Neuer Koalitionsvertrag Bundesregierung im Umbruch – Hoffnungsschimmer bei den Landwirten?
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17. April 2025, 18:30 Uhr
Die Bilder aus dem Januar 2024 sind vielen lange im Kopf geblieben: Tausende Landwirte in Traktorkolonnen auf dem Weg nach Berlin. Um ihrem Ärger Luft zu machen – gegen gestrichene Subventionen, steigende Auflagen und das Gefühl, von der Politik vergessen zu werden. Inzwischen ist die Ampel gescheitert – ein neuer Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD steht. Doch wie blicken die Landwirte in Sachsen-Anhalt auf die neue Agrarpolitik?
Auf dem Hof von Familie Böcker in der Börde steht der Alltag nie still. Seit 1991 bewirtschaften sie 320 Hektar Ackerfläche und 40 Hektar Grünland. Der Anbau und Verkauf von Zuckerrüben, Raps, Gerste, Weizen und Mais ist ihr Hauptgeschäft. Drei Generationen leben und arbeiten gemeinsam auf dem Hof.
Seit den ökologischen Vorgaben der Ampelregierung merkt aber auch Familie Böcker: Der Druck auf landwirtschaftliche Betriebe wächst stetig. Ein Drittel seiner Zeit verbringe Frank Böcker im Büro, um Bürokratie zu erledigen. Kräftezerrend, zeitraubend und ohne die Hilfe seiner Frau gar nicht machbar, beschreibt der Landwirt die Situation. "Früher hatte ein Kontrollbericht einen Umfang von zwölf Seiten, heute sind es 36", verdeutlicht er.
Früher hatte ein Kontrollbericht einen Umfang von zwölf Seiten, heute sind es 36.
Bauernproteste als Frustventil
Anfang 2024 war er ganz vorne mit dabei, als hunderte Traktoren Richtung Berlin rollten. Frank Böcker hat die Bauernproteste über die bundesweit organisierte Interessensgemeinschaft "Land schafft Verbindung" mitorganisiert. Es war ein Aufschrei zahlreicher Landwirte gegen das Gefühl, von der Politik vergessen zu werden.
Der neue Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD bringt nun wieder Bewegung in die Debatte. Die Landwirte blicken vorsichtig optimistisch in die Zukunft. Der Koalitionsvertrag sei grundsätzlich positiv für die Landwirtschaft, allerdings müsse nun abgewartet werden, was davon auch wirklich umgesetzt werde, findet Böcker. "Von den 146 Seiten sind neun der Landwirtschaft gewidmet, das ist besser als nichts", erzählt der 51-jährige.
Politik der Entlastung für Landwirte
Im Vergleich zur Ampelregierung setzt die neue Koalition andere Schwerpunkte. Stand unter SPD, Grüne und FDP der ökologische Umbau der Landwirtschaft im Zentrum, will die designierte Regierung nun vor allem Bürokratie abbauen, Planungssicherheit schaffen und praxisnahe Lösungen umsetzen. So sollen beispielsweise die Steuerbefreiungen für Agrardiesel zurückkommen, die Hürden beim Stallbau zurückgeschraubt und der Wolf ins Jagdrecht aufgenommen werden. Eine Politik der Entlastung – statt neuer Auflagen.
Martin Dippe, Präsident des Bauernbundes Sachsen-Anhalt, begrüßt diese neue Richtung – warnt aber vor zu großer Euphorie: "Wir brauchen verlässliche Rahmenbedingungen und die funktionieren nur, wenn wir intensiv wirtschaften können. Hinsichtlich Dünger ausreichend einsetzen, Pflanzenschutzmittel."
Wir brauchen verlässliche Rahmenbedingungen und die funktionieren nur, wenn wir intensiv wirtschaften können.
Trotz vorsichtiger Hoffnung weiterhin angespannte Stimmung auf den Höfen
Genau das treibt auch Frank Böcker um. Allein mit wohlklingenden Absichtserklärungen werde sich auf den Höfen noch nichts verändern, sagt er. Es zähle, was davon auch wirklich umgesetzt werde. Auf seinem Weizenacker etwa könnte deutlich mehr geerntet werden – doch das Düngerecht der Ampelregierung lasse das bisher nicht zu. Konkrete Pläne zur Lockerung der bestehenden Düngevorgaben werden im neuen Koalitionsvertrag nicht explizit erwähnt.
Auch wenn die vorsichtige Hoffnung der Landwirte auf eine bessere Zukunft bleibt, ist die Stimmung weiterhin angespannt. Der Koalitionsvertrag verspricht Entlastung – aber die politischen Zuständigkeiten könnten zum Problem werden. Voraussichtlich geht das Landwirtschaftsministerium an die CSU. Aber auch Umwelt- und Wirtschaftsministerium haben etwas mitzureden und die sollen von SPD und CDU geführt werden. Die Sorge bei den Landwirten bleibt, dass sich zentrale Entscheidungen gegenseitig blockieren könnten, statt gemeinsame Lösungen zu schaffen.
MDR (Laura Sinem Hönes)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 16. April 2025 | 17:00 Uhr
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