Jede fünfte Pfarrstelle vor dem Aus Kirchen im Landkreis Wittenberg verlieren immer mehr Pfarrer und finden kaum neue
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30. März 2025, 10:28 Uhr
Die Kirchen in Deutschland verlieren immer mehr Mitglieder. Bundesweit sind im vergangenen Jahr insgesamt mehr als eine Million Menschen aus der Evangelischen und Katholischen Kirche ausgetreten. Auch in Sachsen-Anhalt sinken die Zahlen der Kirchenmitglieder seit Jahren. Zudem gibt es hierzulande auch immer weniger Pfarrer. Und das Problem wird noch größer.
Dietrich Schekatz öffnet die schwere Tür der Schweinitzer Kirche im Landkreis Wittenberg. Hier im Jessener Ortsteil ist der Pfarrer seit mehr als drei Jahrzehnten im Amt. "Es werden immer weniger Leute, früher habe ich viel mehr Veranstaltungen gemacht. Jetzt ist manches ausgestorben", sagt der 62-Jährige schulterzuckend. "Wenn keiner mehr kommt, dann kommt eben keiner mehr."
Den gebürtigen Berliner hat es kurz nach der Wende in den östlichsten Teil Sachsen-Anhalts verschlagen. "Das, was ich heute mache, das waren früher mal dreieinhalb Pfarrstellen." Nach etlichen Personalstreichungen seien nun eindeutig Grenzen erreicht, so der Pfarrer, der sich in seinem Bereich um sechs Kirchen kümmert. Noch. Schekatz steht nun kurz vor seinem Ruhestand. "Ich glaube kaum, dass das hier noch mal zu einer Pfarrstelle wird. Und wenn dann ist die zweite große Hürde, jemanden zu finden, der hier in die Pampa geht."
Nachwuchsproblem auf dem Land am größten
Gerade im ländlichen Raum wird es immer schwieriger Pfarrer zu finden, weiß Gabriele Metzner, Superintendentin im Kirchenkreis Wittenberg. Die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland verliere pro Jahr durchschnittlich mehr als 50 Pfarrer – überwiegend aus Altersgründen. Laut Metzner kämen aber jährlich nur etwa 20 Neue hinzu. "Schon bald werden wir zehn oder 20 Prozent der Pfarrstellen gar nicht mehr besetzen können". Die Folge: Pfarrbereiche werden weiter zusammengelegt.
Schon bald werden wir zehn oder 20 Prozent der Pfarrstellen gar nicht mehr besetzen können.
Um die mehr als 160 Gotteshäuser allein im Kirchenkreis Wittenberg mit christlichem Glauben zu füllen, könnten in Zukunft wieder sogenannte Prädikanten die Pfarrarbeit übernehmen. "Die gab es schon zu DDR-Zeiten. Da wurden in berufsbegleitenden Kursen Menschen zugerüstet, den Verkündigungsdienst zu leisten, bis hin zu Taufen, Gottesdienste feiern, auch teilweise die Gemeinde mit zu verwalten." Gewissermaßen Quereinsteiger in der Kirche.
Kirchen in Sachsen-Anhalt verlieren immer mehr Mitglieder
2024 verlor die Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, deren Gebiet sich vor allem über Sachsen-Anhalt und Thüringen erstreckt, knapp 20.800 Mitglieder – im katholischen Bistum Magdeburg waren es 2.100. Die Entwicklung der Vorjahre setzt sich damit fort.
Den Rückgang erklären die Kirchen damit, dass einerseits Mitglieder versterben oder austreten und es andererseits an Nachwuchs mangelt.
Quelle: Deutsche Presse-Agentur
Gemeinden suchen Kompromisse
So ähnlich funktioniert es auch in Zahna-Elster. Judith Kölling hat nicht Theologie, sondern Gemeindepädagogik studiert. Seit fünf Jahren ist sie nun Pfarrerin der Kirchengemeinde Elster/Elbe mit 1.200 Mitgliedern. "Ich kann mir keinen anderen Job vorstellen, er ist wunderbar vielseitig. Ich darf ganz viel mit Menschen zu tun haben und darf qua Amt einen Vertrauensvorschuss genießen." Das sei eine wunderbare Kombination, findet die zweifache Mutter.
Aber es bedarf auch eines straffen Zeitplans. Zu Köllings Pfarrbereich zählen zwölf Kirchen in 18 Orten. "Man muss Abstriche machen, ich kann nicht in allen Kirchen an jedem Sonntag sein, aber wenn was ist, rufen die Leute an und wir finden einen Termin." Mit den Gottesdiensten rotiert die Pfarrerin. "Manchmal kommen dann auch Mitglieder aus anderen Ortsteilen hinzu, dann macht es noch mehr Spaß", sagt die 34-Jährige. Sie sei gespannt, wie lange sich die Tradition der Gottesdienste hält. Wird die Form nicht mehr angenommen, brauchen wir etwas Neues, so Kölling.
An Ideen für eine lebendige Gemeinde fehlt es der jungen Pfarrerin nicht. In dieser Woche erst hat sie einen Aktionsnachmittag in der Kirche Elster organisiert. Etwa 20 Freiwillige sind dem Aufruf gefolgt, um nach dem Winter mit Lappen und Besen für neuen Glanz im Gotteshaus zu sorgen und das Gelände auf Vordermann zu bringen. "Eine spannende Art, dabei die Kirche kennenzulernen", sagt Kölling lachend. Eine junge Pfarrerin, die nicht nur mit ihrem Frühjahrsputz für frischen Wind in Elsters Kirchen sorgt.
MDR (Martin Krause, Marius Rudolph)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 30. März 2025 | 10:10 Uhr
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