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Für Patienten in Sachsen-Anhalt bringt die Krankenhausreform einige Veränderungen mit – allerdings nicht sofort. Bildrechte: IMAGO/BildFunkMV

Fragen und Antworten Krankenhausreform und Ärztemangel: Was sich für Patienten in Sachsen-Anhalt ändert

26. Januar 2025, 05:00 Uhr

Seit Anfang des Jahres gilt in Deutschland die Krankenhausreform. Umgesetzt wird sie nach und nach. In Sachsen-Anhalt will das Gesundheitsministerium bis Herbst 2026 einen Krankenhausplan erarbeiten – zu spät aus Sicht von Kliniken, die um ihre Finanzierung bangen. Was die Pläne für Patienten bedeuten und wie das Land dem Ärztemangel begegnen will: ein Überblick.

Wann wird die Krankenhausreform in Sachsen-Anhalt umgesetzt?

Die Krankenhausreform des Bundesgesundheitsministeriums ist seit dem 1. Januar in Kraft. Umgesetzt wird sie allerdings nach und nach. Bis Ende 2026 sollen die Bundesländer ihren Kliniken sogenannte Leistungsgruppen zuweisen. Anschließend soll die Finanzierung der Krankenhäuser schrittweise umgestellt werden. Die Leistungsgruppen sind die Grundlage für das Vorhaltebudget, das die Krankenhäuser in Zukunft erhalten sollen.

Sachsen-Anhalts Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD) kündigte an, dass das Ministerium bis zum Herbst einen vorläufigen Krankenhausplan für Sachsen-Anhalt erarbeiten werde. Dieser solle anschließend geprüft und überarbeitet werden. Bis Ende Oktober 2026 soll der Plan dann von der Landesregierung beschlossen werden und den Kliniken im Land die Leistungsgruppen zuweisen.

Stichwort: Leistungsgruppen

Krankenhäuser werden laut der Reform in 65 Leistungsgruppen eingeteilt. Für jede Gruppe steht fest, welche Leistungen ein Krankenhaus dafür anbieten und welche Qualitätskriterien es erfüllen muss. Es ist Aufgabe der Bundesländer, bei ihrer Krankenhausplanung den Krankenhäusern Leistungsgruppen zuzuweisen. Die Leistungsgruppe entscheidet darüber, welches Vorhaltebudget ein Krankenhaus erhält.

Dabei können Ausnahmen gemacht werden, um eine flächendeckende Versorgung zu ermöglichen: Wenn ein Krankenhaus die Qualitätskriterien nicht erfüllt, der Standort aber notwendig ist, kann das Land ihm für bis zu drei Jahre und mit Auflagen dennoch die entsprechende Leistungsgruppe zuweisen. So soll gewährleistet werden, dass Leistungen, die zur Allgemeinen Inneren Medizin und Allgemeinen Chirurgie zählen, für alle Menschen im Land in höchstens 30 Minuten Fahrzeiten erreichbar sind. Alle anderen Leistungen sollen in höchstens 40 Minuten Autofahrt erreicht werden können.

Quelle: Bundesgesundheitsministerium

Stichwort: Vorhaltebudget

Anstelle von Fallpauschalen erhalten Krankenhäuser künftig ein sogenanntes Vorhaltebudget. Das bedeutet, dass 60 Prozent des Geldes, das sie bisher über Fallpauschalen erhalten haben, grundsätzlich bekommen – unabhängig davon, ob sie die Leistungen tatsächlich erbringen. Das soll eine flächendeckende Versorgung absichern. Die weiteren 40 Prozent werden über die Behandlung von Patientinnen und Patienten erwirtschaftet. Die Vorhaltevergütung bekommen die Krankenhäuser je nach der Leistungsgruppe, die ihnen vom Bundesland zugewiesen worden ist.

Quelle: Bundesgesundheitsministerium

Müssen Krankenhäuser in Sachsen-Anhalt schließen?

Nach aktuellem Plan der Gesundheitsministerin soll kein Krankenhaus in Sachsen-Anhalt schließen. Ziel sei, beim Krankenhausplan für das Land keinen Standort zu verlieren. Allerdings wolle die Ministerin mit den Kliniken über Spezialisierungen sprechen.

Angesichts von Uneinigkeit innerhalb der Koalition betonte Grimm-Benne: "Wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, keine Diskussion über die Schließung einzelner Krankenhäuser anzustoßen." Zuvor hatte die Fraktion der FDP im Landtag ein Krankenhauskonzept vorgelegt, laut dem etwa das Krankenhaus in Köthen verzichtbar ist. "Die Nähe zu Bitterfeld-Wolfen, Dessau-Roßlau sowie Bernburg sichert eine Basisversorgung ab", heißt es darin. Auch über die Zukunft des Carl-von-Basedow-Klinikums in Merseburg und Querfurt solle diskutiert werden: Dort sei eine "schmale Notfallversorgung" denkbar, weitere Eingriffe sollten in Halle vorgenommen werden.

Wie werden Krankenhäuser finanziert, bis die Reform umgesetzt ist?

Für den Geschäftsführer des Verbands der kommunalen und landeseigenen Krankenhäuser Sachsen-Anhalts (VKLK), Knut Förster, kommt der Krankenhausplan zu spät. Bis dahin sei die Finanzierung ungeklärt. Förster schlug im Januar bei MDR SACHSEN-ANHALT vor, einen Krankenhausgipfel einzuberufen.

Auch Ralf Lottmann, Professor für Gesundheitspolitik an der Hochschule Magdeburg-Stendal, zufolge ist die Krankenhausfinanzierung aktuell unzureichend. Die Bundesländer würden sich bei der Übernahme der Investitionskosten stark zurückziehen. Die Folge: Kliniken müssten diese über das Fallpauschalen-System ausgleichen. Angesichts der schlechten wirtschaftlichen Lage vieler Krankenhäuser brauche es schnell einen Plan, um die Finanzierung der Häuser zu sichern.

Stichwort: Krankenhausfinanzierung

Laut Gesetz werden Krankenhäuser in Deutschland zur Hälfte von den Krankenkassen finanziert, zur anderen Hälfte durch die Bundesländer. Die Krankenkassen kommen für die Betriebskosten auf und die Länder für Investitionskosten, etwa für neue Gebäude, Umbauten oder Geräte. Weil die Länder für die bedarfsgerechte Planung der Krankenhäuser verantwortlich sind, müssen sie auch handeln, wenn Krankenhäuser insolvent sind oder schließen müssen.

Ralf Lottmann, Pflege-Experte Hochschule Magdeburg-Stendal 2 min
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MDR SACHSEN-ANHALT Mi 22.01.2025 07:23Uhr 01:39 min

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Bekommen Patienten noch überall die gleiche Versorgung wie bisher?

An einigen Standorten könnte die Versorgung sich durch die Krankenhausreform ändern. Der Krankenhausplan, den das Gesundheitsministerium derzeit für Sachsen-Anhalt erarbeitet, basiert auf einem Gutachten zur Krankenhauslandschaft aus dem Jahr 2023. Darin heißt es: "Die [...] Veränderungen in der Zukunft werden es nicht erlauben, alle Gesundheitsleistungen in heutigem Umfang zur Verfügung zu stellen." Zu den Veränderungen gehört demnach etwa, dass die Fallzahlen in einigen Bereichen schon in den vergangenen Jahren zurückgegangen sind. Zudem geht man davon aus, dass immer mehr Behandlungen auch ambulant durchgeführt werden.

Die [...] Veränderungen in der Zukunft werden es nicht erlauben, alle Gesundheitsleistungen in heutigem Umfang zur Verfügung zu stellen.

Gutachten zur Krankenhauslandschaft Sachsen-Anhalt (2023)

Des Weiteren sieht das Gutachten – wie auch die Krankenhausreform – vor, Leistungen stärker zu zentralisieren. Das bedeutet, dass besondere und komplexe Behandlungen nur noch in spezialisierten Kliniken angeboten werden sollen. Das sei nicht nur wirtschaftlich, sondern könne auch die Qualität steigern. Für Patienten bedeutet das allerdings unter Umständen weitere Wege.

Die Basisversorgung soll dem Gutachten nach jedoch überall gut zu erreichen sein: Innere Medizin und Chirurgie müssen demnach für 95 Prozent der Menschen in einer Region innerhalb von 30 Minuten erreichbar sein, Kinder- und Geburtskliniken innerhalb von 40 Minuten.

So weit ist der Weg ins Krankenhaus

Das Krankenhausgutachten zeigt anhand von Daten aus den Jahren 2017 bis 2021, dass medizinische Leistungen in Sachsen-Anhalt im Durchschnitt mit einer Fahrtzeit zwischen elf Minuten in Halle (Saale) und 40 Minuten im Altmarkkreis Salzwedel erreichbar sind. Dabei gibt es jedoch starke Unterschiede zwischen den Leistungsbereichen. So beträgt der Weg bis zur Herzchirurgie im Altmarkkreis Salzwedel oder dem Landkreis Harz mehr als 90 Minuten, im Kreis Stendal sogar mehr als 100 Minuten. Auch zu Rheumatologie, Kinder- und Jugendchirurgie oder Augenheilkunde sind Menschen in mehreren Regionen länger als eine Stunde unterwegs.

Das Gutachten empfiehlt, die ambulante und die stationäre Versorgung stärker zu verzahnen, insbesondere in ländlichen Regionen. Auch der Gesundheitswissenschaftler Ralf Lottmann sagte MDR SACHSEN-ANHALT, momentan seien die Sektoren zu stark voneinander getrennt: "Die ambulante Versorgung wird nicht ausreichend vergütet, so dass das nicht attraktiv ist. Die Strukturen bauen sich darüber nicht gut auf. Da, wo Krankenhäuser oder stationäre Versorgung zu weit weg ist, braucht es einfach eine Kooperation."

Wie viele Ärzte fehlen in Sachsen-Anhalt und was tut das Land gegen den Ärztemangel?

Der Ärztemangel beschäftigt Sachsen-Anhalts Gesundheitsministerium weiterhin. Wie das Ministerium mitteilte, werden in den kommenden zehn Jahren fast 5.000 Ärztinnen und Ärzte sowie Zahnärztinnen und Zahnärzte benötigt. Das Ministerium hat deshalb nach eigenen Angaben in Zusammenarbeit mit dem Wissenschaftsministerium sowie mit Vertretern des Gesundheitswesens und der kommunalen Spitzenverbände ein Paket mit 100 Maßnahmen beschlossen, um Mediziner zu gewinnen und im Land zu halten.

Dazu gehört demnach unter anderem, schon Schülerinnen und Schüler dafür zu begeistern, nach dem Abitur Medizin zu studieren und nach dem Studium in Sachsen-Anhalt zu arbeiten. Auch Stipendien und Unterstützung bei der Praxisgründung sollen dabei helfen. Neben den bereits bestehenden Landarzt- und Amtsarztquoten soll laut Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne eine Landzahnarztquote eingeführt werden.

Mehr zu Krankenhausreform und Ärztemangel in Sachsen-Anhalt

dpa, MDR (Maren Wilczek, Tatiana Gropius, Norma Düsekow)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 21. Januar 2025 | 19:00 Uhr

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