Investitionen in die Zukunft Ist der Wirtschaftsstandort Deutschland so schlecht wie sein Ruf?
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16. März 2024, 05:00 Uhr
Immer wieder wird in Medien darüber berichtet, dass deutsche Firmen sich einen Standort im Ausland suchen. Gleichzeitig siedeln sich internationale Unternehmen wie zum Beispiel Intel, Tesla oder Microsoft mit viel Geld an. Deutschland ist als Standort also doch interessant. Wie steht es also um den Wirtschaftsstandort Deutschland? Wir werfen einen Blick auf Faktoren wie Energie, Subventionen, Bürokratie und Politik.
Die aktuelle Weltlage hat ihre Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft, die vor allem vom Export abhängig ist. So sieht der Bundesverband der deutschen Industrie darin die größte Ursache für die derzeitige deutsche Wirtschaftsschwäche. "Wir hatten eine sehr schwache Industrienachfrage und sinkenden Welthandel. Deswegen ist die deutsche Wirtschaft eben besonders hart getroffen worden und braucht etwas länger, um aus der konjunkturellen Schwächephase wieder herauszukommen", sagt Klaus Günter Deutsch, Abteilungsleiter Research, Industrie- und Wirtschaftspolitik beim Bundesverband der Deutschen Industrie e.V.
USA sind in puncto Energiekosten und Subventionen attraktiver
Neben der weltweiten Situation gibt es aber auch noch andere Punkte, die sich auf die Wirtschaft auswirken und bei Firmen hierzulande für Unmut sorgen. Dazu gehören zum Beispiel die Energiekosten. "Es ist allerdings im Vergleich zu den Vereinigten Staaten und zur Volksrepublik China immer noch vergleichsweise teuer. Das führt dazu, dass vor allem energieintensive Unternehmen bei ihren Standortentscheidungen für zukünftige Investitionen immer häufiger in die Vereinigten Staaten schauen, weil man dort auch erwartet, dass über die nächsten Jahrzehnte die Energieversorgung besonders preiswert bleibt", sagt Deutsch.
Das hat die Folge, dass einige Firmen sich Standorte im Ausland suchen. Aber nicht nur die Energiekosten können attraktiv für eine Investition im Ausland sein, sondern auch Subventionen. So locken die USA Investoren mit riesigen Steuererleichterungen für neue Fabriken. Präsident Biden lässt dafür die Staatsverschuldung massiv steigen. In Deutschland ist das anders.
Ein Beispiel: Als Deutschland dem Chip-Produzenten Intel vor einem Jahr Milliardensubvention versprach, damit der in Magdeburg ein neues Chipwerk baut, hagelte es Kritik.
Inzwischen hat der deutsche Staat für so etwas ohnehin kein Geld mehr. Wirtschaft auf Pump fördern - für den deutschen Finanzminister Christian Lindner ist das scheinbar ein Tabu: "Manche träumen da noch von Umgehungen der Schuldenbremse. Es wird sie nicht geben."
Bürokratische Hürden sorgen bei deutschen Firmen für Unmut
Die deutsche Bürokratie ist ein weiterer Punkt, der den Firmen hierzulande zu schaffen macht. Ein Beispiel dafür ist die Dokumentation im Rahmen des Lieferkettengesetzes. Sie soll sicherstellen, dass kein Teil eines Produktes mit Kinderarbeit oder unmenschlichen Arbeitsbedingungen entsteht. Eigentlich gilt es nur für Großunternehmen und dennoch kann es auch Auswirkungen auf andere Firmen haben.
Ein Beispiel dafür ist die Hobum Oleochemicals GmbH aus Hamburg. Sie produziert aus Pflanzenöl Spezialchemikalien. "Wir sind Bestandteil der Wertschöpfungskette und unsere Kunden sind durchaus große Konzerne, die genau das von uns verlangen, was ihnen gesetzlich auferlegt wird. Da werden wir mit Fragebögen konfrontiert, die zig Seiten lang sind. Die müssen wir genauso ausfüllen wie die großen Firmen", berichtet Geschäftsführer Arnold Mergell.
Das deutsche Gesetz, das mit viel Bürokratie verbunden ist, wollte die EU mit kleinen Änderungen übernehmen. Das hat die FDP allerdings verhindert. Das Problem ist nun, dass das Gesetz in Deutschland bereits gilt. Damit sind deutsche Unternehmen im Vergleich zu ihren EU-Nachbarn weiterhin benachteiligt. So bleibt Bürokratie eines der Hauptprobleme für deutsche Unternehmen.
Investoren zeigen dennoch Interesse an Deutschland
Intel, Tesla und nun auch Microsoft - Deutschland ist als Standort dennoch interessant für Firmen. "Es liegt auch an dem Vertrauen in diese Regierung. An unserem Vertrauen in die Führung von Kanzler Scholz. In die Arbeit dieser Regierung, die solche Investitionen anlockt", sagt Brad Smith von der Microsoft Corporation auf einer Pressekonferenz.
Das Interessante daran: Microsoft bekommt keinen Cent Subventionen und baut sein europäisches Rechenzentrum trotzdem nicht irgendwo in Europa, sondern ausgerechnet im rheinischen Revier. "Die Entscheidung zeigt, dass Deutschland insbesondere im Bereich der Hochtechnologie, ob das nun Hardware oder Software ist, mittlerweile wieder ein sehr interessanter Standort geworden ist. Wir sehen das in vielen Bereichen, dass hier größere Unternehmen aus aller Welt investieren", erklärt Klaus Günter Deutsch vom Bundesverband der Deutschen Industrie auf MDR-Anfrage für das ARD-Magazin "Plusminus".
MDR (jvo)
Dieses Thema im Programm: Das Erste | Plusminus | 13. März 2024 | 21:45 Uhr