Staatliche Förderung unklar Solaranlagen-Boom in Deutschland
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02. Januar 2024, 19:11 Uhr
Vergangenes Jahr sind so viele Solaranlagen installiert worden wie nie zuvor. 2024 erwartet die Solarbranche ebenfalls starke Zahlen. Der Staat fördert, aber auch in Zukunft? Die Haushaltskrise wirft Fragen auf.
Vergangenes Jahr sind nach Angaben der Solarbranche so viele neue Solaranlagen zur Strom- und Wärmeerzeugung errichtet worden wie nie zuvor. Mehr als eine Million neue Anlagen seien installiert worden, berichtete der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW).
Einen großen Anteil daran haben die sogenannten Balkonkraftwerke: 2023 seien in Deutschland rund 270.000 Steckersolargeräte neu in Betrieb genommen worden ‒ vier Mal so viele wie 2022. Unklar ist angesichts der Haushaltskrise allerdings, was aus der staatlichen Förderung wird.
Steigende Preise für Verbraucher zu erwarten
Hinzukommt: Verbraucher müssen erneut mit steigenden Energiepreisen rechnen. Der Chef des Energieversorgers Eon, Leonhard Birnbaum, geht davon aus, dass in diesem Jahr höhere Entgelte und Preise für Energie an die Kunden weitergereicht werden. Mit Blick auf die Erhöhung der Mehrwertsteuer beim Gas und den Wegfall der reduzierten Netzentgelte der Übertragungsnetzbetreiber beim Strom sagte er der "Rheinischen Post": "Das sind politisch bedingte Aufschläge, diese werden alle Versorger an die Gas- und Stromkunden weitergeben müssen. Vielleicht nicht sofort, aber wohl in den kommenden Monaten."
Auch mittelfristig erwarte er keinen Rückgang auf das Niveau von vor dem Ukraine-Krieg. Ein Risiko sehe er zudem bei einer Eskalation der Lage im Nahen Osten. "Dann würde nicht nur der Ölpreis durch die Decke gehen, sondern auch der für Gas und für Strom", sagte Birnbaum der Zeitung.
Trotzdem hohe Erwartungen an 2024
Für 2024 rechnet der Solarbranchenverband mit einer anhaltend hohen Nachfrage nach Solaranlagen. Laut einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov im Auftrag des BSW können sich 69 Prozent der Eigentümer von Wohnimmobilien, die über geeignete Dachflächen verfügen, vorstellen eine Solaranlage auf ihrer Dachfläche zu errichten. 16 Prozent planen dies demnach bereits in den kommenden zwölf Monaten.
In Deutschland sind laut BSW inzwischen rund 3,7 Millionen Photovoltaik-Systeme installiert. Sie produzierten im vergangenen Jahr 62 Milliarden Kilowattstunden und deckten damit rund zwölf Prozent des deutschen Stromverbrauchs. Die 14 Milliarden Kilowattstunden Leistung, die 2023 neu installiert wurden, bedeuten den Angaben zufolge einen Anstieg um 85 Prozent im Vergleich zu 2022. Der Anteil der Balkonkraftwerke an der gesamten neu installierten Solarleistung war aber eher gering: Er betrug nur knapp zwei Prozent an der 2023 insgesamt in Deutschland neu installierten Photovoltaik-Leistung.
Staatliche Förderung äußerst beliebt 2023
Um die klimafreundliche Stromerzeugung voranzutreiben, springt der Staat Interessierten bei. Wie groß das Interesse ist, zeigte sich im September: In weniger als 24 Stunden waren die für das vergangene Jahr verfügbaren 300 Millionen Euro aus dem Programm "Solarstrom für Elektroautos" ausgeschöpft. Zeitweise war das Kundenportal der Förderbank KfW wegen des Ansturms überlastet. Wer zum Zug kam, konnte sich über einen Investitionszuschuss von bis zu 10.200 Euro freuen, gedacht für Eigentümerinnen und Eigentümern, die ein Elektroauto kaufen sowie eine Ladestation dafür in Kombination mit einer Photovoltaikanlage und einem Solarstromspeicher installieren wollten.
Für das laufende Jahr wollte das Verkehrsministerium eigentlich weitere 200 Millionen Euro zur Verfügung stellen – doch das scheint angesichts der Haushaltskrise ungewiss. Details zu Einsparungen müssten noch in enger Abstimmung mit den Bundestagsabgeordneten geklärt werden, erklärte das Verkehrsministerium am Dienstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa. Der Abstimmung könne man nicht vorgreifen.
Unklare Folgen
Wie es mit der Solarförderung in anderen Programmen weitergeht, kann auch das Wirtschaftsministerium noch nicht sagen. "Das Förderprogramm für den Aufbau von Produktionskapazitäten für Transformationstechnologien bleibt bestehen", hieß es. Eine Kürzung sei aber vorgesehen. "Wir klären jetzt, welche Auswirkungen das konkret hat und welche Projekte in welchem Umfang nun gefördert werden können. Hierzu lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch keine abschließende Aussage treffen."
dpa, afp, Reuters (lik)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 02. Januar 2024 | 12:30 Uhr