Menschen bei der Apfelernte auf einer Wiese. 3 min
Einsatz auf der Streuobstwiese bei Wernigerode im Harz. Sehen Sie im Video, was Mitglieder des Projekts an den Wiesen schätzen. Bildrechte: MDR/Carsten Reuß

Streuobstwiesen Warum ein Verein im Harz alte Apfelsorten erhält

24. Oktober 2024, 09:07 Uhr

Streuobstwiesen gelten als ökologisch besonders wertvoll. Rund um Wernigerode im Harz gibt es mehrere Hektar dieser Wiesen, etwa mit alten Apfelsorten. Früher waren sie wichtig, um die Bevölkerung zu versorgen. Heute jedoch werden sie nur noch selten gepflegt. In Wernigerode kümmert sich deshalb ein rühriger Verein um solche Flächen. Jetzt stand die Ernte an.

Mann mit grauen haaren und roten Fleece-Pullover macht ein Selfie vor einem Fachwerkhaus mit MDR-Logo
Bildrechte: MDR/Carsten Reuß

Es ist morgens neun Uhr. Es ist kühl, der Himmel ist blau, die Sonne scheint – ein Herbsttag wie aus dem Bilderbuch. Ideale Bedingungen für den Ernteeinsatz des Vereins "Nordharzer Streuobstwiesen". Eine kurze Einweisung des Vereinsvorsitzenden Matthias Bosse, dann geht's los.

An einem Hang nahe des Wernigeröder Ortsteil Benzingerode stehen Apfelbäume. Sie tragen viele Früchte. Auch auf der Erde liegen viele Äpfel. Katja Osterloh hockt mit klammen Fingern unter einem Apfelbaum und sammelt eifrig Äpfel in eine Kiste. "Mir macht das unheimlich viel Spaß", sagt die 41-Jährige, die im Verein Mitglied ist, um, wie sie sagt, "diese wertvolle Kulturlandschaft zu erhalten".

Äpfel am Baum 1 min
Bildrechte: MDR/Carsten Reuß
1 min

Streuobstwiesen gelten als ökologisch besonders wertvoll. Rund um Wernigerode kümmert sich ein Verein um den Erhalt solcher Flächen. Jetzt stand die Ernte an.

MDR SACHSEN-ANHALT Di 22.10.2024 10:35Uhr 00:29 min

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Verein aus dem Harz ist auch in Schulen und Kindergärten aktiv

Damit sind Streuobstwiesen gemeint. Die Stadt Wernigerode hat davon so einige. Doch ihre Pflege überforderte die Stadt. Deshalb gründeten Naturfreunde vor vier Jahren besagten Verein. Inzwischen gibt es 49 Mitglieder, die sich für den Erhalt dieser Flächen einsetzen. Sie beschneiden Bäume, entfernen Misteln, pflanzen junge Bäume nach. Sie leisten auch Bildungsarbeit in Schulen und Kindergärten und sind nun mit viel Enthusiasmus dabei, zu ernten.

Eine Frau erntet Äpfel von einem Baum.
Auf den Wiesen wachsen bis zu 50 verschiedene Apfel- und Birnensorten. Bildrechte: Carsten Reuß

Fast neun Hektar Streuobstwiesen hat der Verein in Pflege. "Streuobstwiesen sind äußerst wertvoll im ökologischen Bereich und ein Naturraum, der sich nur erhält, wenn der Mensch eingreift", erklärt der Vereinsvorsitzende Matthias Bosse. Besonders wichtig sei ihnen der Erhalt alter Obstsorten. Vor etwa einhundert Jahren habe es 2.000 bis 2.500 Apfelsorten gegeben, erklärt Bosse, heute seien es vielleicht noch 1.500 Sorten.

Streuobstwiesen sind äußerst wertvoll im ökologischen Bereich und ein Naturraum, der sich nur erhält, wenn der Mensch eingreift.

Matthias Bosse Vorsitzender des Vereins "Nordharzer Streuobstwiesen"

Und von denen gäbe es im Supermarkt höchstens zwölf bis fünfzehn. Bosse ist eigentlich Arzt, pflegt aber im Nebenjob eigene Streuobstwiesen und verarbeitet Äpfel. Sein Engagement im Verein ist ehrenamtlich. Aufgrund seiner Interessen hatte man ihn gefragt, dort mitzuarbeiten. 

Alte Sorten erhalten: Einsatz aus Liebe zur Natur

Auf den Wiesen, die der Verein betreut, wachsen 40 bis 50 verschiedene Apfel- und Birnensorten. So genau weiß das aber niemand. Es fehlte bislang einfach die Zeit, die Sorten zu bestimmen. Auch jetzt beim Ernteeinsatz sind alle mit viel Enthusiasmus dabei. "Wegen der Äpfel", sagt Vereinsmitglied Martina Tschäpe. Aber sie findet die Wiesen auch im Frühjahr faszinierend. Auch Sybille Böhme füllt eine Kiste nach der anderen. Sie sei aus Liebe zur Natur hier. Bei solchem Wetter rote und goldgelbe Äpfel zu pflücken und zu Most zu verarbeiten sei für sie ein Traum.

Die frisch geernteten Äpfel werden im Anschluss sofort zu Saft verarbeitet. Auch hier packen wieder alle mit an. Denn ehe aus Äpfeln Most wird, gibt's so Einiges zu tun. Die Äpfel müssen geputzt und zerkleinert werden. Sie kommen als kleine Stücken in einen Schredder und von dort als Brei in die Saftpresse. Heraus kommt dann frischer Apfelsaft, der erst in eine Auffangwanne plätschert und dann über einen Schlauch in einen Kanister fließt. Katja Osterloh nimmt eine kleine Tasse und probiert. "Sehr gut", findet sie und lächelt dabei.

Nach der Apfelernte gibt es Saft und Kuchen

Der Apfelsaft wird noch erhitzt und somit haltbar gemacht. Dann kommt er in Fünf-Liter-Packs. Jedes Vereinsmitglied bekommt ein paar Liter. Es ist die Belohnung für eine arbeitsreiche Saison. Doch nach getaner Arbeit wird dann doch lieber Kaffee getrunken. Und Kuchen gibt's – Apfelkuchen natürlich. Das nächste Treffen steht auch schon fest: Ende November ist Baumschnitt geplant.

MDR (Carsten Reuß) | Erstmals veröffentlicht am 23.10.2024

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 21. Oktober 2024 | 09:30 Uhr

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