"Correctiv"-Recherche Russland nutzt deutsche Waffen im Ukraine-Krieg

08. November 2023, 14:02 Uhr

Waffen aus deutscher Produktion: Russland soll über Waffen westlicher Hersteller verfügen. Einige davon kommen offenbar aus Thüringen. Einer "Correctiv"-Recherche zufolge werden Munition und Waffen über Drittstaaten nach Russland eingeführt.

Seit Beginn des russischen Angriffskrieges sollen trotz eines Einfuhrverbots massenhaft Waffen und Munition westlicher Hersteller nach Russland gelangt und im Ukrainekrieg benutzt worden sein. Das geht aus Recherchen des unabhängigen Recherchezentrums "Correctiv" hervor. Insgesamt sollen rund 7.300 Waffen und fast acht Millionen Schuss Munition in Russlands Besitz sein.

Waffen aus Thüringen in Russland eingeführt

Zu den deutschen Herstellern gehören demnach auch die Waffenproduzenten "Merkel Jagd- und Sportwaffen" aus Thüringen und die "Blaser GmbH" aus dem Allgäu. Produkte der Munitionshersteller "Nammo Schönebeck" aus Sachsen-Anhalt, "RWS" aus dem bayerischen Fürth und "Ruag Ammotec" sollen ebenfalls auf russischer Seite genutzt werden. Dies zeigten Daten der staatlichen russischen Datenbank für Import-Zertifizierungen.

Die Munitionsfirma "Nammo Schönebeck" wurde 1832 gegründet. Damals wurden Zündhütchen zum Zünden von Schießpulver hergestellt. Heute gehört das Werk zum norwegisch-finnischen Weltmarktführer Nammo. Nach eigenen Angaben verlassen jedes Jahr etwa 200 Millionen Schuss Kleinkalibermunition die Fabrik in Schönebeck, die vor allem von Sportschützen und Biathleten genutzt werden.

Einige in der russischen Datenbank gelistete Waffentypen sollen dem "Correctiv" zufolge in den vergangenen Monaten in der Ukraine im Kriegseinsatz gewesen sein. Dies ginge aus der Analyse einer Reihe Social-Media-Posts auf der Plattform X und auf Telegram hervor.

Einfuhr über Drittstaaten

Das Rechercheteam teilte weiter mit, dass es sich bei den betroffenen Waffen um Jagd- und Sportgewehre handele, die nicht dem Kriegswaffenkontrollgesetz unterlägen. Der Export nach Russland sei zwar verboten, in andere Staaten jedoch nicht. Über Händler in Drittstaaten sollen so Waffen weiter nach Russland gelangen. Der deutsche Hersteller Blaser bestätigte, fragliche Waffen ins Ausland verkauft zu haben, wie es hieß.

Vom "Correctiv"-Rechercheteam hieß es, die Auswertung von europäischen Exportdatenbanken zeige, dass der Export von Jagd- und Sportgewehren deutlich gestiegen sei. Unter anderem sollen die Ausfuhren nach Kasachstan, Usbekistan und Nordmazedonien zugenommen haben.

Wenig Auskunftsbereitschaft bei Firmen und Behörden

Bei der Recherche zur Thematik hat "Correctiv'" nach eigener Aussage wenig Unterstützung erhalten. "Befragte Waffen- und Munitionshersteller konnten oder wollten nicht dabei unterstützen, die Handelswege aufzuklären, die ihre Produkte genommen haben könnten", hieß es in einer "Correctiv"-Mitteilung. Auch das für Ausfuhrgenehmigungen zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) habe erklärt, sich nicht zu einzelnen Ausfuhrgenehmigungen zu äußern. Das für Sanktionsverstöße zuständige Zollkriminalamt habe mitgeteilt, dass keine Verstöße bei den Firmen nachweisbar seien.

Gleichzeitig sollen nach Angaben der Behörde die für solche Genehmigungen notwendigen Papiere – sogenannte Endverbleibszertifikate – von Händlern in anderen Staaten unkompliziert ausgestellt werden können.

MDR, "Correctiv" (lik)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 08. November 2023 | 09:36 Uhr

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