Kritik vom Landesrechnungshof Alkohol, falsche Buchungen, fragwürdige Honorare: Wofür Fraktionen Geld ausgeben
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25. April 2025, 18:00 Uhr
Unzulässige Ausgaben für Alkohol, unklare Vertragsverhältnisse und fragwürdige Abrechnungen: Sachsen-Anhalts Landesrechnungshof hat zahlreiche Verstöße bei Fraktionsausgaben festgestellt. Grundlage ist ein Sonderbericht, zu dem es zunächst nur eine Pressemitteilung gab. Dem MDR liegen nun in Zusammenarbeit mit "FragDenStaat" die vollständigen Prüfberichte vor – mit teils brisanten Details. Die Fraktionen reagieren unterschiedlich darauf.
Hochprozentiger Alkohol, unklare Vertragsvergaben, mangelhafte Trennung von Partei- und Fraktionsarbeit: Der Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt hat in einem Sonderbericht zur Verwendung der Fraktionskostenzuschüsse für die Jahre 2012 bis 2016 im vergangenen Jahr erhebliche Mängel festgestellt.
Genau Informationen, wieviel welche Fraktion für welche Dinge ausgegeben habe, wollte der Rechnungshof aber nicht veröffentlichen. Nun aber liegen MDR SACHSEN-ANHALT durch eine Kooperation mit "FragDenStaat" exklusiv die vollständigen Prüfberichte vor. Teile sind jedoch nach wie vor geschwärzt und werfen erneut Fragen auf.
Stichwort: Das sind Fraktionskostenzuschüsse Jede im Landtag von Sachsen-Anhalt vertretene Fraktion erhält vom Staat monatlich sogenannte Fraktionskostenzuschüsse. Das regelt das Fraktionsgesetz. Die Zuschüsse setzen sich demnach aus einem Grundbetrag je Fraktion sowie einem Beitrag pro Mitglied einer Fraktion. Einen Zuschlag gibt es für Fraktionen, die nicht Teil der Regierung sind. Das Gesetz sieht auch vor, dass die Gelder nicht zum Zweck von Parteien genutzt werden dürfen.
CDU: Alkohol, Gastgeschenke und Rückzahlungen
Im Fokus der Kritik bei der CDU-Fraktion standen insbesondere Ausgaben für alkoholische Getränke – darunter Butterscotch-Flaschen im Wert von 497,30 Euro, Bewirtungskosten mit alkoholischem Anteil bei einer Fraktionssitzung (2.031,05 Euro) sowie Spirituosen und hochpreisige Weine (2.550,30 Euro). Insgesamt ergibt sich eine Summe alkoholbezogener Ausgaben von 5.078,65 Euro.
Weitere Ausgaben, etwa im Rahmen von Klausurtagungen, konnten laut den Berichten nicht beziffert werden, wurden aber wegen eines durchschnittlichen Alkoholkonsums von 1,71 Litern pro Person ebenfalls kritisch bewertet. Der Landesrechnungshof bemängelt, dass Bewirtungskosten mit "eindeutig privatem Charakter" aus Fraktionsmitteln bezahlt wurden. Die CDU-Fraktion habe dienstliche und gesellige Veranstaltungen nicht ausreichend getrennt.
Die CDU erklärte dazu auf MDR-Anfrage, dass heute nur noch Bewirtungskosten mit Einladung, Gästeliste und Protokoll erstattet würden. Der Butterscotch sei in "begründeten Einzelfällen" als Gastgeschenk für "hochrangige Persönlichkeiten" übergeben worden. Die Anzahl der Flaschen will der Landesrechnungshof auch auf mehrfache Nachfrage des MDR nicht veröffentlichen. "Demgegenüber können aus der Anzahl der Flaschen Rückschlüsse auf den Anlass und den Empfängerkreis gezogen werden", so eine Sprecherin. Insgesamt zahlte die CDU-Fraktion 21.000 Euro an den Landeshaushalt zurück.
AfD bis SPD: Kritik, aber kaum Konsequenzen
AfD: Bei der AfD wurden unter anderem die Finanzierung der ersten Ausgabe einer Fraktionszeitung (rund 9.700 Euro) sowie die Erstattung von Stellplatzkosten für Abgeordnete kritisiert. Auch Werbung mit Parteibezug auf Facebook sowie überhöhte Funktionszulagen beanstandete der Rechnungshof. Die Fraktion betonte auf MDR-Anfrage ihre Kooperationsbereitschaft, kritisierte aber die zugrunde liegenden Regeln – auf Details der Kritik geht sie nicht ein. Ob Rückzahlungen erfolgten, führte die AfD nicht aus.
Die Linke: Beanstandet wurden laut Bericht "nicht ausreichend belegte Ausgaben" für Bewirtung und Reisekosten. Die Fraktion zahlte 702,95 Euro zurück. Sie teilte MDR SACHSEN-ANHALT mit, eine interne Prüfinstanz sowie eine eigene Finanzordnung eingeführt zu haben. Mitarbeitende würden regelmäßig geschult. Eine Prüfung für den Zeitraum 2016–2021 habe bisher noch nicht stattgefunden.
Bündnis 90 / Die Grünen: Hier kritisierte der Rechnungshof unter anderem vorzeitige Höherstufungen von Mitarbeitenden, die Übernahme von Rechtsberatungskosten für Abgeordnete sowie fehlende schriftliche Verträge bei Honoraren. Die Fraktion zahlte deshalb 6.636,14 Euro zurück. Zur Begründung für die Abweichungen hieß es auf MDR-Anfrage, die abweichende Vergütung sei notwendig gewesen, um Fachkräfte zu binden. Inzwischen seien die Vertragsstandards überarbeitet worden.
SPD: Fehlerhafte Buchungen und unzureichende Vertragsdokumentation führten auch bei der SPD zu Kritik. Unter anderem wurde eine Anzeige zur Fraktionsarbeit (7.546,10 Euro) irrtümlich als Stellenanzeige verbucht. Eine pauschale Honorarzahlung über 5.712 Euro wurde ohne schriftlichen Vertrag geleistet. Zudem wurden Reisekosten, Trinkgelder und Auslandsreisen kritisiert, bei denen der Fraktionsbezug nicht eindeutig war. Rückzahlungen erfolgten nicht. Die SPD-Fraktion betonte auf Anfrage ihre strikte Trennung zwischen Partei- und Fraktionsarbeit und sieht keinen Anlass für Konsequenzen.
Warum die FDP in dieser Recherche nicht auftaucht Im Landtag von Sachsen-Anhalt gibt es sechs Fraktionen, neben den oben genannten auch die FDP. Sie war allerdings bei den Landtagswahlen 2011 und 2016 an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert und deshalb nicht im Landtag vertreten. Die Liberalen sitzen erst seit 2021 wieder im Magdeburger Parlament und waren damit nicht Gegenstand der Prüfung.
Rechnungshof: Mehr Transparenz, Rückforderungen offen
Der Landesrechnungshof betonte dagegen, dass Ausgaben für Spirituosen mit mehr als 15 Prozent Alkohol grundsätzlich nicht mit Fraktionsmitteln abgerechnet werden dürfen. Die Anzahl der Flaschen Butterscotch bleibt aus Datenschutzgründen geschwärzt – der Gesamtbetrag sei jedoch erstattet worden. Für den Zeitraum 2012 bis 2016 beziffert der Rechnungshof offene Rückforderungen auf rund 100.000 Euro.
Im Prüfzeitraum 2016–2021 liegen bislang drei von sechs Prüfungen vor. Ein abschließender Bericht wird für Ende 2026 erwartet.
MDR (Lars Frohmüller, Luca Deutschländer)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 25. April 2025 | 17:00 Uhr
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