Nachwuchs im Ehrenamt Schwestern aus der Ukraine verstärken Feuerwehr in Anhalt-Bitterfeld

11. August 2024, 10:50 Uhr

Brände löschen, Keller auspumpen, Menschen retten. Ohne die Freiwilligen Feuerwehren geht nichts im Land. Umso erfreulicher: Kinder- und Jugendfeuerwehren in Sachsen-Anhalt melden derzeit Rekordzahlen. Im Landkreis Anhalt-Bitterfeld engagieren sich inzwischen auch Kinder ukrainischer Flüchtlingsfamilien.

Dienstbeginn am Feuerwehrhaus in Marke, im Kreis Anhalt-Bitterfeld. Die Vorfreude unter den Kindern ist riesig. "Ich komme gern hierher," sagt die 12-Jährige Mira. "Das ist cool, das macht mir viel Spaß" sprudelt es aus der 10 Jahre alten Dascha hervor. Und die gleichaltrige Kira ergänzt. "Wir lernen viel Neues bei der Feuerwehr." Die Geschwister stammen aus Winnyzja. Die ukrainische Familie ist mit Kriegsbeginn geflüchtet und in Marke im Kreis Anhalt-Bitterfeld untergekommen.

"Anfangs hatten die Mädchen noch keine Schule. Und um sie mit anderen Kindern zusammenzubringen, habe ich sie dann einfach zur Feuerwehr mitgenommen", sagt Jugendwartin Stephanie Münter. Der Plan geht auf, die Mädchen sind längst integriert, besuchen inzwischen ein Gymnasium und sind der Feuerwehr weiterhin verbunden.

Die Geschwister stellen immerhin ein knappes Viertel der Kinderwehr in Marke, einem Ort mit nicht mal 200 Einwohnern. "Die Feuerwehr hilft und rettet Menschen, wenn es brennt" sagt Mira und ihre Zwillingsschwestern nicken. "Wir können jede Unterstützung gut gebrauchen", bestätigt Münter.

Jugendwartin Stephanie Münter in Feuerwehruniform
Jugendwartin Stephanie Münter hat die Geschwister zur Feuerwehr gebracht. Bildrechte: MDR/Nils Sänger

Feuerwehren in Raguhn-Jeßnitz: Hundert Kinder registriert

Dann hilft die 49-Jährige den Mädchen und Jungen beim Anlegen der Helme. Sicherheit steht an erster Stelle: "Der Kopfschutz hilft Verletzungen vorzubeugen", so die Jugendwartin. Dann geht es weiter mit Gerätekunde. In einem Halbkreis scharen sich die Kinder um das Feuerwehrfahrzeug und lernen die Ausrüstung kennen. Schläuche, Kupplungen und Spritzen in verschiedenen Größen und Formen. "Das muss eine Feuerwehrfrau kennen", sagt Mira, während sie gekonnt zwei Schlauchenden miteinander verbindet. "Wasser marsch", rufen die Schwestern. Dann leiten die Feuerwehrkinder den Strahl geschickt auf ein aufgemaltes Haus in Flammen.

Kinder stehen vor einem Feuerwehrauto
Fast hundert Kinder engagieren sich bei den Jugendfeuerwehren in Raguhn-Jeßnitz. Bildrechte: MDR/Nils Sänger

Teamarbeit ist dabei wichtig. Die Mädchen und Jungen arbeiten Hand in Hand und lernen voneinander. "Die Ukrainer sind teilweise weiter als unsere Kinder, mit acht Jahren wussten sie schon, wie eine stabile Seitenlage funktioniert, das hatten sie in der Heimat bereits in der Schule gelernt", zeigt sich die Jugendwartin begeistert.

30 Mitglieder zählt die Freiwillige Feuerwehr in Marke, auch die anderen Ortsteile der Stadt Raguhn-Jeßnitz melden stabile Zahlen. 160 aktive Helfer leisten ihren Dienst, dazu sind in den sieben Ortsfeuerwehren fast 100 Kinder registriert. "Wir machen viel Werbung an Schulen und wenn wir den Kindern spannende Dinge vermitteln, erzählen die das rum", erklärt Stadtjugendwart Christian Sänger das Erfolgsgeheimnis.

Stadtjugendwart Christian Sänger in Feuerwehruniform vor einem Feuerwehrauto
Stadtjugendwart Christian Sänger macht viel Werbung an Schulen, um Nachwuchs bei der Freiwilligen Feuerwehr zu sichern. Bildrechte: MDR/Nils Sänger

Kinder- und Jugendfeuerwehren in Sachsen-Anhalt melden Mitglieder-Höchststand

Feuerwehr liegt im Trend. Das beweisen die Zahlen des Landesverbands. Kinder- und Jugendfeuerwehren in Sachsen-Anhalt melden einen Höchststand: Aktuell zählen sie fast 18.000 Mitglieder, ein Plus von knapp fünf Prozent zum Vorjahr. Genaue Zahlen werden nicht ermittelt, aber auch immer mehr junge Ukrainer schließen sich vielerorts den Feuerwehren an. Nicht nur in Marke, sondern etwa auch im nahen Bitterfeld-Wolfen.

Das gibt Sänger Mut: "Zu 90 Prozent arbeitet die Feuerwehr in Deutschland freiwillig. Und wenn wir irgendwann nicht nur Pflichtfeuerwehren wollen, müssen wir selbst für Nachwuchs sorgen", so der Stadtjugendwart. Dafür sei wichtig, dass Feuerwehr auch Spaß mache. "Feuer zerstört, Löschen verbindet – das ist unsere Leidenschaft", sagt Sänger.

Feuer zerstört, Löschen verbindet – das ist unsere Leidenschaft

Christian Sänger Stadtjugendwart

Das beste Beispiel ist die Kinderfeuerwehr in Marke. Nach ihrem schweißtreibenden Dienst bekommen die Mädchen und Jungen ein Eis spendiert. Für Freude sorgt dann ein Feuerwehrschlauch, der den Mädchen und Jungen eine willkommene Abkühlung bietet. Fröhlich jauchzend flitzen die Kinder durch den schillernden Wasserstrahl. Auch Mira, Dascha und Kira sind dabei. Einmal Feuerwehr, immer Feuerwehr. Das haben die ukrainischen Geschwister für sich schon längst beschlossen.

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MDR (Martin Krause, Hanna Kerwin)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 11. August 2024 | 19:00 Uhr

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