchsiges Karzinom festgestellt." Für Roswitha Albrecht brach eine Welt zusammen. Sie ist eine von 200 Patienten, die im Magdeburger Lungenzentrum pro Jahr mit einer Erstdiagnose behandelt werden. Es folgten Chemotherapie und im September Operation. "Heute geht es mir fast wieder gut", sagt Roswitha Albrecht.
Lungenkrebs - die tödlichste Krebsart
Lungenkrebs ist die zweithäufigste Krebsart hierzulande. Und die mit Abstand tödlichste. Noch vor wenigen Jahren lag die Überlebensrate bei 20 Prozent. Fälle, die noch vor zehn bis zwölf Jahren hoffnungslos waren, können heute dank neuer Behandlungsmethoden erfolgreich therapiert werden. Sie ermöglichen eine Heilung oder ein langjähriges Leben mit dem Tumor. Am universitären Lungenzentrum der Otto-von-Guericke-Universität werden solche neuen Methoden eingesetzt.
Bessere Behandlungsmöglichkeiten
"Die Therapiemöglichkeiten haben sich erheblich verbessert", sagt Prof. Jens Schreiber. "Das beruht darauf, dass wir immer besser verstehen, wie ein Tumor molekular funktioniert, welche molekularen Mechanismen sein Wachstum stimulieren und wie das Immunsystem Tumore bekämpft", so der Direktor der Klinik für Pneumologie.
Jens Schreiber zeigt auf zwei Computertomografieaufnahmen. Auf der ersten ist deutlich ein großer Tumor im rechten Lungenflügel zu sehen. "Die zweite Aufnahme ist nur drei Monate später aufgenommen worden", so der Lungenarzt, "darauf sind nur noch Reste des Tumors zu sehen, der mit Hilfe der Schlüssellochchirurgie entfernt werden konnte". Zwischen beiden Aufnahmen lagen drei Zyklen einer Immunchemotherapie, einer Kombination von Immuntherapie und Chemotherapie. Die Patientin ist bis heute krebsfrei.
Immuntherapie als Erfolgsrezept
Bei der Immuntherapie wird das körpereigene Immunsystem unterstützt. Seine Aufgabe ist es, geschädigte oder fremde Zellen zu bekämpfen. Damit es sie erkennt, müssen die kranken deutliche Unterschiede zu gesunden Zellen aufweisen. T-Killerzellen, eine spezielle Art von Immunzellen, werden über ein spezifisches Antigen aktiviert. Krebszellen können sich aber für das Immunsystem unsichtbar machen, indem sie das Antigen verstecken. "Die Krebszelle setzt sich eine Tarnkappe auf“, beschreibt es Prof. Thorsten Walles, Chefarzt in der Thoraxchirurgie. "Wir reißen ihr die Tarnkappe herunter."
Genau das tut die Immuntherapie: Mit künstlichen Antikörpern werden die T-Zellen in die Lage versetzt, das Antigen und damit die Krebszellen zu erkennen und sie zu attackieren. "Durch die neuen Möglichkeiten haben wir die Überlebenschancen von Patienten mit Lungenkrebs auf über 80 Prozent erhöht", resümiert Prof. Jens Schreiber.
Fachgebietsübergreifende Zusammenarbeit
Über Jahre wurde an der Otto-von-Guericke-Universität die Struktur eines universitären Lungenzentrums aufgebaut. Hier arbeiten Internisten, Strahlen- und Nuklearmediziner, Diagnostiker und Chirurgen eng zusammen. In den letzten Jahren stieg die Zahl der behandelten Patienten – eine gewünschte Zentralisierung. Wurden vor acht Jahren noch 140 Lungenkrebsoperationen pro Jahr durchgeführt, so waren es 2023 schon 500.
"Wir haben gelernt, dass durch die Kooperation der Fachdisziplinen die Behandlungsmöglichkeiten für den Patienten besser wurden", erklärt Walles. Auch die Zentralisierung bringe Vorteile. "Das führt dazu, dass in Kliniken, in denen mehr als 40 Lungenkrebsoperationen pro Jahr durchgeführt werden, die Wahrscheinlichkeit für den Patienten, nach der Operation schwere Komplikationen zu haben oder sogar zu versterben, sich halbiert."
Neue Ära im OP-Saal
Auch im Operationssaal haben neue Methoden Einzug gehalten. Seit 20 Jahren wird die Schlüssellochchirurgie auch bei Krebs-Operationen eingesetzt und hat sich in dieser Zeit durchgesetzt. In mehr als der Hälfte aller Kliniken ist sie heute Standard. „Chemo- und Immuntherapien führen zu einer Veränderung des Gewebes, die Operationen werden schwieriger“, so Prof. Thorsten Walles. Solch komplizierte Operationen können mit OP-Robotern durchgeführt werden.
Was mit Schlüssellochchirurgie gemeint ist
Die "Schlüsselloch-Chirurgie" ist eine moderne Operationstechnik, bei der die Operation mehr oder weniger innerhalb der geschlossenen Bauchhöhle oder Brusthöhle stattfindet. Große Schnitte entfallen somit weitgehend. Dieses Verfahren wurde in der Bauchchirurgie erstmals 1987 angewendet. Quelle: Universiätsklinikum Gießen und Marburg
Früherkennung für Lungenkrebs geplant
Für Roswitha Albrecht war das Unglück ein Glück. Der Unfall hat dazu geführt, dass ihr Krebs in einem frühen Stadium entdeckt wurde und gut behandelt werden konnte. "Ohne den Unfall wäre ich wohl heute nicht mehr hier", glaubt sie. Lungenkrebs bleibt lange unerkannt, weil die Symptome erst spät auftreten. Patienten haben bei der Erstdiagnose zu 30 Prozent einen lokal begrenzten Tumor, zu 30 Prozent einen ausgedehnten Tumor und zu 40 Prozent Metastasen. Früherkennungsprogramme für Lungenkrebs sind geplant, so Prof. Jens Schreiber, der appelliert: "Wer ein erhöhtes Risiko trägt, sollte das unbedingt wahrnehmen."
MDR (Annette Schneider-Solis, Daniel Salpius)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 04. Februar 2025 | 19:00 Uhr
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