Anwalts-Kollege von FDP-Fraktionschef Heftige Kritik an Kandidaten-Auswahl für Amt des obersten Datenschützers
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26. April 2023, 15:22 Uhr
Sachsen-Anhalts Regierungskoalition will für die Wahl eines neuen Datenschutzbeauftragten künftig auf eine öffentliche Ausschreibung verzichten. Nun hat die CDU einen Kandidaten vorgeschlagen, der Mitarbeiter der Anwaltskanzlei von FDP-Fraktionschef Andreas Silbersack ist. Aus der Opposition im Landtag kommt deshalb heftige Kritik.
- Weil es sich beim Kandidaten für das Datenschützer-Amt um einen Anwalts-Kollegen des FDP-Fraktionschefs handelt, kommt aus der Opposition Kritik.
- CDU und FDP verteidigen das Vorgehen – vorherige Absprachen habe es nicht gegeben.
- Die Wahl ist in den vergangenen Jahren mehrfach gescheitert – nun will man auf eine öffentliche Ausschreibung für das Amt verzichten.
In Sachsen-Anhalt gibt es heftige Kritik an der Auswahl des Kandidaten für das Amt des Landesdatenschutzbeauftragten. Die Koalitionsfraktionen von CDU, SPD und FDP bestätigten am Mittwoch, dass der Anwalt Daniel Neugebauer aus Halle als gemeinsamer Kandidat im Gespräch ist. Der Vorschlag kam demnach aus den Reihen der CDU-Fraktion. Für Kritik sorgt allerdings, dass es sich bei Neugebauer um einen Mitarbeiter der Anwaltskanzlei von FDP-Fraktionschef Andreas Silbersack handelt. Die Koalition will für das Amt künftig auf eine öffentliche Ausschreibung verzichten – dafür soll der Landtag am Freitag eine Gesetzesänderung beschließen.
Linke: "Es hat ein Geschmäckle"
Eva von Angern, Vorsitzende der Linken-Fraktion im Landtag, erklärte, das Vorgehen wecke alles andere als Vertrauen in die Person. "Es hat ein Geschmäckle", sagte von Angern. Die jetzige und die vorherige Landesregierung hätten dem Amt des Datenschutzbeauftragten bereits "sehr großen Schaden hinzugefügt". Grünen-Fraktionschefin Cornelia Lüddemann erklärte, es sei unverständlich, warum sich der Kandidat nicht einfach nach dem bisherigen Verfahren samt Ausschreibung beworben habe. Nun solle extra für diesen Kandidaten das Gesetz geändert werden – das sorge bei ihr für "ein großes Fragezeichen".
Kritik kam auch aus der AfD. Der Co-Fraktionsvorsitzende Oliver Kirchner erklärte, die Stelle des Datenschutzbeauftragten sollte öffentlich ausgeschrieben werden. Dann sollte der beste Kandidat genommen werden, so Kirchner. Zuletzt hatte die AfD im Innenausschuss des Landtags allerdings nicht gegen die umstrittenen Pläne der Koalition gestimmt: Anders als Linke und Grüne enthielten sich hier die Abgeordneten der AfD.
CDU: Keine Gespräche mit FDP-Fraktionschef
CDU und FDP wiesen die Vorwürfe der Opposition zurück. CDU-Fraktionsvorsitzender Guido Heuer erklärte, Ziel sei, "dass die Stelle endlich besetzt wird". Die Gespräche mit dem Kandidaten Neugebauer seien völlig unabhängig von FDP-Fraktionschef Silbersack gelaufen – auch um diesen vor möglichen Vorwürfen zu schützen. Neugebauer bringe beste Qualifikationen im Bereich Datenschutz mit. "Wenn er gewählt wird, kann sich Sachsen-Anhalt glücklich schätzen", sagte Heuer.
FDP-Fraktionsvorsitzender Andreas Silbersack erklärte, er habe "erst gestern von der Situation erfahren". Die CDU habe vorher nicht mit ihm gesprochen, er kenne das Verfahren dazu nicht. Die FDP sei indes "froh, dass die CDU einen Vorschlag unterbreitet hat, der als veritabel gelten kann", sagte Silbersack. Er selbst sei "nicht besonders froh", dass er einen seiner Mitarbeiter in der Anwaltskanzlei verliere.
Die SPD-Fraktionschefin Katja Pähle sagte, auch sie habe den Namen Neugebauer zuvor nicht gekannt. Der erste Eindruck nach einem kurzem Gespräch sei allerdings sehr positiv. Die Fraktion wolle sich nun von seiner Befähigung für das Amt überzeugen.
Amt ist nur kommissarisch besetzt
Die Wahl zum Datenschutzbeauftragten war in Sachsen-Anhalt in den vergangenen Jahren immer wieder gescheitert, weil zur Wahl stehende Kandidaten im Landtag keine Mehrheit erhielten. Seit 2021 ist das Amt nur kommissarisch besetzt. Damit die Wahl künftig gelingt, wollen CDU, SPD und FDP das Gesetz so ändern, dass sie einen Kandidaten ohne öffentliche Ausschreibung vorschlagen können. Kritiker hatten das geplante Verfahren in den vergangenen Wochen bereits heftig kritisiert und auf fehlende Transparenz und mögliche "Hinterzimmer-Entscheidungen" verwiesen.
Zuletzt hatte der Innenausschuss die umstrittenen Pläne der Koalition aus CDU, SPD und FDP gebilligt. Am Freitag soll der Landtag über die Gesetzesänderung entscheiden. Die geplante Wahl soll nach Angaben der CDU-Fraktion noch vor der Sommerpause erfolgen. Über die Personalie Neugebauer als Kandidat hatten zunächst "Mitteldeutsche Zeitung" und "Volksstimme" berichtet.
MDR (Felix Fahnert)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 26. April 2023 | 19:00 Uhr
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