Krankenhausfinanzierung Mehr Effizienz, mehr Unterstützung: So könnte es Sachsen-Anhalts Krankenhäusern besser gehen
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22. Januar 2025, 09:06 Uhr
Wo landen all die Millionen Euro, die ins Gesundheitssystem gesteckt werden? Das fragt sich der Magdeburger Gesundheitspolitik-Experte Lottmann und verlangt mehr Effizienz in den Kliniken – aber auch mehr Unterstützung vom Land bei Investitionen. Die Kliniken sollten ihre Strukturen besser verzahnen, sich mehr spezialisieren und mehr Leistungen ambulant anbieten. Klinikbetreiber warten derweil auf den Krankenhausplan und kritisieren Sachsen-Anhalts Gesundheitsministerium.
- Warum Spezialisierungen von Krankenhäusern aus Sicht von Patienten gut und schlecht sein können.
- Die aktuelle Finanznot der Kliniken hat viele Ursachen.
- Experte: Strukturen in den Häusern straffen, aber bei Finanzierung die Länder in die Pflicht nehmen.
Krankenhäuser sollten sich nach Ansicht des Magdeburger Professors für Gesundheitspolitik Ralf Lottmann stärker spezialisieren. Der Wissenschaftler an der Hochschule Magdeburg-Stendal sagte MDR SACHSEN-ANHALT, die Kliniken müssten außerdem mehr Leistungen ambulant anbieten, wenn sie Schließungen vermeiden wollten.
Veränderungen heißen auch weitere Wege für Patienten
Lottmann räumte ein, eine Spezialisierung bringe die Gefahr weiter Wege für Patienten mit sich. Ein Gutachten habe ergeben, dass Schlaganfall-Patienten vor allem in der Altmark die Kliniken nicht so schnell erreichten wie das gesetzlich vorgeschrieben sei. In dem Fall brauche man andere Strukturen.
Stationäre und ambulante Leistungen müssten besser ineinander greifen. Momentan seien die Sektoren zu stark voneinander getrennt: "Die ambulante Versorgung wird nicht ausreichend vergütet, so dass das nicht attraktiv ist. Die Strukturen bauen sich darüber nicht gut auf. Da, wo Krankenhäuser oder stationäre Versorgung zu weit weg sind, braucht es einfach eine Kooperation."
Und wer bezahlt den Kliniken Investitionen?
Für die aktuelle Finanznot vieler Krankenhäuser sieht der Experte mehrere Ursachen: steigende Kosten etwa durch Tarifabschlüsse, Fachkräftemangel, Energiepreise und Teuerungen bei medizinischem Material. Die Finanzierung der Krankenhäuser sei aber auch generell unzureichend, auch weil häufig Investitionskosten nicht übernommen würden. Die Bundesländer zögen sich da stark zurück. Kliniken müssten das dann über ihr Fallpauschalen-System ausgleichen, was so nicht gedacht gewesen sei.
Deutliche Kritik kam am Dienstag auch aus Sachsen-Anhalts Krankenhäusern in Richtung Gesundheitsministerium. Der Geschäftsführer des Harzklinikums, Matthias Voth, sagte MDR SACHSEN-ANHALT: "Sachsen-Anhalt ist das Land, das die Infrastruktur deutschlandweit am schlechtesten finanziert."
Reichen Zeit und Geld für angeschlagene Krankenhäuser?
Auch der Krankenhausplan von Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD) verursacht Unmut. Im dirtten Quartal 2026 soll dieser Plan darlegen, wie die Kliniken für die Zukunft fit gemacht werden sollen. Dem Geschäftsführer des Verbandes der kommunalen und landeseigenen Krankenhäuser Sachsen-Anhalt (VKLK), Knut Förster, dauert das viel zu lange: "Ich weiß nicht, wie die Häuser bis dahin überleben werden."
Sachsen-Anhalt ist das Land, das die Infrastruktur deutschlandweit am schlechtesten finanziert.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft schätzte unlängst, dass 80 Prozent aller deutschen Krankenhäuser defizitär sind. Die Lage in Sachsen-Anhalt beurteilt Förster ähnlich.
Weniger Patienten – mehr Kostendruck
Der Gesundheitspolitik-Experte Lottmann sieht noch weitere Probleme - auch weil Patientenzahlen sinken. "Auch das führt zu Kostendruck, vor allem, was die städtischen oder öffentlichen Versorger angeht, die häufig die ganze Palette an Behandlungen gewährleisten müssen, das aber auch nicht mehr kostendeckend schaffen." Die Versorgung werde zunehmend zentralisiert. Kleineren Kliniken gerieten dann häufig unter Druck. Auch die geforderte Digitalisierung bringe viele Kliniken an ihre Belastungsgrenzen. Sie bekämen nicht genug Geld dafür. Als Beispiel nannte Lottmann die elektronische Patientenakte.
Der Wissenschaftler verlangt, Gelder fürs Gesundheitssystem effizienter einzusetzen: "Deutschland hat nun mal das teuerste System in ganz Europa. Da müssen wir uns stärker fragen: Wohin gehen diese Mittel eigentlich? Warum haben wir keine effizienteren Strukturen?" Ein Stück weit greife die Krankenhausreform des Bundes das schon auf. Das Gesetz sieht vor, dass sich Krankenhäuser spezialisieren. Der Magdeburger begrüßt das: "Wenn die einzelnen Häuser jeweils mehr Expertise haben, dann kann man auch längere Wege in Kauf nehmen. Und dann kriegt man insgesamt einen besseren Output."
Zwei Beispiele für Kliniken in Not
In Sachsen-Anhalt war zuletzt bekannt geworden, dass die Pfeifferschen Stiftungen in Magdeburg in Schieflage geraten sind, weil Sach- und Personalkosten stiegen. Das Amtsgericht hat ein Schutzschirmverfahren angeordnet und einen vorläufigen Sachwalter bestellt. Damit sollen die Stiftungen in den kommenden zwölf Monaten saniert werden. Zu den Pfeifferschen Stiftungen gehören zwei Krankenhäuser, das Medizinische Versorgungszentrum, ambulante Pflegedienste und Wohnangebote für Menschen mit Behinderung. In der gemeinnützigen Einrichtung arbeiten rund 2.000 Menschen.
Auch das Städtische Klinikum in Dessau-Roßlau hat finanzielle Probleme. Im Jahresabschluss des Krankenhauses stand ein Millionen-Defizit, das bis zum Jahr 2028 auf 65 Millionen Euro steigen könnte. Die Stadt begründet das Finanzloch damit, dass das Krankenhaus noch auf 15 Millionen Euro Fördergeld vom Bund wartet.
MDR (Ulrich Wittstock, Christoph Dziedo, Kathrin König)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN ANHALT HEUTE | 21. Januar 2025 | 19:00 Uhr
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