Umstrittene Gesetzesänderung Innenausschuss für Wahl des Datenschutzbeauftragten ohne Ausschreibung
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13. April 2023, 18:31 Uhr
Seit mehr als fünf Jahren sucht Sachsen-Anhalt erfolglos nach einem Nachfolger für den Landesdatenschutzbeauftragten. Seitdem die Wahl im Frühjahr 2018 zum ersten Mal scheiterte, musste erst der Amtsinhaber seine Rente verschieben und seit 2021 der Stellvertreter die Geschäfte übernehmen. Jetzt soll eine Gesetzesänderung die Irrfahrt beenden. Stellungnahmen von Experten attestieren jedoch das nächste Desaster.
- Ein neues Gesetz soll die Wahl des Datenschutzbeauftragten erleichtern.
- Der kommissarische Amtsleiter wirft dem Landtag Hinterzimmerentscheidungen vor.
- Kritik kommt nicht nur von der Opposition, sondern auch aus Schleswig-Holstein und Thüringen.
Trotz massiver Kritik hat Sachsen-Anhalts Innenausschuss Pläne gebilligt, wonach künftig auf eine Ausschreibung für einen neuen Landesdatenschutzbeauftragten verzichtet werden soll. Die Koalitionsfraktionen von CDU, SPD und FDP stimmten am Donnerstagmittag für den umstrittenen Gesetzentwurf. Gegenstimmen kamen von Grünen und Linken.
Die Pläne sehen vor, dass die Koalitionsfraktionen künftig ohne eine offizielle Ausschreibung einen Kandidaten für das Amt vorschlagen sollen. Dieser soll dann im Landtag gewählt werden. Der Landtag muss dem Gesetzentwurf noch zustimmen.
Amtierender Dantenschutzbeauftragter krisitiert Intransparenz
Der amtierende Landesbeauftragte für Datenschutz, Albert Cohaus, kritisiert das Vorhaben: "Damit wird gegen die gesetzliche Vorgabe der Transparenz, also der Nachvollziehbarkeit für Dritte, verstoßen. Eine Ausschreibung ist die einzige Möglichkeit, transparent zu machen, welche Kandidatinnen und Kandidaten überhaupt konkret in Betracht kommen", so Cohaus in einer Pressemittelung. "Hinterzimmerentscheidungen" und "politischen Mauscheleien" würden damit Tür und Tor geöffnet, führt er weiter an.
Es ist ein weiteres Trauerspiel. Anstatt sich an Recht und Gesetz zu halten, wird es erneut dem Amt und der Würde des Datenschutzes nicht gerecht.
Schützenhilfe aus Schleswig-Holstein und Thüringen
Nicht nur der aktuelle Vertreter im Amt kritisiert das Vorgehen in Sachsen-Anhalt, sondern auch Verwaltungsrichter, die vom Innenausschuss um eine Stellungnahme gebeten wurden. Der Verwaltungsrichter Malte Engeler aus Schleswig-Holstein schreibt hierzu: "Verfahrensregelungen wiederum sind Grundvoraussetzungen für Rechtsschutz gegen Willkür und Machtmissbrauch. Umso alarmierender ist der vorgelegte Entwurf. Denn er verweigert sich – offenbar bewusst und gezielt – beiden Herausforderungen. Die den Entwurf tragenden Fraktionen sind daher nachdrücklich aufgerufen, von ihm Abstand zu nehmen." Auch er kritisiert damit die Abkehr vom Ausschreibungsverfahren.
Ebenso wurde der Datenschutzbeauftragte aus Thüringen um Stellungnahme gebeten. Lutz Hasse gibt zu bedenken: "Als Teil dieser Gewährleistung ist dabei auch die Kontrolle der Datenverarbeitung der Landesverwaltungen umfasst, die dann in einen Interessenkonflikt geraten kann, wenn z. B. der Landesregierung das Vorschlagsrecht für den Leiter / die Leiterin der unabhängigen Datenschutzbehörde zufällt. (…) Nicht ohne Grund ist deshalb auf europäischer Ebene die öffentliche Ausschreibung des Postens des Europäischen Datenschutzbeauftragten erforderlich."
Kritik aus der Opposition
Das letzte Wort haben die Abgeordneten im Landtag. Doch hier wird für den Gesetzentwurf kaum Gegenwehr erwartet. Sebastian Striegel von den Grünen hat hierfür einen Grund gefunden: "Für CDU, SPD und FDP ist der Staat Beute und da gehört offenbar auch der Datenschutz dazu. Es ist ein europarechtswidriges Vorhaben, was die Koalitionsfraktionen hier vorhaben. Sie wollen auf eine Ausschreibung verzichten. Der Datenschutzbeauftragte soll zukünftig durch Handauflegen der CDU-Fraktion ins Amt kommen."
Das sieht auch Eva von Angern von den Linken so: "Alles muss nun absolut im Einklang mit deutschem und EU-Recht ablaufen. Die durch die CDU geführten Koalitionen der letzten Jahre haben dem Amt schon jetzt erheblichen Schaden zugefügt."
Wahl immer wieder gescheitert
Die Wahl zum Datenschutzbeauftragten war in den vergangenen Jahren mehrfach gescheitert, weil zur Wahl stehende Kandidaten im Landtag keine Mehrheit erhielten. Zuletzt war der Berliner Nils Leopold im Frühjahr 2018 drei Mal im Landtag durchgefallen. Ohne Unterstützung der gesamten Koalition auf Empfehlung der Grünen hatte er sich für das Amt beworben. Für eine Zwei-Drittel-Mehrheit reichte es nicht. Amtsinhaber Harald von Bose musste zähneknirschend seine Rente verschieben. Weil sich kein Nachfolger fand und von Bose der Landesregierung klar machte, eine weitere Verlängerung komme für ihn nicht infrage, übernahm 2021 sein Stellvertreter Albert Cohaus das Amt kommissarisch.
MDR (Lars Frohmüller, Felix Fahnert, Fabienne von der Eltz) | Erstmals veröffentlicht am 11.04.2023
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 13. April 2023 | 16:00 Uhr
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