Neues Gesetz Höherer Abschlag für Apotheken
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30. Januar 2023, 13:16 Uhr
Alle Apotheken bekommen ab 1. Februar weniger Geld von den gesetzlichen Krankenversicherungen. Das Bundesgesundheitsministerium will damit ein Milliardendefizit kompensieren. Die Pharmaziebranche redet von einem schwarzen Tag für viele kleine Unternehmen.
Gesetz zur Behebung eines Milliardendefizits
Ab dem 1. Februar werden die Apotheken stärker zur Kasse gebeten. Dann greift eine neue Rabattregelung für Krankenkassen, die im neuen Gesetz zur finanziellen Stabilisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-FinStG) verankert wurde. Ziel ist es, im Gesundheitswesen an mehreren Stellen zu sparen.
Nötig ist das, weil nach zwei Corona-Jahren mit hohen Ausgaben die Bilanz der gesetzlichen Krankenversicherungen nach ihren eigenen Schätzungen ein Minus von 17 Milliarden Euro aufweist. Steigende Beiträge, höhere Steuerzuschüsse und ein Sparbeitrag der Pharmaindustrie sollen zur Entlastung beitragen.
Apotheker erbost über Abschlags-Anhebung
Der Kassenabschlag der Apotheken soll nach dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz ab Februar angehoben werden. Seit 2007 erhalten die Krankenkassen von den Apotheken auf verschreibungspflichtige Arzneimittel einen Kassenabschlag als Rabatt. Das Stabilisierungsgesetz setzt diesen nun von derzeit 1,77 Euro auf zwei Euro hoch. Diese Maßnahme gilt für die Jahre 2023 und 2024 und wird die Apotheken laut Berechnungen der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) mit rund 120 Millionen Euro pro Jahr belasten.
Friedemann Schmidt, Präsident der Sächsischen Landesapothekerkammer, ist sauer. "Mit diesem Gesetz bestraft Gesundheitsminister Lauterbach eigentlich diejenigen, die ihm in seinem ersten Amtsjahr den Hintern gerettet haben und das System durch die Corona-Pandemie gebracht haben", erklärte er auf Anfrage von "Hauptsache Gesund".
Gesundheitsministerium hält Anhebung für verhältnismäßig
Prof. Karl Lauterbach hatte noch im letzten September auf dem Deutschen Apothekertag betont, wie wichtig die Apotheken für das Gesundheitssystem sind. Schließlich wurden sie sogar in die Durchführung der Coronaschutzimpfungen einbezogen. Doch ausgerechnet daraus dreht das Bundesgesundheitsministerium den Pharmazeuten nun einen Strick.
"Die Apotheken haben im Rahmen der Pandemiebewältigung einen erheblichen Mehrumsatz im Jahr 2021 in Höhe von 2,5 Milliarden Euro erzielt", schreibt Ministeriumssprecher Sebastian Gülde an "Hauptsache Gesund". "Dieser ergibt sich aus der Vergütung von zusätzlichen Aufgaben, wie z. B. der Verteilung von FFP-2-Schutzmasken, der Durchführung von Testungen auf das Coronavirus und der Erstellung von Impf- und Genesenenzertifikaten. Insoweit wurde die Erhöhung des Apothekenabschlags als verhältnismäßig bewertet."
Die Apotheken haben im Rahmen der Pandemiebewältigung einen erheblichen Mehrumsatz im Jahr 2021 in Höhe von 2,5 Milliarden Euro erzielt. Insoweit wurde die Erhöhung des Apothekenabschlags als verhältnismäßig bewertet.
Pharmazeuten warnen vor Apothekensterben
In der Branche sieht man das aber gänzlich anders. Laut der ABDA hätten die Apotheken wegen Inflation, Energiekrise und Mehrarbeit wegen des Medikamentenmangels selbst Hilfe und Entlastung nötig. Das wurde deutlich bei Protest- und Streikaktionen in Hamburg, Schleswig-Holstein, Brandenburg und dem Saarland Endes letzten Jahres.
Auch Friedemann Schmidt warnt vor einem Aussterben der noch knapp über 18.000 deutschen Apotheken: "Zum Ende des dritten Quartals 2022 waren schon wieder 250 Apotheken deutschlandweit geschlossen worden. Das ist eine enorme Zahl. Wir liegen inzwischen, was die Versorgungsdichte mit Apotheken angeht, im unteren Drittel des europäischen Bereichs. Das wird sich jetzt beschleunigen dadurch, dass einfach wieder wirtschaftliche Mittel entzogen werden."
Wir liegen inzwischen, was die Versorgungsdichte mit Apotheken angeht, im unteren Drittel des europäischen Bereichs.
Bundesgesundheitsministerium: Flächendeckende Versorgung ist gewährleistet
Die Bundesregierung beobachtet die Entwicklung der Apothekendichte und eventuelle Auswirkungen auf die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung sehr aufmerksam. Doch nach Auffassung des Gesundheitsministeriums ist "die flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln derzeit gewährleistet."
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR um 11 | 17. November 2022 | 11:00 Uhr