Krankenschwester betreut ein Frühchen. 7 min
Mehr zur Arbeit des Medizinischen Dienstes in Sachsen-Anhalt im Video. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Abläufe, Ausstattung, Dienstpläne Qualitätsüberprüfung: Krankenhäuser in Sachsen-Anhalt unter die Lupe genommen

17. Mai 2024, 18:35 Uhr

Die Bundesregierung hat in dieser Woche die Krankenhausreform auf den Weg gebracht. Damit Kliniken bestimmte Leistungen anbieten dürfen, müssen sie klare Qualitätskriterien erfüllen. Außerdem hat das Bundesgesundheitsministerium einen neuen Klinikatlas vorgestellt – Patienten sollen sich über die Qualität der Leistungen informieren können. Auch der Medizinische Dienst Sachsen-Anhalt hat seinen ersten Qualitätsbericht veröffentlicht.

Tom Gräbe
Bildrechte: MDR/Fabian Frenzel

Ganz kleine Hände, kleine Füße schauen hervor, unter einer Decke im Inkubator auf der Neugeborenen-Station an der Uniklinik in Magdeburg. "2.240 Gramm Geburtsgewicht, ist vier Tage alt", sagt Oberarzt Ralf Böttger.

Das Kind sei fit und brauche mittlerweile sogar keine Atemhilfe mehr. Der Oberarzt ist mit den Gutachtern des Medizinischen Dienstes unterwegs. Gutachterin Franziska Kirchner schaut auf die Ausstattung des Krankenhauszimmers: "Das Wichtigste ist ja, dass die operativen Überwachungsgeräte alle da sind", sagt sie.

Einer von vielen Punkten: Der Medizinische Dienst schaut sich an, ob die Abläufe funktionieren, ob die Dienstpläne besetzt, genügend Geräte vorhanden sind, für die Behandlungen, die in den Kliniken angeboten werden.

Bericht Medizinischer Dienst Krankenhäuser
Sieben Qualitätsprüfungen sind für die Ärzte auf den Stationen aufwändig und kosten Zeit. Bildrechte: MDR/Tom Gräbe

"Wir haben zehn Plätze und entsprechend mehr als auch zehn Inkubatoren und Gerätschaften", sagt Oberarzt Böttger. Genügend Gerätschaften, damit im Zweifel, falls ein Gerät ausfällt, alle zehn Plätze immer voll ausgestattet sind und betrieben werden können.

So fallen die Ergebnisse des Qualitätsreports aus

Die Überprüfungen sind aufwändig. Denn: Die Abläufe in den Krankenhäusern sind komplex. Beanstandungen gab es in den Geburtskliniken des Landes vor allem, weil Schwangere mit Vorerkrankungen in Kliniken aufgenommen wurden, die dafür nicht die nötige Ausstattung hatten, stellt Franziska Kirchner fest. 18 Mal hat der Medizinische Dienst im vergangenen Jahr Qualitätskontrollen an Geburtskliniken durchgeführt. Die Prüfer kommen im Auftrag der Verbände der Krankenkassen, aber auch stichprobenartig oder wenn es Anlässe gibt.

"Die Schwangeren hätten mit ihren Erkrankungen, solange das Kind noch nicht geboren ist, in Kliniken verlegt werden sollen, die spezialisierte Behandlungsmethoden anbieten, was leider in manchen Fällen nicht erfolgt ist", sagt Kirchner.

Bericht Medizinischer Dienst Krankenhäuser
Franziska Kirchner ist ärztliche Gutachterin beim Medizinischen Dienst und prüft in Krankenhäusern, ob Vorgaben eingehalten werden. Bildrechte: MDR/Tom Gräbe

Im vergangenen Jahr hat der Medizinische Dienst 82 Qualitätskontrollen durchgeführt. In rund 56 Prozent der Fälle haben die Krankenhäuser die Vorgaben vollständig erfüllt. Beanstandungen gab es unter anderem in den Geburtskliniken. Bei Kontrollen in der Notfallversorgung haben Krankenhäuser personelle, technische oder dokumentarische Anforderungen laut des Medizinischen Dienstes nicht erfüllt. Bei den Kontrollen wurden keine erheblichen Mängel festgestellt.

Positive Beispiele sind laut Medizinischem Dienst die Behandlung krebskranker Kinder. Spezialisierte Kinderonkologien gebe es in Magdeburg und in Halle. Insgesamt ist die Versorgung gut, in den Großstädten sogar sehr gut, schätzt der Medizinische Dienst ein. Den vollständigen Qualitätsreport zum Nachlesen gibt es hier.

Hauptgrund für Beanstandungen: Fachkräftemangel

Der Hauptgrund für Beanstandungen ist Fachkräftemangel. Dadurch können nicht alle Voraussetzungen erfüllt werden. "Deshalb ist die Arbeit nicht schlecht, aber es reicht nicht, um die Vorgaben zu erfüllen", so Jens Hennicke, der Vorstandsvorsitzende des Medizinischen Dienstes Sachsen-Anhalt.

Vorsorge ist wichtig, bei der Krankenhausplanung. Sind kurzfristig Fachärzte schnell vor Ort, die zwar nicht für eine Operation gebraucht werden, die aber schnell hinzugezogen werden können, wenn es Komplikationen gibt? Dabei würden Kooperationen oder telemedizinische Anwendungen helfen, stellt Hennicke fest.

Medizinischer Dienst prüft auch die Voraussetzungen für Behandlungen

Der Medizinische Dienst prüft nicht nur die Qualität der Behandlungen, sondern auch die Voraussetzungen der Kliniken, komplexe Leistungen anzubieten. Zum Beispiel Schlaganfallbehandlungen oder bestimmte Leistungen in der Geriatrie, also in der Altermedizin. Die Krankenhäuser beantragen diese Prüfungen. Zu den Voraussetzungen gehört vor allem die Qualifikation von Personal - aber auch technische Gebenheiten. Laut des Reports haben die Krankenhäuser diese Voraussetzungen zu 98,5 Prozent erfüllt. Die Strukturprüfungen sind Grundlage dafür, dass Kliniken ihre Leistungen überhaupt anbieten und abrechnen können.

Mängel können Folgen für die Kliniken haben

Der Qualitätsbericht soll Transparenz herstellen. Auch für Patienten. Wenn Qualitätskriterien nicht eingehalten werden, kann das durchaus Konsequenzen für die Krankenhäuser haben. Der Medizinische Dienst sanktioniert nicht. "Wir sind im Dialog mit den Krankenhäusern, was man besser machen kann", so Jens Hennicke. Darum geht es: gemeinsam mit den Kliniken daran zu arbeiten, die Versorgung weiter zu entwickeln.

Wenn allerdings wiederholt Kriterien nicht eingehalten werden, müsse man gemeinsam mit dem Sozialministerium und den Krankenkassen überlegen, ob der Bereich weiterhin angeboten werden könne. "Lieber die Leistung nicht anbieten als eine ganz schlechte Qualität, das wollen wir ja den Menschen, den Patienten nicht zumuten", so Hennicke. "In der Pädiatrie, also bei der Krankenhausversorgung von Kindern, ist das schon passiert. Krankenhäuser ziehen sich aus diesen Bereichen zurück, weil das Personal fehlt."

Eine Lösung für den Personalmangel und hohe Qualität in der Krankenhausversorgung: Mehr Vernetzung, zwischen Krankenhäuern und Ärzten.

Bericht Medizinischer Dienst Krankenhäuser
Technik, Dienstpläne, Qualifikationen, darauf achten die Gutachter des Medizinischen Dienstes (Zimmer auf der Neonatologie der Landesfrauenklinik). Bildrechte: MDR/Tom Gräbe

Lösungen für den Fachkräftemangel

"Deshalb müssen wir uns überlegen, wie wir gemeinsam mit den Krankenhäusern Wege finden im Bereich Telemedizin, Telekonsulting, dass wir Kooperation zwischen Krankenhäusern anregen, damit die Versorgung der Menschen hier im Land weiter gesichert bleibt und das vor allen Dingen auf einem hohen, qualitativen Niveau", so der Vorstandsvorsitzende des Medizinischen Dienstes. Qualität geht vor Nähe, schätzt der Dienst in seinem Report ein.

Qualitätsstandards sollen helfen, Behandlungen zu verbessern

Zurück auf der Neugeborenenstation in Magdeburg. Die Abläufe in Krankenhäusern sind komplex. Ein Punkt, den sich die Gutachter auch anschauen: ob ein Gerät zur Blutgasanalyse auf kurzem Weg erreichbar ist – wenn es schnell Untersuchungsergebnisse braucht. Der Raum liegt am selben Flur wie das Krankenzimmer. Das Neugeborene im Inkubator jedenfalls ist tapfer.

Der Mutter sei es immer schlechter gegangen zum Ende der Schwangerschaft. "Das Kind hat das sehr schön gemacht. Ja, es musste initial bei nicht ausreichendem Atemantrieb kurzfristig für zwei Tage beatmet werden, bis es einen ausreichenden Atemantrieb hatte." , sagt Oberarzt Ralf Böttger. Mittlerweile atmet es selbstständig.

Die Qualitätsstandards an Krankenhäusern tragen letztlich dazu bei, die Chancen zu erhöhen, dass Patienten mit einer optimalen Behandlung schnell wieder gesund werden.

MDR (Tom Gräbe, Moritz Arand)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 17. Mai 2024 | 19:00 Uhr

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