Einen Briefwahlumschlag zur Bundestagswahl 2021 steckt eine Frau in einen Briefkasten.
Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Peter Endig

EU-Wahl Steigender Briefwähleranteil ist Herausforderung für 18-Uhr-Prognose

02. Juni 2024, 05:00 Uhr

Pünktlich um 18 Uhr wird an jedem Wahltag die Prognose zum Ergebnis bekannt gegeben. Erst später folgen Hochrechnungen aufgrund erster ausgezählter Ergebnisse. Für die Prognose befragen Statistiker Wählerinnen und Wähler direkt nach der Stimmabgabe. Inzwischen wählen aber immer mehr Menschen per Brief und stehen für eine Nachwahlbefragung nicht zur Verfügung.

Seit Jahren steigt bei Wahlen die Zahl derjenigen, die per Briefwahl abstimmen. Bei der Europawahl 2019 waren es 28 Prozent. Bei der Bundestagswahl gut zwei Jahre später waren es – wohl auch coronabedingt – 47,3 Prozent.

Das stellt Meinungsforscher vor hohe Herausforderungen, wenn sie mit Schließung der Wahllokale eine aussagefähige Prognose veröffentlichen wollen. Stefan Merz von Infratest dimap versicherte MDR AKTUELL, auch zur Europawahl am 9. Juni werde es um 18 Uhr eine Prognose geben. Darin seien dann auch die Briefwähler einberechnet.

Merz betonte zugleich, die Briefe mit den Wahlzetteln der Briefwähler würden nicht vor 18 Uhr geöffnet. Auch Nachwahlbefragungen wie bei Wahlen im Wahlbüro gebe es nicht.

Drei Quellen für Informationen über Briefwähler

Laut Infratest gibt es drei Quellen, um das Wahlverhalten von Briefwählern abzuschätzen und einzuberechnen. Zum einen werden Erfahrungen aus früheren Europawahlen und aus anderen Wahlen der letzten Zeit einbezogen. Außerdem wird in Umfragen vor der Wahl auch ermittelt, ob die Befragten per Briefwahl abstimmen (oder schon abgestimmt haben) oder nicht. Auch dadurch erhalte man ein Bild vom möglichen Abstimmungsverhalten der Wähler, erklärt Stefan Merz.

Und schließlich wird am Morgen des Wahlsonntags in ausgewählten Wahlbezirken auch nachgefragt, wie viele Wahlberechtigte Briefwahlunterlagen beantragt haben. Damit ergibt sich Infratest zufolge ein Bild, wie die Briefwähler im Land verteilt sind. All das fließe dann in mathematische Modelle ein.

Hochrechnungen berücksichtigen Briefwahl-Ergebnisse

Mit Beginn der Auszählungen hat Infratest dimap Korrespondenten auch in ausgewählten Briefwahlbezirken, diese Ergebnisse fließen dann in die Hochrechnungen mit ein, die über den Abend dann eine immer präzisere Vorstellung vom Endergebnis vermitteln.

Unterschiede zwischen Briefwählern und Urnenwählern verschwimmen

Zwischen Briefwählern und Urnenwählern gibt es durchaus signifikante Unterschiede. Stefan Merz von Infratest meint: "Früher konnte man sagen, Briefwähler sind älter und wählen eher konservativer." Eine solche pauschale Aussage lasse sich aber nicht mehr treffen.

Inzwischen seien junge und mobile Wähler hinzugekommen, die am Wahltag etwas Anderes vorhätten. Mit der Corona-Pandemie habe der Anteil noch einmal deutlich zugenommen. Auch unterschieden sich Briefwähler in ihrer Zusammensetzung und in ihrem Wahlverhalten von Wahl zu Wahl. So könne eine Teilnahme an der Briefwahl auch davon abhängen, zu welcher Jahreszeit die Wahl stattfinde, etwa im Bereich der Sommerferien. Oder wenn etwas in der Endphase des Wahlkampfs passiere, worauf Urnenwähler noch reagieren könnten, Briefwähler aber nicht mehr.

Briefwahlunterlagen bis Freitag vor der Wahl Die Unterlagen für die Briefwahl könne noch bis Freitag, d. 7. Juni, 18 Uhr beantragt werden. Genaueres steht auf der Wahlbenachrichtigung. In Ausnahmefällen wie einer nachgewiesenen akuten Erkrankung ist das bis Sonntag, 15 Uhr, möglich.

Der Wahlbrief muss spätestens am Wahlsonntag um 18 Uhr bei der zuständigen Stelle (siehe Umschlag des Wahlbriefes) vorliegen. Sollte es für den Postweg zu spät sein, kann er auch in den Briefkasten des jeweiligen Wahlamtes eingeworfen werden.

Anteil Briefwähler 2024 noch unklar

Wie viele Briefwähler es bei der Europawahl 2024 werden, lässt sich laut Infratest nicht seriös vorhersagen. Vereinzelt veröffentlichen Kommunen, wie viele Anträge auf Briefwahlunterlagen eingegangen sind, eine flächendeckende Zahl lasse sich daraus aber nicht ableiten.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 30. Mai 2024 | 06:17 Uhr

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