Onlinebörse für Verkehrssünder Jurist: Handel mit Punkten in Flensburg ist strafbar
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24. Januar 2024, 13:46 Uhr
Dubiose Anbieter versprechen online, gegen eine Geldzahlung könnten Punkte in Flensburg abgebaut und Fahrverbote abgewendet werden. Mit der juristischen Grauzone, die das ermöglicht, beschäftigt sich nun der Verkehrsgerichtstag in Goslar.
- Verkehrsrechtsanwalt Olbrich zufolge bleibt der Punkte-Betrug häufig unentdeckt.
- Der Deutsche Verkehrsgerichtstag diskutiert am Mittwoch über die juristische Verankerung, um gegen die Betrüger vorzugehen.
- Die Verkehrssicherheit ist in Gefahr, da teilweise durch den umstrittenen Punkteabbau ein Fahrverbot verhindert wird.
"Punktehandel Flensburg – Seriöse und zuverlässige Übernahme ihrer Punkte und Fahrverbote!" So oder so ähnlich heißt es auf diversen Internetseiten, die ein umstrittenes Geschäft anbieten. Für ein paar Hundert Euro kann man seine Punkte auf andere Personen abschieben. Die dubiosen Anbieter agieren dabei mit Strohmännern, die im EU-Ausland gekauft werden.
Wer hier mitmacht, begibt sich juristisch auf's Glatteis, sagt der Chemnitzer Verkehrsrechtsanwalt Ludger Olbrich. "Derjenige, der quasi den Strohmann vors Loch schiebt, der macht sich nach Angaben der Punktebörsen nicht strafbar, weil der ja gar nix tut, der macht nur von seinem Recht zu schweigen Gebrauch", erklärt Olbrich.
"Das ist natürlich eine höchst fragwürdige Ansicht, denn grundsätzlich ist der ja nicht nur passiv. Er setzt sich mit der Punktebörse in Verbindung, er schickt den Anhörungsbogen dorthin, etc. und er leistet natürlich auch Zahlungen." All das deute schon darauf hin, dass er die Fäden in der Hand halte und das wiederum hätte zur Konsequenz, dass er sich damit strafbar mache.
Olbrich: Straftat bleibt oft unentdeckt
Dafür jedoch müsste die Straftat entdeckt werden, das aber ist zeit- und personalaufwendig. Würde der Schwindel entdeckt, bliebe es wiederum nur bei der Ahndung eines Verkehrsverstoßes, denn Bußgeldstellen fehlten rechtliche Möglichkeiten, um das Vergehen weiter zur verfolgen, sagt Rechtsanwalt Olbrich: "Das Kraftfahrtbundesamt hat schon mehrfach versucht, diese Punktebörsen zu unterbinden, aber die rechtliche Handhabe ist da nicht vorhanden und deswegen wäre da eine Klarstellung wünschenswert."
"Denn letzten Endes ist das ja nur eine Verlagerung eines offensichtlich strafrechtlich problematischen Verhaltens in das Internet", erklärt Olbrich. "Hier wird es anonymisiert, wir haben nicht mehr die direkte Verbindung zwischen dem Täter und dem Punkteübernehmer sondern es läuft über eine dritte Person ab, über diese Punktebörse. Deshalb wäre es schön, wenn man diesem Punktehandel den Boden entziehen könnte."
Arbeitskreis diskutiert über juristische Konsequenzen
Beim Deutschen Verkehrsgerichtstag in Goslar wird sich ein Arbeitskreis mit dieser Problematik beschäftigen. Professor Peter König, ehemaliger Richter am Bundesgerichtshof, leitet den Arbeitskreis. König sagt: "Aufgabe des Arbeitskreises wird es sein, eine Empfehlung zu entwerfen, ob der Gesetzgeber aufgefordert wird, Sanktionsvorschriften entweder im Strafrecht oder im Ordnungswidrigkeitenrecht einzuführen". Aus seiner Sicht sei es nötig.
"Ich finde, man kann das nicht hinnehmen, dass da Punktehändler da sind, die sich ein Geschäft draus machen, den Staat vorzuführen", meint König. Die Justizministerkonferenz hat sich im Jahr 2018 schon einmal damit befasst und hat den Bundesjustizminister aufgefordert, Sanktionsvorschriften einzuführen. Dann haben Sie es 2022 nochmal beschlossen."
König: Täter umgehen teilweise Entzug des Führerscheins
Bis heute aber ist der Gesetzgeber nicht aktiv geworden, deshalb nun ein weiterer Versuch. Maßnahmen seien auch deshalb nötig, um die Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer zu gewährleisten, so König. "Wenn das ein Wiederholungstäter ist, der schon mehrfach wegen gewichtiger Verkehrsverfehlungen aufgefallen ist, dann entgeht er unter Umständen auch einer Entziehung der Fahrerlaubnis. So ist die Verkehrssicherheit dann schon auch gefährdet durch diese Machenschaften."
Bundesjustiz- und Bundesverkehrsministerium würden rechtliche Möglichkeiten momentan zumindest prüfen, sagt König. Und immerhin: Vom Deutschen Verkehrsgerichtstag seien in der Vergangenheit schon oft gewichtige Hinweise ausgegangen, die in der Praxis umgesetzt worden sind.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 24. Januar 2024 | 06:30 Uhr