Eine Grafik zeigt eine Collage vom Bild eines Mannes, dazu Solapanele in einem Solarpark, außerdem das Zitat "Investments, die einen sicheren und nachhaltigen Ertrag abwerfen." 1 min
In grüne Energie zu investieren, ist für Versicherungen oder Vermögensverwalter eine sichere Sache. Bildrechte: MDR/ Imago/ IP3press
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Projekte wie der Solarpark Witznitz eignen sich besondeers als Investments für Versicherungen oder Vermögensverwalter.

Mi 07.02.2024 16:20Uhr 00:22 min

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Region im Wandel Signal Iduna, Shell und Microsoft bei Leipzig: Investment in Solarstrom boomt

15. Februar 2024, 10:23 Uhr

Südlich von Leipzig ist die Energiewende greifbarer als anderswo. Wo bis vor wenigen Jahren noch die Bagger Braunkohle aus dem Boden holten, leuchten jetzt die Panele eines gigantischen Solarparks in der Sonne. Seit Mitte Dezember ist etwa ein Drittel der Anlage am Netz. Im April soll der Rest folgen und dann Deutschlands größter Solarpark am Netz sein. Gebaut wird die Anlage von einer Versicherung.

Warum investiert eine Versicherung in das Mega-Energieprojekt? 

Der Energiepark Witznitz gehört im Grunde einer großen Versicherung – der Signal Iduna. Denn diese hat über ihre 100-prozentige Tochter, der Hansainvest Real Assets, in die Solarproduktion auf dem ehemaligen Braunkohletagebaugebiet investiert. Die Versicherung ist damit die Hauptinvestorin und einzige externe Geldgeberin für den Energiepark. Die Hansainvest Real Assets nimmt das Kapital der Signal Iduna, das Versicherte für ihre Lebens- oder Krankenversicherung einzahlen, und legt es langfristig an, um Gewinne zu erwirtschaften.

Der Energiepark Witznitz passt da wunderbar in das Anlageportfolio, wie Christoph Lüken MDR AKTUELL sagt. Er ist der Leiter des Bereichs Portfoliomanagement Infrastruktur bei Hansainvest Real Assets. 

Christoph Lüken
Christoph Lüken, Portfolio-Management Hansainvest. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Laut Lüken ist die Investition auf mindestens 30 Jahre angelegt, sicher und nachhaltig. Wie viel Geld der Solarpark genau gekostet hat, will er nicht sagen. Allerdings handele es sich um einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag. Die Rendite aus der Stromerzeugung der mehr als 1,1 Millionen Solarmodule kommt wiederum der Versicherung zugute. Es handelt sich Lüken zufolge um einen Ertrag im einstelligen Prozentbereich pro Jahr. Dabei hat die Hansainvest Real Assets den erzeugten Strom der nächsten Jahre bereits verkauft – an den Energiemulti Shell. Der wiederum hat einen Vertrag mit Microsoft geschlossen und verkauft die Energie weiter. Laut Lüken fließt der erste Strom bereits. 

Die Investition in eine solch große Anlage wie Witznitz gehört zur Strategie des Versicherungskonzerns. Neben Geldanlagen in Immobilien und Wertpapiere hat sich die Versicherung Klimazielen verpflichtet und steckt deswegen auch Kapital in die erneuerbare Energiegewinnung. Neben dem Energiepark Witznitz hat Signal Iduna laut Christoph Lüken beispielsweise auch schon in Windparks in Deutschland investiert, etwa in Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen und Brandenburg. Es sei jedoch gar nicht mehr so einfach, solche Projekte für die Geldanlage zu finden. Die Flächen seien begrenzt und die Nachfrage, auch aus anderen Branchen, sei hoch. 

Warum kauft der Öl-Multi Shell grünen Strom? 

Bei Shell denken die meisten wohl an Tankstellen – und damit an Benzin und Diesel. Der Öl-Multi gehört zu den größten Mineralöl- und Erdgasunternehmen der Welt. Doch was hat diese Firma mit dem Solarpark Witznitz zu tun? Denn im vergangenen Jahr verkündete Shell, in den nächsten 15 Jahren 600 Megawatt Leistung vom Solarpark kaufen zu wollen – und damit fast den kompletten in Witznitz erzeugten grünen Strom.  

Seit Jahrzehnten stelle sich Shell breiter auf, als lediglich mit Öl zu handeln, sagt eine Sprecherin von Shell Deutschland MDR AKTUELL. So verkaufe Shell Energy Deutschland bereits seit 2004 mit wachsendem Marktanteil Gas und Strom an Stadtwerke, Großhändler und Industriekunden. Aus diesem Grund hat Shell den Abnahmevertrag mit dem Energiepark Witznitz geschlossen. Dass Shell den Strom weiterverkauft – an den Softwaregiganten Microsoft und einen anderen weiteren Verbraucher – bestätigt eine Sprecherin. 

Energiepark Witznitz Der Energiepark Witznitz befindet sich auf dem Gebiet von Böhlen, Neukieritzsch und Rötha bei Leipzig auf dem Kippegelände eines Braunkohletagebaus. Er ersteckt sich auf 500 Hektar oder 5 Quadratkilometern und zählt rund 1,1 Millionen verbaute Solarmodule. Im Dezember ist der erste Teil des Parks ans Netz gegangen, mit einer installierten Bruttoleistung von rund 110 MWp. Im Februar 2024 folgte ein weiterer Teil. Damit beträgt die Bruttoleistung rund 163 MWp. In den kommenden Wochen und Monaten soll der gesamte Energiepark ans Netz gehen - mit insgesamt 650 MWp.

Shell möchte eigenen Aussagen nach bis zum Jahr 2050 ein sogenanntes Netto-Null-CO2-Unternehmen sein, also CO2-neutral wirtschaften. Der grüne Strom aus Witznitz ist nicht das einzige Engagement. "So investieren wir beträchtlich in CO2-arme und -freie Produkte und Angebote wie etwa grünen Wasserstoff, Wind- und Solarstrom, Biokraftstoffe und E-Charging", sagt die Shell-Sprecherin. Das Unternehmen betreibe beispielsweise im Rheinland einen Elektrolyseur zur Herstellung von grünem Wasserstoff und habe einen Allgäuer Batteriespeicherhersteller übernommen. 

Was hat der Software-Gigant Microsoft mit dem Solarpark in Neukieritzsch zu tun? 

Zu den Abnehmern des Stroms aus dem Solarpark Witznitz gehört der US-Softwarekonzern Microsoft. Das bestätigt ein Sprecher MDR AKTUELL. Demnach sucht sich das Unternehmen Erzeuger von Strom aus erneuerbaren Energiequellen vor Ort, um die Rechenzentren in Deutschland zu versorgen. Microsoft hat sich selbst verpflichtet, bis nächstes Jahr ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energiequellen zu beziehen. Der Sprecher will sich nicht dazu äußern, in welchem Umfang bereits Strom aus Witznitz für die Rechenzentren genutzt wird. Der US-Softwarekonzern hat einen Abnahmevertrag von insgesamt 323 Megawatt unterschrieben, wie Shell veröffentlichte. 

Was haben die Anwohner von dem Riesen-Solarpark? 

Fast überall, wo neue Wind- und Solarparks entstehen, gibt es Widerstand aus der Bevölkerung. Auch darum hat die Politik Gesetze auf den Weg gebracht, Kommunen und Einwohner an Energieprojekten zu beteiligen. Allerdings nicht im Land Sachsen, wo sich der Solarpark Witznitz befindet. Dennoch wird die Bevölkerung in Zukunft von den Einnahmen aus der grünen Energieerzeugung profitieren. Dafür soll eine Stiftung sorgen, die der Betreiber des Solarparks, die Firma Moveon, gegründet hat. Das Vermögen der Stiftung werde treuhänderisch durch die Kultur- und Umweltstiftung Leipziger Land der Sparkasse Leipzig betreut, sagt ein Sprecher MDR AKTUELL. Profitieren sollen die anliegenden Kommunen Rötha, Neukieritzsch und Böhlen. 

Die Stiftung hat es sich zur Aufgabe gemacht, einen Teil der Gewinne aus der grünen Energieproduktion an soziale und kulturelle Projekte der Region zu verteilen. Wie viel genau, wollte die Stiftung nicht sagen. Klar ist nur: Die Höhe der Gelder, die die Stiftung verteilt, ist an die Leistung der Anlage gebunden. Und: "Seit dem Beginn der Stiftungsarbeit im vergangenen Jahr haben wir bereits rund 138.000 Euro an unterschiedliche Projekte ausgeschüttet" sagt der Vorstandsvorsitzende der Stiftung, Holger Rosenheinrich, dem MDR.  

Beispielsweise habe der Röthaer Sportverein 1991 für den Aufbau eines Basketball- und Soccercourts 20.000 Euro Fördergelder erhalten. Außerdem seien rund 25.000 Euro für die Errichtung eines "Hobbit-Hauses" für alle Generationen im Kulturpark Deutzen ausgezahlt worden. Den Bau eines Rutschenberges der Kita "Böhlener Knirpse" habe man mit 10.000 Euro unterstützt. Die Gemeinde Neukieritzsch hat eigenen Aussagen nach im vergangenen Jahr 10.000 Euro für eine Investition im Rittergutspark Kahnsdorf erhalten. In diesem Jahr seien Förderanträge für das Freibad in Neukieritzsch und das Dorfgemeinschaftshaus in Lippendorf gestellt worden. Wer in Zukunft aus der Region in den Genuss von Fördermitteln kommen möchte, kann bei der Stiftung einen Antrag stellen. Mit der Stiftung sei eine gute Möglichkeit der Beteiligung gefunden worden, sagt Holger Rosenheinrich. 

Einwohner und Kommune profitieren allerdings nicht direkt vom Energiepark vor ihrer Haustür, etwa durch vergünstigten Strom. Der Bürgermeister der Anrainer-Gemeinde Neukieritzsch bedauert das und wünscht sich im Freistaat von der Politik generelle Regelungen. "Es würde für Akzeptanz in der Bevölkerung sorgen und vielleicht auch einen Anreiz geben, sich generell für die Errichtung derartiger Anlagen zu entscheiden", sagt Thomas Meckel MDR AKTUELL. Dennoch begrüßt er die Ansiedlung, da nach dem Kohleausstieg 2035 auf diesem Weg weiterhin Energie in großem Maßstab verfügbar sei. "Das ist wichtig, für den Erhalt des Wirtschaftsstandorts in der Region und hoffentlich auch für weitere Industrieansiedlungen", sagt er. 

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 09. Februar 2024 | 09:51 Uhr

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