Syrische Frauen feiern, bei einer Kundgebung, ausgelassen das Ende des Assad-Regimes Assad, nach dem Machtwechsel in Syrien, auf dem Vorplatz des Hauptbahnhofs von Duisburg. 3 min
Das Assad-Regime ist Geschichte. Trotzdem trauen viele Geflüchtete dem Frieden in Syrien noch nicht und fühlen sich in Europa sicherer. (Bild aus Duisburg) Bildrechte: picture alliance / Jochen Tack
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Viele die jetzt in Mitteldeustchland leben haben in Syrien alles verloren

MDR AKTUELL Fr 07.02.2025 06:04Uhr 03:01 min

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Nach Assad-Sturz Syrer in Mitteldeutschland blicken zögerlich auf mögliche Rückkehr

07. Februar 2025, 06:47 Uhr

Rund zwei Monate ist es her, als islamistische Rebellen in die syrische Hauptstadt Damaskus eindrangen und das Regime stürzten. Weltweit feierten das rund sieben Millionen geflohene Syrer. Der Assad-Terror ist vorbei, jedoch ist die Lage nach wie vor instabil. Es ist unklar, wohin sich das Land mit den neuen Machthabern entwickeln wird. Wie groß ist bei den Syrern in Mitteldeutschland das Interesse, in dieser Zeit der Ungewissheit in die Heimat zurückzukehren?

Die Freude über das Ende des Assad-Regimes sei noch immer riesengroß, sagt der Syrer Saeed Saeed. Und er sei vorsichtig optimistisch, was die Zukunft Syriens anbelangt. Doch jetzt sofort in die Heimat zurückkehren? Man müsse abwarten: "Die meisten sind in Armut, es gibt kaum Strom oder Wasser, die Gesundheitsversorgung ist zusammengebrochen, viele haben ihre Häuser einfach verloren, haben ihre Familie verloren."

Rückkehr hängt auch von Heimatregionen ab

Saeed Saeed ist Mitglied im syrisch-deutschen Kulturverein und seit über fünf Jahren in Magdeburg zuhause. Der Verein hat 30 Mitglieder, die sich regelmäßig treffen und auch über die Frage reden, ob und wie man in die Heimat zurückkehren könne – und zwar eher mittel- und langfristig. Eine große Rolle spiele dabei auch, aus welcher Region oder Stadt man komme. Damaskus sei beispielsweise weniger zerstört als Homs oder Aleppo. Saeed Saeed erklärt, das Interesse, nach Syrien zu reisen, bestehe. Viele Menschen wollten sich einen Überblick verschaffen und hätten Kontakt zu Verwandten und Freunden, die in Syrien leben – die Situationen seien jedoch sehr individuell.

Geflüchtete zögern mit Ausreise

Viele Syrerinnen und Syrer in Deutschland zögern zurzeit noch, wieder zurückzukehren. Das legen auch die Statistiken nahe. In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen leben knapp 90.000 Syrer, die meisten gemessen an der Einwohnerzahl in Sachsen-Anhalt. Doch in Sachsen-Anhalt zum Beispiel hätten sich bislang gerade einmal 59 syrische Staatsangehörige gemeldet, um sich bei der Ausreise und finanzieller Unterstützung beraten zu lassen, teilt das Innenministerium mit. Ähnlich gering sei das Interesse in Thüringen, heißt es aus dem dortigen Ministerium für Migration.

Wichtig sei es daher jetzt, mit Syrern ins Gespräch zu kommen, sagt Geert Mackenroth, der Ausländerbeauftragte in Sachsen: "Wir wollen das genauer wissen. Erst dann, wenn man es weiß, kann man unterstützend tätig werden. Ich habe meine Fühler ausgestreckt zu den syrischen Communities und ich hoffe, dass wir uns demnächst treffen können, damit wir die Betreffenden selbst fragen: 'Wie ist eure Stimmung, wie sind eure Pläne?'"

Syrische Fachkräfte sind wichtig für den deutschen Arbeitsmarkt

Etwa 60 Prozent der geflohenen Syrer haben in Deutschland Arbeit gefunden, zeigen die Statistiken. Eine Rückkehr würde also oft bedeuten, den Job oder die Ausbildung aufgeben zu müssen. Umgekehrt würden viele Syrer auf dem Arbeitsmarkt auch fehlen, kehrten sie zurück, erklärt Geert Mackenroth: "Die Syrer sind oft gut ausgebildet, die zu uns gekommen sind. Es sind oft Akademiker, Ärzte und sie zeichnen sich aus, sich eine Perspektive aufbauen zu wollen. All das ist jetzt natürlich durch die Entwicklung in ihrem Heimatland sehr volatil geworden. Es gibt sicher viele, die erstmal abwarten, was die neue Regierung macht und ob es Verfolgung von Minderheiten gibt und Ähnliches."

Es gibt sicher viele, die erstmal abwarten, was die neue Regierung macht und ob es Verfolgung von Minderheiten gibt.

Geert Mackenroth Ausländerbeauftragter Sachsen

Viele Länder oder Kommunen versuchen mit einem sogenannten Startgeld Syrern einen Anreiz zu geben, in die Heimat zurückzukehren. Schon seit 2020 zahlt beispielsweise Sachsen-Anhalt bei freiwilliger Ausreise 1.000 Euro. Auch die Bundesregierung hatte nach dem Sturz des Assad-Regimes ein Programm aufgelegt und stellt ausreisepflichtigen, mittellosen Syrern bei einer Rückkehr 1.700 Euro in Aussicht. 

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 07. Februar 2025 | 06:00 Uhr

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