Wie der Schatz der deutschen Kaiser in Texas landete Der Raub des Quedlinburger Domschatzes
Hauptinhalt
19. September 2018, 11:39 Uhr
In den Wirren des Zweiten Weltkriegs verschwand einer der bedeutendsten Schätze Deutschlands - der Domschatz von Quedlinburg. Nach einem wahren "Krimi" fand ihn ein Kunstdetektiv in Texas wieder. Vor 25 Jahren kehrte der Schatz in seine Heimat zurück.
In der texanischen Provinzstadt Whitewright am 20. Juni 1990: Im Tresorraum der First National Bank versammelt sich eine Gruppe von Anwälten, US-Marschalls, Kunstexperten und der deutsche Kunstdetektiv Willi Korte. Sie wollen herausfinden, ob sich in einem der Safes der seit dem Zweiten Weltkrieg verschollene Domschatz von Quedlinburg befindet. Und tatsächlich werden sie in einem der Schließfächer fündig: Der Schatz der deutschen Kaiser wurde in zwei Pappkartons gestopft und stümperhaft mit Klebeband umwickelt. Doch wie kam er dorthin?
Der Quedlinburger Domschatz Der Domschatz von Quedlinburg gilt als der bedeutendste Kirchenschatz des Mittelalters. Gestiftet wurde er im 10. Jahrhundert von den Ottonen, einer deutschen Herrscherdynastie, aus der die Kaiser hervorgingen. Der Damenstift in Quedlinburg war unter anderem für die Memoria, die Erinnerung an die Verstorbenen der ottonischen Herrscherfamilie, verantwortlich.
Dicke Mauern gegen Bomben
Nachdem im Sommer 1942 die ersten Bomben der Alliierten auf Deutschland niedergingen, veranlasste der Reichsführer der SS, Heinrich Himmler, die Evakuierung vieler bedeutender Kunstgegenstände. Darunter befand sich auch der Quedlinburger Domschatz. In mehreren Kisten verpackt wurde er vor den Toren der Stadt in der Altenburg-Höhle ausgelagert. Deren dicke Mauern sollten die Kostbarkeiten vor Schäden schützen.
Mit der Feldpost in die USA
Dort fand ihn im April 1945 der US-Amerikaner Joe Thomas Meador, der als Oberleutnant in Quedlinburg stationiert war. Der studierte Kunsthistoriker war für seine Beutezüge von Kunstgegenständen berüchtigt. Dafür wurde er sogar vor ein Kriegsgericht gestellt. Auch der Schatz von Quedlinburg kam ihm unter die Finger. Per Feldpost schickte Meador ihn zu seiner Mutter ins texanische Kleinstädtchen Whitewright.
Millionen-Schatz in einer Privatwohnung
Wieder in seine Heimat zurückgekehrt, bewahrte Meador die Altertümer in seiner Wohnung auf. Dort stellte er sie zur Schau, wie einige seiner engsten Freunde berichteten. In Deutschland galt der Schatz als verschollen. Erst als Meador 1980 starb und seine Erben die Gegenstände gewinnbringend verkaufen wollten, tauchten sie auf dem Kunstmarkt auf - und gab dem deutschen Juristen und Historiker Willi Korte die Chance, ihn wiederzufinden.
Schatzsuche mit Hindernissen
Ein Hinweis von Klaus Goldmann, dem Oberkustus der Museen in West-Berlin, hatte Korte Ende der 1980er-Jahre auf die Spur des Schatzes gebracht. Goldmann hatte als Beamter der Stiftung preußischer Kulturgüter Wind vom Verkaufsangebot eines der wichtigsten Stücke des Schatzes, dem Samuhel-Evangeliar, bekommen. Doch die Namen der Verkäufer - und damit auch das Versteck des Schatzes - blieben im Dunkel.
Korte begab sich auf eine jahrelange Spurensuche, die ihn über viele Umwege letztendlich ins texanische Whitewright führte. Nachdem 1990 klar war, dass es sich tatsächlich um den Schatz handelte, stand der Wiederbeschaffung noch ein zäher Streit zwischen den Erben und deutschen Behörden bevor. Letztendlich einigte man sich auf einen außergerichtlichen Vergleich, bei dem die deutsche Seite fast drei Millionen Dollar Lösegeld für den Rückkauf zahlte.
Rückkehr nach 48 Jahren
Zehn von zwölf gestohlenen Gegenständen konnte Korte so ausfindig machen. Nachdem einige Stücke in Berlin und München ausgestellt wurden, kehrte der Quedlinburger Domschatz 1993 in die Stiftskirche St. Servatius zurück. Seitdem 19. September 1993 kann man ihn dort wieder besichtigen.
(man)
Über dieses Thema berichtete der MDR auch im TV: MDR aktuell | 06.03.2018 | 17:45 Uhr