Quedlinburger Domschatz Erstmals seit 17 Jahren: Samuhel-Evangeliar geöffnet
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12. März 2025, 15:54 Uhr
Vor 17 Jahren zeigte die Quedlinburger Domschatzverwaltung das Innere ihrer wertvollsten Handschrift. Das war damals ein großer Erfolg. Jetzt wird die Aktion wiederholt. Für drei Wochen wird das Samuhel-Evangeliar aus dem 9. Jahrhundert in geöffnetem Zustand präsentiert.
Es ist ein spannender und erhabener Moment: Gerade haben Mitarbeiter der Domschatzverwaltung die Vitrine mit dem Samuhel-Evangeliar in einer der beiden Schatzkammern geöffnet. Jetzt greift Restaurateurin Roswitha Dreysse nach dem schweren Buch darin, dessen Buchdeckel so aussieht, als ob Gold und Edelsteine um die Wette funkeln wollen. Neben ihr steht Elmar Egner, der Kurator des Quedlinburger Domschatzes. Natürlich sei er aufgeregt, erklärt er, schließlich sei es nicht alltäglich, ein fast 1.200 Jahre altes Buch zu öffnen.
Dafür wird es zu einem Tisch getragen und auf eine sogenannte Buchwippe gelegt. Dann löst die Restauratorin zwei Schnallen – und schlägt das Buch auf. "Solche Bücher öffnet man sehr selten", sagt die Quedlinburgerin.
Ein Grund ist, das wertvolle und empfindliche Innere, also Schrift und Malereien zu schützen, ein anderer, dass die Einbände solcher Schriften sehr prunkvoll gestaltet sind. Oft sind die Buchdeckel mit Gold, Edelsteinen und Elfenbeinschnitzereien verziert. Auch beim Samuhel-Evangeliar verhält es sich so.
Ach schön!
Die Restauratorin beginnt vorsichtig zu blättern. Die Seiten aus Pergament knistern. Sie sind mit goldener Tinte beschrieben. Es kommen prunkvolle Initiale zum Vorschein und dann ein in Rot, Blau und Gold gemaltes Bildnis des Evangelisten Johannes. Roswitha Dreysse ist ganz begeistert. Das sei doch ein wunderschönes Bild, wie der Evangelist da an einem Schreibpult sitze. "Ach schön", seufzt sie. Das alles so nah zu sehen, finde sie unheimlich spannend.
Goldene Tinte auf Pergament
Das Samuhel-Evangeliar besteht aus 191 mit goldener Tinte beschriebenen Blättern aus Kalbspergament. Es gibt 24 Schmuckseiten, darunter vier mit Darstellungen der Evangelisten. Bereits im 10. Jahrhundert kam das Evangeliar nach Quedlinburg. Kurz nach dem zweiten Weltkrieg von einem amerikanischen Soldaten gestohlen, kam es zusammen mit den meisten anderen Schatzteilen 1993 zurück, wurde restauriert – und liegt seither geschlossen in der Vitrine. Einmal, vor 17 Jahren, war es schonmal aufgeschlagen präsentiert worden. Ein voller Erfolg war das damals, der die Domschatzleitung nun dazu brachte, es noch einmal zu probieren.
"Es wurde mal wieder Zeit, so was Schönes zu präsentieren", erklärt Kurator Elmar Egner. Anlass der Aktion ist der Todestag der Heiligen Mathilde, der Witwe des ersten deutschen Königs Heinrich I., die am 14. März 968 in Quedlinburg starb. Es wird eine Andacht für Mathilde geben, und es wird für drei Wochen das wertvolle Evangeliar geöffnet.
Domschatz-Besucher sind begeistert
Bei den Besuchern scheint das gut anzukommen. Erstaunen und Begeisterung sind groß. Das sei sehr beeindruckend, die Schrift sei so fein und ordentlich, die Farben und Zeichnungen seien so gut erhalten, schwärmt beispielsweise das Ehepaar Rose aus Oranienburg.
Marianne Götting aus Südniedersachsen fehlen fast die Worte. Ihr sei ein kalter Schauer über den Rücken gelaufen. Peter Kamieth, Gästeführer in Quedlinburg findet das Erlebnis einzigartig. "Das Buch ist ja immer geschlossen", sagt er "und jetzt kann man das sehen, was früher die Äbtissinnen gesehen haben, unglaublich!"
Buch wird Ende März geschlossen
Auch Regina Peukert hat gleich am ersten Tag den Weg in die Schatzkammer gefunden. Sie habe früher selbst in der Stiftskirche und im Domschatzbereich gearbeitet, sagt sie. Doch die Bücher kenne sie mit Ausnahme jener Aktion vor 17 Jahren auch nur geschlossen. Sie sei nun sehr ergriffen, dass das Buch jetzt aufgeschlagen in der Vitrine liegt.
Solche Eindrücke können die Besucher des Quedlinburger Domschatzes nur für kurze Zeit gewinnen. Am 31. März wird das Samuhel-Evangeliar wieder geschlossen, für viele Jahre.
MDR (Carsten Reuß, Hannes Leonard)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 12. März 2025 | 13:10 Uhr
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