Tarifverhandlungen Neue Tarifverhandlungen für Kfz-Handwerk nach Warnstreiks
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21. April 2023, 05:00 Uhr
Wer die vergangenen Tage sein Auto in die Werkstatt bringen wollte, hatte womöglich Pech und der Service war nicht wie gewohnt. Denn: Neben Eisenbahnern und Beschäftigten des öffentlichen Dienstes steckt auch das Kfz-Handwerk im Tarifstreit. Seit Ostern hat es bereits mehrere Warnstreiks gegeben. Am Freitag startet in Baden-Württemberg die zweite Verhandlungsrunde. Doch worum geht es den Beschäftigten eigentlich? Wird bei BMW, Volkswagen und Co. nicht anständig bezahlt?
- Beschäftigte im KfZ-Handwerk wollen 8,5 Prozent mehr Lohn und Inflationsausgleich
- Arbeitgeber halten Forderung für zu hoch und sehen keine Eskalation
- IG Metall: Gewinne im Kfz-Handwerk müssen endlich auch Beschäftigten ankommen
Die Kulisse wirkt etwas martialisch: Demo vor dem Leipziger Völkerschlachtdenkmal. Rund 600 Beschäftigte aus Autohäusern und Werkstätten der Region stehen auf dem staubigen Platz, auf dem schon ganz andere Schlachten geschlagen wurden. Sie sind im Warnstreik für mehr Lohn.
8,5 Prozent plus Prämie zum Inflationsausgleich
Zwischen roten IG-Metall-Fahnen und Imbissstand steht Mike Riemann, gelernter Autoschlosser und Betriebsrat von Volkswagen Automobile Leipzig. Die Forderung nach 8,5 Prozent plus einer Prämie zum Ausgleich der Inflation findet er angemessen. Denn man müsse mit einem Missverständnis aufräumen: Die Beschäftigten der Autohäuser und Werkstätten bekämen nicht dasselbe wie die Autobauer in der Industrie.
"Auch wenn wir jetzt im Speziellen eine hundertprozentige Tochter von Volkswagen sind, ist es so, dass für uns nicht der Tarifvertrag der Industrie gilt", erklärt Riemann. "Für uns gilt das Handwerk und das bedeutet eben auch, dass die Kolleginnen und Kollegen der Volkswagen-Autohäuser aber eben auch alle anderen nicht an der Erfolgsbeteiligung der großen Konzernmarken beteiligt sind." Das seien schon ein paar hundert Euro, die das ausmache.
Arbeitgeber halten Forderung für zu hoch
Riemann würde diese Lücke gern schließen. Aber ist das mit den Arbeitgebern zu machen? Dietmar Hoffmann vertritt den Landesverband des Kfz-Gewerbes Thüringen. Er nimmt die Warnstreiks der Gewerkschaft stirnrunzelnd zur Kenntnis: "Aus meiner Sicht haben wir arbeitgeberseitig gar nicht eine Eskalationslage."
Man wäre zu Lohnerhöhungen schon bereit, sagt Hoffmann. Doch 8,5 Prozent seien eben zu viel. Die Autohersteller würden derzeit ihren Vertrieb umorganisieren, was die Händler vor Herausforderungen stelle. Zudem sei der Verkauf gerade stark rückläufig, vor allem bei bestimmten Modellen.
"Die E-Mobilität, die ja nun das künftige Maß der Dinge sein soll, wird vom privaten Verbraucher komplett ignoriert. Das kann ich so sagen, dass die private Nachfrage nach E-Mobilität in 2023, wenn man sich die Zahlen anschaut, quasi zum Erliegen gekommen ist. Wenn weniger verkauft werde, könne man nun mal nicht deutlich besser entlohnen, argumentiert Hoffmann.
Kfz-Handwerk steht gut da
Bei der IG Metall will man das so nicht stehen lassen. Steffen Reißig ist in der Region Leipzig für die Branche zuständig. Die Absatzzahlen seien tatsächlich niedriger, meint Reißig. "Aber wir haben enorme Margen bei den verkauften Autos. Und die Werkstätten sind voll. Also das Kfz-Handwerk hat im letzten Jahr und auch im ersten Quartal dieses Jahres so viel wie noch nie verdient in der Vergangenheit." Es sei jetzt an der Zeit, dass da auch was bei den Beschäftigten ankomme.
Tatsächlich bestätigt Arbeitgebervertreter Hoffmann, dass die Gewinnmargen pro Auto gestiegen seien. Aber das könne man ja nicht ewig so weitertreiben. Trotz aller Differenzen rechnet Hoffmann mit einer baldigen Einigung. Möglicherweise wird der Tarifstreit noch am Freitag entschieden.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Nachrichtenradio | 21. April 2023 | 06:00 Uhr