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Grünen-Spitzenkandidat im Porträt Robert Habeck – der Hoffnungsvolle

07. Februar 2025, 07:56 Uhr

Als Wirtschaftsminister der Ampel hat es Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck im Wahlkampf nicht leicht. Er versucht, Inflation und Rezession in Deutschland zu erklären und warum die Energiewende trotzdem richtig ist.

Selbst manche Kritiker geben zu: Robert Habeck kann Politik erklären. Das ist kein Alleinstellungsmerkmal, aber ein vorteilhaftes Image. Jetzt hat sich der Bundeswirtschaftsminister aus dem Kabinett Scholz zum Kanzlerkandidaten seiner Partei aufstellen lassen. Mit der Kampagne "Kanzler werden, Mensch bleiben" und emotionalen Instagram-Videos will der Schleswig-Holsteiner einen anderen Politikstil verkörpern und vor allem auffallen. Dabei versucht Habeck einen Wahlkampf zu führen, der nicht nur die Versäumnisse der Ampel thematisiert.

Realo Habeck ist das Gesicht der Grünen

Kaum ein Politiker hat Bündnis 90/Die Grünen in den vergangenen Jahren so sehr geprägt wie er. Habeck hat schon so ziemlich jedes Amt in seiner Partei bekleidet. Vom Kreisvorsitzenden in Flensburg zum Fraktions- und Landesvorsitzenden der Grünen in Schleswig-Holstein hat sich Habeck schließlich zum Vorsitzenden der Bundestagsfraktion, dann zum Parteivorsitzenden und schließlich zum Wirtschaftsminister hochgearbeitet.

Politik zu gestalten, zu regieren in unterschiedlichsten Konstellationen, das hat Habeck gelernt. Er steht für grüne Realpolitik, die den Hardlinern in der Partei deutlich zu viele Kompromisse eingeht.

Kinderbuchautor und intimer Influencer

Robert Habeck
Auch für seinen Norweger-Pullover hat Robert Habeck viel Spott geerntet. Bildrechte: picture alliance/dpa | Axel Heimken

Der studierte Germanist, Philosoph und Vater von vier Kindern schreibt außerdem Kinderbücher. Das wird ihm vom politischen Gegner gerne als verweichlichter Charakterzug ausgelegt. Dessen ist sich Habeck bewusst und er versucht, seine weiche und emotionale Seite als Stärke zu setzen. Auf Instagram, X und TikTok präsentiert sich der Grünenchef sehr nahbar: An Küchentischen seiner potenziellen Wähler will er um Stimmen werben.

Habeck ist sich nicht zu maskulin für Freundschaftsbänder im Stile Taylor Swifts und auch nicht zu alt für Wortkreationen wie "Kanzler-Era", zu Deutsch Kanzlerära/-Phase. Mit intimen Selfievideos erklärt Habeck die grüne Politik von heute. Das soll jung und unverbraucht wirken. Kritikern ist das zu viel Anbiederei – wohlwissend, dass von Weidel über Söder und Scholz nahezu jeder bei Tiktok stattfindet. Die einen so, die anderen so.

Das "grüne Wirtschaftswunder" lässt auf sich warten

Habecks persönliche politische Bilanz lässt sich kaum von der Ampelkoalition trennen. Die Koalitionäre trauten sich viel zu, als sie vor dreieinhalb Jahren mit dem Anspruch antraten, vieles anzupacken, was in vergangenen Jahrzehnten liegen geblieben war. Von der Infrastruktur, über die Energieversorgung bis zur Klimapolitik sollte ein neuer Wind wehen. Habeck und Scholz versprachen gar ein "grünes Wirtschaftswunder", das jedoch auf sich warten lässt.

Alle Versuche, die deutsche Solarindustrie wiederzubeleben, scheiterten an der ausländischen Konkurrenz. Die deutsche Automobilbranche hat die Gelegenheit verspielt, konkurrenzfähig auf E-Autos zu setzen, während ihr die Ampel mit dem Streichen von Subventionen den letzten Strohhalm nahm. Die Wärmewende geriet dank Koalitionskrach zum wohl größten kommunikativen Desaster der Ampel. Klimaneutrales Bauen kam unter die Räder, diverse Ansiedlungen von Batterie- und Chipherstellern in Deutschland, sogenannten Schlüsselindustrien, schlugen fehl oder wurden auf Eis gelegt. Intel lässt grüßen.

Als Krisenmanager den Energiekollaps verhindert

Dabei sollte nicht unerwähnt bleiben, dass der russische Angriffskrieg auf die Ukraine sowohl energie- als auch wirtschaftspolitisch für Deutschland ein absolutes Fiasko darstellte und immer noch darstellt. Als größte Errungenschaft Habecks darf sein Krisenmanagement während der ausbleibenden russischen Gaslieferungen gelten. Die prophezeiten Stromausfälle traten nicht ein. Das ist auch Habeck zu verdanken.

Mit Investitionen aus der Krise

Habeck will, so sagt er, politische Themenfelder nicht gegeneinander ausspielen. Andere sagen, er will alles zugleich. Habeck will Wirtschaft, Sozial und Klimapolitik zusammen denken, sagt er. Das ist vor allem teuer und geht aus seiner Sicht nur dann, wenn die Schuldenbremse reformiert wird. Ginge es nach ihm, soll Deutschland durch Kreditaufnahmen seine Wirtschaft auf Vordermann bringen, die Energiewende sozialverträglich abfedern und mit Subventionen Kaufanreize für grüne Technologien schaffen.

Grüne als Kanzlermacher?

Die Grünen zeigten mit Habeck große Flexibilität in der Ampel. Das macht die Grünen auf jeden Fall für potenzielle Koalitionspartner interessant. Dass gerade die CSU vor der Wahl eine Zusammenarbeit mit den Grünen ausschließen will, darf nicht nur bei den Grünen als Wahltaktik verstanden werden.

Klar ist, Habeck genießt noch großen Rückhalt in seiner Partei und hat sogar den Bruch mit der Spitze der eigenen Jugendorganisation weitestgehend unbeschadet überstanden. Gut möglich, dass ihm seine Partei alles verzeiht. Vielleicht würde sie ihm sogar verzeihen, wenn die grüne "Kanzler-Era" nicht wie geplant 2026 startet.

Anmerkung der Redaktion Am 10. Februar spricht MDR AKTUELL Fernsehen mit Robert Habeck.

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR AKTUELL | 10. Februar 2025 | 19:30 Uhr

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