Pflege Zentrum in Halle bietet Kurse für pflegende Angehörige
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11. Januar 2023, 17:08 Uhr
Pflege findet in Deutschland vor allem zu Hause statt. Schließlich werden mehr als 80 Prozent der Pflegebedürftigen in Deutschland versorgt. In Halle gibt es seit kurzem "Cursus". Das Zentrum für pflegende Angehörige zeigt diesen, was bei der häuslichen Pflege zu beachten ist.
- Das Zentrum Cursus gibt es erst seit einem halben Jahr. Gründerin Katrin Neef-Wedler legt darauf Wert, keine reinen Theoriekurse zu geben.
- Teilnehmerin Susanne besucht auch den Kurs "Zeit für Dich". Ihre beiden Elternteile sind erkrankt.
- Obwohl die Pflegekassen verpflichtet sind, kostenlose Pflegekurse anzubieten, erfolgt dies in vielen Regionen nicht.
"Was ich auch mitgebracht habe, sind die Lebensfragen 'Erzähl mal'" – Monika Hammerla-Claassen trägt eine kleine Kiste auf dem Schoß. Daraus verteilt sie im Stuhlkreis ein paar Fragekarten – diese können Angehörige von Demenzkranken zuhause durchgehen.
Hammerla-Claassen ist gelernte Pflegekraft und Demenzexpertin. Heute arbeitet sie für "Cursus" – einem Zentrum für pflegende Angehörige im Giebichensteinviertel in Halle. Angehörige lernen hier, was sie bei der Pflege alles beachten müssen. Vom Pflegerecht bis zur Reaktion in Notfällen.
Die Dozentin zeigt auf ein weißes Tuch auf dem Boden, darauf liegen Gegenstände wie ein Rechenschieber oder ein Küchenquirl. Hammerla-Claasen erklärt: "Die Hände begreifen bis zum Schluss. Wenn ich zum Beispiel das Thema Arbeit wähle, nehme ich Arbeitsgeräte mit und auf die Biografie hin gebe ich den Personen bekannte Gegenstände. Hier zum Beispiel der Reißverschluss: Schneiderinnen. Da sind sofort die ganzen Geschichten da."
Im Stuhlkreis hören drei Frauen und ein Mann aufmerksam zu. Sie haben demenzkranke Ehepartner oder Eltern, es geht ihnen vor allem um den Austausch.
Pflegezentrum Cursus in Halle erst halbes Jahr alt
Cursus gibt es erst ein halbes Jahr, die Kurse sind kostenlos. Gegründet hat sie Katrin Neef-Wedler, auch sie ist gelernte Pflegekraft: "Unser Ziel ist es, dass wir ihnen etwas an die Hand geben wollen, um ihren Alltag gestalten zu können. Das heißt, unsere Kurse sind so aufgebaut, dass wir Theorie und Praxis zusammen haben. Ich trainiere mit den Leuten. Ich brauche denen nicht eine PowerPoint zeigen, wie ich jemanden lagere. Sondern wir haben ein Bett, und wir lagern, wir mobilisieren, damit die auch was in der Hand haben."
Tochter Susanne: Habe jetzt anderhalb Stunden für mich
Eine Teilnehmerin ist Susanne. Ihr Vater hat eine vaskuläre Demenz, ihre Mutter ist an Krebs erkrankt. Täglich verbringt Susanne mit der Pflege etwa fünf bis sechs Stunden. Neben dem Demenzkurs besucht sie deshalb auch den Kurs "Zeit für Dich" – mit Yoga und Meditation.
"Ich habe in der Vergangenheit gelernt, bitter lernen müssen, dass, wenn man nicht selbst auf sich aufpasst, ein anderer tut es nicht. Und es ist so, dass man körperliche Beschwerden kriegt, weil man mit den Situationen nicht umgehen kann. Deswegen nehme ich das jetzt bewusst wahr und sage: Ich habe jetzt die anderthalb Stunden für mich", erzählt Susanne.
Cursus-Leiterin: Pflege-Konzept deutschlandweit nahezu einmalig
Das Konzept in Halle sei deutschlandweit nahezu einzigartig, sagt die Leiterin Neef-Wedler. Zwar seien die Pflegekassen verpflichtet, kostenlose Pflegekurse anzubieten, die würden in vielen Gegenden aber gar nicht stattfinden beziehungsweise nur online.
Neef-Wedler wünscht sich deshalb Unterstützung: "Die Realität ist, dass die pflegenden Angehörigen der größte Pflegedienst sind. Wenn die wegbrechen, dann bricht das ganze Gesundheitssystem zusammen. Weil eigentlich sind die pflegenden Angehörigen, die, die am wenigsten Ahnung haben, dafür zuständig, dass das System am Laufen gehalten wird. Ich finde es hochdramatisch, dass wir so wenig in pflegende Angehörige investieren."
Deshalb hofft sie, dass die Pflegekurse generell ausgebaut werden. Die Nachfrage sei bis jetzt sehr groß.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 11. Januar 2023 | 06:00 Uhr