18 Bedienstete beschuldigt Volksverhetzende Chats: Staatsanwaltschaft ermittelt gegen acht angehende Polizisten
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17. Februar 2023, 09:02 Uhr
Wegen eines volksverhetzenden Chats unter angehenden Polizisten hat die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg Ermittlungen gegen mindestens acht Personen aufgenommen. Während ihrer Ausbildung sollen sie über Jahre hinweg Chat-Nachrichten mit unter anderem antisemitischen und volksverhetzenden Inhalten ausgetauscht haben. 18 Bedienstete sollen deswegen entlassen werden.
- Nachdem ein volksverhetzender Chat bei angehenden Polizisten bekannt wurde, ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg gegen acht Personen.
- Innenministerin Zieschang will alle 18 Chat-Teilnehmer entlassen.
- Linke und Grüne fordern eine Analyse und Konsequenzen.
Nach Informationen von MDR SACHSEN-ANHALT ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg gegen acht Personen, die einem Klassen-Chat der Polizeihochschule Aschersleben (Salzlandkreis) mit volksverhetzendem Inhalt angehört haben sollen.
Hierbei könnten die Personen sich der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen und der Verbreitung gewalt- oder tierpornografischer Inhalte schuldig gemacht haben, hieß es.
Darüber hinaus untersucht die Staatsanwaltschaft auch den Chatverlauf nach weiteren strafbaren Handlungen. Hierbei könnten weitere angehende Polizisten aus dem 18 Personen großen Klassen-Chat in den Fokus der Ermittler rücken, so ein Sprecher. Gleichzeitig gibt die Staatsanwaltschaft zu bedenken, dass einige Straftaten bereits verjährt sein könnten.
Ein Sprecher erklärte auch, für die Staatsanwaltschaft sei nicht jedes dienstrechtlich relevante Verhalten gleichzeitig auch strafrechtlich belangbar. Insbesondere die Vorwürfe der Volksverhetzung und der Verbreitung gewaltpornografischer Schriften würden durch die Staatsanwaltschaft besonders geprüft.
Innenministerin Zieschang will 18 Bedienstete entlassen
Sachsen-Anhalts Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) hatte am Mittwoch angekündigt, die 18 Bediensteten der Polizei in Sachsen-Anhalt entlassen zu wollen, weil sie als Polizeischüler an dem Klassen-Chat mit antisemitischen, volksverhetzenden und tierpornografischen Inhalten beteiligt gewesen sein sollen. Sie sollen während ihrer Ausbildung an der Polizeischule in Aschersleben die WhatsApp-Gruppe eröffnet haben, so die Innenministerin.
"Von den 18 Bediensteten haben nach derzeitigem Erkenntnisstand elf aktiv Nachrichten, Videos und Bilder mit entsprechenden Inhalten in die Chatgruppe eingestellt", sagte Zieschang. Der Chat habe von September 2017 bis Dezember 2021 bestanden. Von mehr als 5.000 Einzelnachrichten seien mindestens 50 antisemitisch, rassistisch oder gewaltverherrlichend gewesen.
Zieschang: "Schande für die Polizei"
"Die Inhalte dieses Klassenchats haben nicht nur mich erschüttert", sagte Zieschang, "dieser Chat ist eine Schande für die Landespolizei." Unter anderem sei im Oktober 2017 ein Bild von Adolf Hitler mit einer antijüdischen Aufschrift gepostet worden.
Der Chat gilt als Zufallsfund. Nach Informationen von MDR SACHSEN-ANHALT soll das Landeskriminalamt ursprünglich im Rahmen eines Betäubungsmittelverfahrens ermittelt haben. Die Bediensteten standen laut Innenministerium kurz vor ihrer Verbeamtung. Nun liefen gegen alle Entlassungsverfahren, so Zieschang.
Linken-Abgeordnete: "Brauchen andere Polizeikultur"
Die innenpolitische Sprecherin der Linken im Magdeburger Landtag, Henriette Quade, sagte MDR SACHSEN-ANHALT, es brauche eine andere Polizeikultur: "Wir brauchen eine tiefgreifende Analyse und wir brauchen den politischen Willen, Rassismus, Antisemitismus, Rechtsextremismus als politisches Problem zu bearbeiten."
Der innenpolitische Sprecher der Grünen, Sebastian Striegel, sagte, es sei ein verheerender Ausweis für eine offensichtlich mindestens in einer Klasse herrschenden Kultur innerhalb der Fachhochschule der Polizei, "dass es vor allem innerhalb dieser Zeit niemanden, wirklich niemanden gegeben hat, der dort Widerspruch erhoben hat, der gesagt hat: Das kann so nicht sein, der sich an Vorgesetzte, an Lehrpersonal gewandt hat."
SPD schließt Untersuchungsausschuss nicht aus
Der innenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Chris Schulenburg, mahnte, die Vorfälle an der Polizeihochschule ernst zu nehmen. Solche Äußerungen hätten in der Polizei nichts zu suchen. Gegen die Betroffenen müsse hart und konsequent durchgegriffen werden.
SPD-Fraktionschefin Katja Pähle hat ebenfalls Aufklärung gefordert. Sie schloss auch einen Untersuchungsausschuss im Landtag nicht aus. Man werde in der Koalition aber darüber zu sprechen haben, ob die Auseinandersetzung im Innenausschuss ausreiche. Ein wesentlicher Punkt dafür werde das Agieren der Innenministerin sein.
Jüdische Gemeinden reagieren bestürzt
Der Landesverband Jüdischer Gemeinden in Sachsen-Anhalt erklärte: "Wir erwarten vom Innenministerium ein lückenloses Aufarbeiten des Sachverhalts mit Konsequenzen für die Schuldigen, aber genauso auch mit einer Rehabilitierung der Unschuldigen." Die Polizei vertrete die demokratischen Prinzipien und die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland, und diese Aufgabe dürfe von den Beamten nicht unterschätzt werden. Die Wertevermittlung müsse in der Aus- und Fortbildung verankert werden.
MDR (Lars Frohmüller, Hannes Leonard, Mario Köhne, Kalina Bunk), dpa | Zuerst veröffentlicht am 15.02.2023
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 16. Februar 2023 | 09:00 Uhr
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