Smart City Wie Halle zur klugen Stadt werden will
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12. Juli 2024, 15:43 Uhr
15 Millionen Euro bekommt Halle, um sich zu einer Smart City zu entwickeln. Die Stadt schraubt an einem digitalen Zwilling, will den Nahverkehr verbessern und setzt auch auf Bildung in Halle-Neustadt. Nicht ganz klar ist, wann eine smarte Stadt eine smarte Stadt ist.
- Die Stadt Halle hat eine Bundesförderung von 15 Millionen Euro bekommen, um ihre Smart City Ideen zu entwickeln.
- Mehr als ein Dutzend Ideen werden verwirklicht. Zum Beispiel smarte Straßenbahnen, die wissen, wie voll sie sind oder ein digitaler Zwilling von Halle, mit dem sich die Stadt detailliert am Computer planen lässt.
- Experten halten die Ideen für gut durchdacht, weisen aber darauf hin, dabei auch die Cybersicherheit mitzudenken. Die größte Hürde ist aber die deutsche Bürokratie.
Christian Großmanns Berufsbezeichnung klingt etwas umständlich. Er ist Handlungsfeldkoordinator beim Smart City Büro der Stadt Halle. Aber als solcher weiß er von allen Ideen, die es rund um das Smart City Projekt in Halle gibt. Es sind mehr als ein Dutzend einzelne Ideen und Projekte.
"Bei Smart City stellt man sich immer schwebende Autos vor oder Roboter, die die einfachsten Arbeiten erledigen", sagt Großmann. Aber für ihn beginnt Smart City schon ein paar Nummern kleiner: Mit einem starken Nahverkehr, einer grünen Innenstadt, in der sich die Menschen aufhalten und einem Chip, mit dem man alle Behördengänge erledigen kann.
"Die Sims" oder "Sim City" in Halle
Das größte einzelne Projekt ist der sogenannte "digitale Zwilling". Dabei geht es darum, ein Stadtquartier digital nachzubauen. So können Entwicklungen am Rechner simuliert und die beste Lösung dann in der echten Welt umgesetzt werden: Klima, Unternehmensansiedlungen. Am Rechner lassen sich viele Möglichkeiten durchspielen, wie sich ein Stadtquartier entwickeln kann und welche Auswirkungen bestimmte Baumaßnahmen haben, sagt Großmann. So ähnlich wie die Computerspiele "Die Sims" oder "Sim City".
Der digitale Zwilling ist ein Planungstool für die Stadtentwicklung. So lassen sich zum Beispiel Gewerbeflächen entwickeln oder Hitze-Inseln und Luftströme beeinflussen.
Dafür braucht es Daten: Wetter- und Klimadaten, Zahl und Alter der Bewohner, der Bäume, der Schulen, Kindergärten und Supermärkte. Und natürlich Verkehrsdaten: Wann ist wie viel los auf den Straßen oder in den Straßenbahnen? Halle will zum Beispiel seinen Nahverkehr mit digitalen Mitteln verbessern. "Den Besetztgrad ermitteln", nennt es Großmann im MDR SACHSEN-ANHALT Podcast "Digital leben". Er meint damit, dass jeder Straßenbahnkunde sehen kann, wie voll die Bahn ist.
Dafür sollen die Straßenbahnen mit Sensoren ausgestattet und die "Mein Halle" App der Stadtwerke Halle weiterentwickelt werden. Anhand historischer Daten lässt sich dann vorhersagen, wie voll eine Bahn zu einer bestimmten Uhrzeit wird. "Vielleicht kann man dann einen weiteren Waggon anhängen, den Takt erhöhen oder die Menschen nehmen die nächste Bahn, von der sie wissen, dass sie nicht so voll ist", sagt Großmann. Ein guter Nahverkehr würde auch Unternehmen in Halles Osten nutzen, ist Großmann sicher: "Dort werden Fachkräfte gebaut, die zum Beispiel aus Halle-Neustadt kommen können."
Bundesförderung: 15 Millionen Euro für ein smartes Halle
Neben Halle gibt es mehr als 70 Orte und Regionen in Deutschland, die ein Smart City Projekt sind. Das Bundesbauministerium gibt dafür insgesamt 820 Millionen Euro aus. Halle erhält davon 15 Millionen Euro. Bis vor kurzem war Barleben noch Teil des Smart City Projektes. Jetzt ist Halle die einzige Stadt in Sachsen-Anhalt. In Mitteldeutschland sind noch Jena, Gera und Mühlhausen in Thüringen sind dabei und Leipzig, Dresden und Zwönitz in Sachsen.
Halles Smart City Büro fördert aber nicht nur klassische, technologische smarte Ideen. Der Stadt ist Bildung wichtig. Es gibt deshalb Projekte in Halle-Neustadt. Zum Beispiel im soziokulturellen Zentrum "Passage 13" in der Fußgängerzone von Halle-Neustadt. Dort arbeitet Olaf Brandt. "Passage 13" fördert Kinder und Jugendliche und ist seit Juli 2024 Teil des Smart City Projekte der Stadt. Dort soll ein Medienraum neu eingerichtet und Kurse entwickelt werden. Außerdem sollen ein Maker-Space und ein Co-Working-Space entstehen.
Mobilität, Wirtschaft, Verwaltung und Bildung sind die großen Felder, denen sich Halle als Smart City widmen will. Smart City muss dabei nicht daten- oder technologiegetrieben sein – auch außerschulische Bildung kann Menschen und damit die Stadt smarter machen. Das ist in dieser Form einmalig in Deutschland, sagt Großmann.
"Halles Ideen sind sehr gut durchdacht"
Kathrin Viergutz ist Smart-City-Expertin. Sie arbeitet als Mobilitätsforscherin und Verkehrsingenieurin am Institut für Verkehrssystemtechnik des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Braunschweig. Das Institut begleitet die deutschen Smart City Projekte wissenschaftlich. Viergutz sagt im MDR SACHSEN-ANHALT Podcast "Digital leben": "Die Maßnahmen in Halle sind sehr gut durchdacht."
Die DLR-Expertin findet es sinnvoll, wenn eine Stadtverwaltung mit Smart City Projekten das Leben der Bürgerinnen und Bürger verbessern will. Viergutz ist ein Fan des digitalen Zwillings: "Wenn man zum Beispiel Sitzbänke in der Stadt aufbauen will, die zu jeder Tageszeit im Schatten sind, kann man das mit einem digitalen Zwilling gut ermitteln."
Viergutz registriert auch, wie Smart City Projekte den ländlichen Raum voranbringen können. Zum Beispiel bei einem Notfall, bei dem jede Minute zählt. "Im ländlichen Raum gibt es lange Anfahrtswege. Und es gibt dort auch Leute, die medizinisch geschult sind. Wenn man denen ganz schnell Bescheid geben kann, bringt das Vorteile." An dieser Idee arbeitet der Landkreis Hameln-Pyrmont in Niedersachsen.
Smart City: Großes Potenzial. Und Risiken?
Bei aller Begeisterung für technologische Entwicklungen warnt Tom Weber von der Cyberagentur des Bundes in Halle vor den Risiken. "Sorgen-machen gehört zu meinem Berufsfeld", sagt der Informatiker. In der Geschichte der IT würde die Vernetzung und damit die Komplexität eines Systems steigen. "Das ist natürlich ein Einfallstor für potenzielle Probleme; egal, ob die selbst verursacht sind oder von außen kommen", sagt Weber. Smart City Projekte sollten die Cybersicherheit von Anfang an mitdenken, fordert Weber: "Anfangs ist es oft sehr viel leichter, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen als im Nachhinein."
Das geschehe bereits, sagt Kathrin Viergutz. Ihr und Christian Großmann vom Smart-City-Büro Halle ist es wichtig, dass die Projekte nach der Bundesförderung weiterlaufen. "Wir wollen die Leute befähigen, dass Projekte nicht nur bis 2026 laufen", sagt Großmann. Ob und wann Smart City Ideen allerdings als erfolgreich bezeichnet werden – das muss noch herausgefunden werden.
Kathrin Viergutz sagt: "Es gibt nicht den einen bestimmten Indikator, die eine bestimmte Kennzahl, die man erhebt, um zu sehen, es ist total erfolgreich." Die Bewertung von Smart City Ansätzen sei aber das Top-Thema in diesem Jahr. Die größte Hürde sieht Viergutz aber nicht in der Bewertung und den Smart City Machern vor Ort – sondern in der deutschen Bürokratie. "Das passt teilweise nicht zu solchen agilen Maßnahmen, die in Smart Citys eigentlich gefördert werden sollen."
MDR (Marcel Roth)
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