Warnung vor Übertourismus Fluch oder Segen? Tourismus rund um Rappbodetalsperre
Hauptinhalt
20. November 2023, 08:52 Uhr
Der Harz ist bekannt für unberührte Natur und viele Wanderwege. Seit Jahren steht die Region aber auch für Adrenalin, genauer gesagt Harzdrenalin. Die Brüder Maik und Stefan Berke haben an der Rappbodetalsperre eine Seilrutsche, Hängebrücke und einen Aussichtsturm mit einem "menschlichen Katapult" gebaut. Hunderttausende Mutige probieren jährlich die Attraktiven aus. Doch wie verträgt sich das mit der Umwelt? Und wie hat die Region davon profitiert?
- An der Rappbodetalsperre sind in den vergangenen Jahren mehrere Tourismusattraktionen entstanden.
- Naturschützer haben zwar kein Problem mit Attraktionen an der Talsperre, warnen aber vor Übertourismus.
- Die Stadt Oberharz profitiert von den Gewerbeeinnahmen und konnte Übernachtungen von jährlich 250.000 auf 350.000 steigern.
Als die Gebrüder Berke mit der Idee, eine Seilrutsche an der Rappbodetalsperre zu bauen, vor den Talsperrenbetrieb Sachsen-Anhalt traten, gab es zunächst Skepsis. Es könnte ja etwas in das Wasser fallen, erinnert sich Talsperrenbetrieb-Geschäftsführer Burkhard Henning. Doch die Berke-Brüder, die Geschäftsführer von Harzdrenalin, versprachen, die Attraktion würden den Betriebsablauf nicht stören – zwei Männer, ein Wort. Das auch hielt. Es wurde sich darauf geeinigt, dass das Wasser nicht berührt werden darf.
Nach der Seilrutsche entstand parallel zur Rappbodetalsperre eine Hängebrücke. Durch die versetzt gebaute Brücke können Mitarbeiter des Talsperrenbetriebs bis heute unten an der Staumauer arbeiten, ohne gestört zu werden. Auch die Befürchtung, es könnte etwas von der Seilrutsche oder von der Hängebrücke hinunterfallen, sei nicht eingetreten. Deshalb spricht Burkhard Henning vom Talsperrenbetrieb Sachsen-Anhalt von einer sehr guten Nachbarschaft. "Der Funke war damals sofort übergesprungen und wir haben uns auch geholfen und auch Ideen gemeinsam entwickelt."
Viel ist in den vergangenen Jahren an der Rappbodetalsperre entstanden. Erst die rund ein Kilometer lange Mega-Zipline, Europas längste Doppelseilrutsche. Danach folgten Hängebrücke und Pendelsprung. Der Aussichtsturm und das menschliche Katapult, der sogenannte Ultrashot, sind die neuesten Attraktionen der Gebrüder Berke.
Naturschützer warnt vor Übertourismus
Die Belebung der Rappbodetalsperre hat auch der langjährige Naturschützer Friedhard Knolle verfolgt. Für ihn ist der Harz ein positives Beispiel, wie sich Naturschutz und Tourismus verbinden lassen. Knolle war selbst jahrelang für den Nationalpark Harz tätig und engagiert sich als Rentner weiterhin für den Naturschutzbund NABU.
Mit der Belebung der Rappbodetalsperre hat der Naturschützer kein Problem: "Wenn irgendwo, warum nicht dort? Da steht eine Mauer, da ist ein Wasserkörper und der Spaßtourismus passt dort gut hin. Würden sie mich jedoch fragen, ob sie diese Attraktionen für Schierke am Brocken planen könnten, wäre ich ein vehementer Gegner, das ist doch klar." Mit Blick in die Zukunft warnt Knolle davor, zu viel Natur zu erschließen. Nicht, dass es zu einem sogenannten Übertourismus komme.
Mehr Übernachtungen in Oberharz
Während die Rappbodetalsperre jährlich hunderttausende Menschen anlockt, verzeichnet die Stadt Oberharz steigende Übernachtungen. Die Zahl der Übernachtungen sei von 250.000 im Jahr 2015 auf 350.000 Übernachtungen im Jahr 2019 geklettert, sagt Markus Mende vom Tourismusbetrieb Oberharz. Dieser Anstieg zeige, welche Auswirkungen solche Investitionen und Attraktionen für den Tourismus haben können.
Das sieht auch die Stadt Oberharz so. Laut Bürgermeister Ronald Fiebelkorn profitiert die Stadt von der Gewerbesteuer, die Harzdrenalin zahlt. Zudem hat das Unternehmen 45 feste Arbeitsplätze geschaffen. Und der Bekanntheitsgrad über die Landesgrenze hinaus sei natürlich auch nicht zu verachten.
Harzdrenalin-Bürder wollen expandieren
Für Harzdrenalin selbst sei es wichtig, die Region mitzunehmen. Und das passiere auch, sagt Maik Berke, einer der beiden Geschäftsführer von Harzdrenalin. "Gastronomen, Hotels und Pensionen in der Nähe bekommen Gäste, Wanderwege sind stärker ausgelastet. Es ist einfach mehr los in der Region und alle können partizipieren, aber das stecken wir uns nicht alleine an. Wir sind aber schon sehr stolz, was dort oben entstanden ist."
Ähnliche Worte findet auch sein Bruder und zweiter Harzdrenalin-Geschäftsführer, Stefan Berke. Es geht weiter: "Wir werden in die Infrastruktur investieren und planen, ein Panorama-Restaurant zu bauen. Und es werden auch noch neue Attraktionen kommen. Ob es so groß wie Brücke, Seilrutsche oder Katapult wird, das lass' ich euch raten."
MDR (Michel Holzberger, Moritz Arand) | Erstmals veröffentlicht am 17.11.2023
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 24. November 2023 | 09:20 Uhr
Not Found
The requested URL /api/v1/talk/includes/html/852a430a-3ff0-4d63-be10-c75601fba1cc was not found on this server.