Ein Mann mit schwarzer Jacke und Mütze steht vor einer hügeligen Landschaft, durch die ein Fluss fließt
Toni Schwarzer ist Trainer und Teamleiter bei Harzdrenalin. Bildrechte: MDR/Michel Holzberger

Ortsbesichtigung Wie ein Harzdrenalin-Trainer seine Arbeit an der Rappbodetalsperre erlebt

von Michel Holzberger, MDR SACHSEN-ANHALT

21. November 2023, 09:13 Uhr

An der Rappbodetalsperre hat das Unternehmen "Harzdrenalin" mehrere Attraktionen geschaffen wie zum Beispiel eine doppelseitige Seilrutsche und eine Hängebrücke. Damit die Besucher sich nicht verletzen, gibt es Trainer, die an jeder Station auf die Sicherheit achten. Diese Verantwortung trägt auch Toni Schwarzer. MDR-SACHSEN-ANHALT-Reporter Michel Holzberger hat ihn einen Tag lang begleitet.

Es ist ein verregneter Donnerstag im November. Für mein Treffen mit Toni Schwarzer hatte ich auf besseres Wetter gehofft, aber es ist nun einmal Herbst. Auf den Parkplatz vor der Rappbodetalsperre stehen vereinzelt Autos, einen großen Andrang, wie in den warmen Monaten, erwarten die Betreiber von Harzdrenalin heute nicht.

Es ist Nebensaison. Toni Schwarzer hat deshalb auch Zeit, mich zu empfangen. Der Trainer und Teamleiter von Harzdrenalin führt mich in das Eintrittsgebäude am Parkplatz, dort kaufen Besucherinnen und Besucher ihre Tickets und erfahren über einen Bildschirm, welche Attraktionen, wie gefragt sind. Und auch trotz des regnerischen Wetters sind Attraktionen heute von Gästen gebucht worden.

Kein Tag wie jeder andere

Als erste Station schlägt Toni die Mega-Zipline vor, Europas längste Doppelseilrutsche. Dort seien gleich Gäste an der Reihe. Auf dem Weg dorthin erfahre ich von ihm, dass er schon seit zehn Jahren für Harzdrenalin arbeitet. Kein Tag sei wie der andere, weshalb es ihm bis heute gefalle.

"Natürlich stelle ich mir auf dem Weg zur Arbeit die Frage, ob auch heute wieder alles klappt. Das ist aber normal, es geht um die Sicherheit der Menschen. Aber ich habe immer ein gutes Gefühl, weil wir so hohe Sicherheitsstandards haben", erzählt Toni Schwarzer.

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Vier-Augen-Prinzip und doppelte Sicherung bei Harzdrenalin

Jeder der Trainer sei als Fachkraft ausgebildet, hinzu komme das tägliche Vier-Augen-Prinzip sowie die Redundanz, das heißt doppelte Sicherung der Technik. Sollte es mal zu einem menschlichen Fehler kommen, was noch nicht vorgekommen sei, dann wäre der Gast zusätzlich abgesichert. Neben der offiziellen TÜV-Prüfung führt Harzdrenalin laut Toni auch mehrfach eigene Wartungen durch.

Während wir so reden, erreichen wir den Zipline-Turm. Bevor die ersten Gäste mit 85 Kilometern pro Stunde durch das Rappbodetal fliegen, steht zunächst ein Testflug mit eigenen Trainern an. Toni erklärt, nur wenn der Testflug erfolgreich war und nicht durch das Wetter beeinträchtigt wurde, kann die Seilrutsche freigegeben werden. Das ist heute der Fall.

Besondere Begegnungen

Einer der ersten Gäste ist Ralf aus Jena. Er hatte davon gehört und will es ausprobieren. Toni überprüft mit zwei weiteren Trainern, ob Gurt und Verschlüsse sitzen, danach erfolgt die Freigabe. Während wir Ralf hinterherschauen, wie er über das Wasser "fliegt", möchte ich von Toni wissen, welche Begegnungen ihm besonders in Erinnerung geblieben sind.

Er habe schon alles erlebt. Glückliche Gäste, aber auch Menschen, die aus Angst unter Tränen abgebrochen hätten. Man fühle sich dann wie ein Psychologe und müsse sich auch in Menschen hineinversetzen können. Dabei seien das "Du" und der Humor sehr wichtig, so breche relativ schnell das Eis. Und zwei Momente werde er so schnell nicht vergessen.

Ein 96-jähriger Senior hätte mal die Seilrutsche benutzt und dann gesagt, dass er noch einmal wolle. Er gilt bis heute als ältester Flieger durch das Rappbodetal. Ebenso beeindruckt sei Toni von einem Mann gewesen, der beim freien Fall von der Hängebrücke einen mehrfachen Salto gemacht habe.

Neuste Attraktion: Das "menschliche Katapult"

Mit diesen Erinnerungen verlassen wir den Zipline-Turm und Toni zeigt mir die neueste Attraktion: das "menschliche Katapult", der sogenannte Ultrashot. Dazu gehen wir in das Erdgeschoss des neuen Aussichsturms Solitair, der im vergangenen Jahr fertiggestellt worden war. Im Vorbereitungsraum misst eine Waage gerade das Gewicht von Kurt aus Elbingerode. Der Schüler hat nach eigener Aussage schon alles bis auf den UltraShot ausprobiert, heute soll sich das ändern.

Mit dem Gewicht stellt Toni die Anlage entsprechend auf den Jugendlichen ein, um eine optimale Flugzeit zu erreichen. Im Katapultraum befestigt er ihn mit Gurten an eine Rückenplatte, die links und rechts mit Seilen an eine Maschine verbunden ist. Nach dem Countdown rauscht der 16-jährige Kurt unter den Augen von Toni 38 Meter in die Höhe und fällt wieder hinab und das vier Mal. Beschleunigung und Schwerelosigkeit wechseln sich ab. Kurt schreit vor Freude und ist sichtlich angetan. Nun sei seine Sammlung komplett. Er würde es auch noch einmal machen.

Höhenangst überwinden

Nach solch einem Nervenkitzel ist kurz Entspannung angesagt, aber auch nur für jemanden, der keine Höhenangst hat. Es geht auf die über 450 Meter lange Hängebrücke. Dort treffen Toni und ich Christiane, sie kommt aus Düsseldorf und erzählt uns von ihrer Höhenangst. Sie wolle ihre Angst überwinden. Dazu nähert sie sich Stück für Stück der Mitte der Brücke, lässt ihre Hände vom Geländer los und staunt über die Aussicht. Kurzzeitig hätte sie ihre Angst vergessen.

In der Mitte der Brücke verlassen wir Christiane und gehen eine Treppe abwärts. Unter der Brücke befindet sich eine Plattform und eine weitere Attraktion. Der Pendelsprung, auch "Gigaswing" genannt. Toni befestigt sich und mich jeweils mit einem Sicherheitsseil an Laufschienen unterhalb der Brücke, die uns bei einem ungeplanten Absturz halten. Nur dann sei es den Trainern und Gästen erlaubt, die Absprungzone betreten. Immerhin geht unser Blick 95 Meter nach unten.

Freier Fall für 3,5 Sekunden

Viele Gäste würden den Pendelsprung mit einem Freefall-Tower und einem Sprung aus dem Flugzeug vergleichen, aber dieser freie Fall ist etwas völlig anderes, sagt Toni. Nach drei bis 3,5 Sekunden des Fallens sind es nur knapp zehn Meter bis zum Boden. Weil in den Köpfen der Gäste das Gefühl aufkomme, dass sie aufschlagen werden, spricht Toni auch von einer Nahtoderfahrung.

Natalie und Marc aus Leipzig leisten uns wenige Minuten später Gesellschaft. Sie haben von dem Pendelsprung gehört und sind in den Harz gereist, um es selber zu erleben, wobei eher Natalie. Sie stehe auf Adrenalin und er mache es seiner Freundin zuliebe.

Toni rüstet die beiden mit dem nötigen Gurten aus, überprüft mit zwei weiteren Trainern, ob alles sitzt, bevor es dann an die Absprungkante geht. Und inmitten dieser angespannten Situation bekomme ich mit, was Toni anfangs mit Humor meinte, als er zu den Zuschauern auf der Brücke ruft: "Drückt die Daumen, die beiden waren mal sympathisch". Natalie und Marc lächeln kurz, als Toni den Countdown von drei runterzählt und sie ausklinkt.

Beide schreien und pendeln durch das Rappbodetal. Gerade Marc ist hinterher begeistert, er habe zuvor Angst gehabt und würde jetzt gerne sofort noch einmal fallen. Toni schmunzelt und zieht ein positives Fazit vom heutigen Tag. "Alle Gäste hatten Lust, es gab keine Abbrecher und wenn du dann den Menschen ansiehst, wie glücklich und zufrieden sie sind, dann ist das unser größter Lohn."

MDR (Michel Holzberger, Annekathrin Queck) | Erstmals veröffentlicht am 20.11.2023

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 24. November 2023 | 09:20 Uhr

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