USA-Verbot Experte: Lieber auf Virenschutz von Kaspersky verzichten
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23. Juni 2024, 05:00 Uhr
Antiviren-Software soll PC-Nutzer vor Fake-Mails und Hacker-Angriffen schützen. Die dafür vielfach genutzte Software Kaspersky aus Russland wurde durch das US-Handelsministerium allerdings gerade verboten. Auch die Niederlande und Litauen schätzen die Software bereits seit Jahren als Bedrohung ein. Grund: ein mögliches Risiko für die nationale Sicherheit durch Spionage. Kaspersky-Software läuft auch auf vielen deutschen Rechnern.
Testsieger oder potentieller Bösewicht? Noch vor zwei Jahren bewertete Stiftung Warentest Kasperskys Antivirensoftware als einzige mit "sehr gut". Die US-Behörden sahen das damals schon anders: Von ihren Rechnern ist Software des Herstellers bereits seit 2017 verbannt. Nach der Entscheidung des US-Handelsministeriurms dürfen ab Juli auch private Anwender und Unternehmen in den USA Kaspersky-Software nicht mehr kaufen.
Das Unternehmen protestiert in einem Statement. Es sei an keinen Aktivitäten beteiligt, die die nationale Sicherheit der USA bedrohten. Im Gegenteil: Es schütze weltweit mehr als eine Milliarde Geräte, darunter die von 220.000 Unternehmen, und lasse seinen Code unabhängig prüfen.
Kaspersky: Bedrohung durch Spionage?
Eine Sprecherin schreibt auf MDR-AKTUELL-Anfrage, dass Unternehmen habe niemals und werde niemals irgendeine Regierung weltweit bei Cyber-Spionage oder offensiven Cyber-Aktivitäten unterstützen.
Allerdings hätte das Moskauer Unternehmen im Zweifel keine Wahl. Denn in Russland gibt es Gesetze, mit denen Kaspersky gezwungen werden könnte, Rechner im Ausland anzugreifen oder auszuspionieren. Für die USA Grund genug für ein Verbot. Und auch die Niederlande und Litauen schätzen die Software bereits seit Jahren als Bedrohung ein.
Bedenken an Antivirensoftware verstehen
Müssen folglich auch Kaspersky-Anwender in Deutschland fürchten, zum Ziel russischer Cyber-Attacken zu werden? Sebastian Erler, der für die Chemnitzer Firma Smarttecs die IT-Sicherheit kleiner und mittlerer Unternehmen auf die Probe stellt, ist zurückhaltend. "Soweit mir bekannt ist, gibt es da auch noch keine stichhaltigen Beweise, dass das jemals passiert ist." Aber, die Entscheidung sei dennoch plausibel.
"Man muss natürlich sehen, dass gerade Russland sehr aktiv ist im Raum Cyber-Spionage", sagt Erler. Angesichts der geopolitischen Lage, in der wir uns befänden, sei es durchaus nachvollziehbar, dass die USA und auch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) vor dem Einsatz von Kaspersky-Produkten warnten.
Zu Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine 2022 warnte schließlich auch das BSI – und empfahl: Anwender sollten lieber alternative Virenscanner nutzen.
Cyber-Security-Experte rät Windows-Nutzern von Kaspersky ab
Auf wie vielen Geräten Kasperskys Software in Deutschland läuft, verrät das Unternehmen nicht. Einen Streit vor deutschen Gerichten über die Warnung verlor Kaspersky aber. Auf Nachfrage von MDR Aktuell teilt das BSI zudem mit, es beobachte die Gefährundslage und sehe keinen Anlass, seine Warnung zurückzunehmen. Auch weitere IT-Expertinnen und -Experten haben in Gesprächen die behauptete Transparenz und Vertrauenswürdigkeit von Kaspersky angezweifelt.
Für private Nutzerinnen und Nutzer, die das ebenfalls tun, empfiehlt Cyber-Security-Experte Erler deshalb: "Ich würde eher vorschlagen, den Nutzern die Produkte von Kaspersky insbesondere auf Windows nicht unbedingt zu benutzen, weil es auch einfach schon von Windows ein selbst eingebautes Antiviren-System gibt, der Windows Defender. Und der ist auch typischerweise gut genug."
Letztlich aber ist auch das eine Frage des Vertrauens. Denn der Branchen-Riese Microsoft, dessen Betriebssystem Windows auf Millionen Rechnern in Deutschland läuft, sitzt in den USA. Und auch dort haben Behörden bekanntlich Möglichkeiten zur Computer-Spionage.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 23. Juni 2024 | 06:00 Uhr