Seit April 2024 Gemeinsames Elterngeld: Neue Regelungen verunsichern junge Eltern
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06. September 2024, 14:45 Uhr
Seit April können die Elterngeld-Monate nicht mehr flexibel zwischen Vätern und Müttern verteilt werden. Eltern können sich also nicht mehr gleichzeitig ums Kind kümmern. Das Bundesfamilienministerium begründet das mit mehr Gleichberechtigung. In der Praxis sehen Experten jedoch große Verunsicherung und weniger Freiheit bei jungen Eltern.
- Regelung seit April: Eltern können nur noch einen Monat gleichzeitig Elterngeld beziehen
- Bundesfamilienministerium argumentiert mit mehr Gleichberechtigung
- Kritik von Verbänden: Staat will durch Hintertür sparen
So war es bis April 2024: Für ein Neugeborenes konnten sich Eltern maximal 14 Monate nehmen, hatten während dieser Zeit Kündigungsschutz und bekamen Elterngeld. Wie sie diese 14 Monate unter sich aufteilen, konnte jedes Paar individuell entscheiden – also auch sieben Monate zusammen zu Hause bleiben. Doch wenn das Kind nach dem 31. März 2024 auf die Welt gekommen ist, ist das nicht mehr möglich.
Seit April dürfen Eltern nur noch einen Monat zusammen Elterngeld beziehen: "Ein gleichzeitiger Bezug von Basiselterngeld ist grundsätzlich nur noch maximal für einen Monat und nur innerhalb der ersten zwölf Lebensmonate des Kindes möglich", schreibt das Bundesfamilienministerium auf seiner Website.
Das "neue" Elterngeld
Beim Anspruch auf Elterngeld sinkt die Einkommensgrenze für Paare bei ab April 2024 geborenen Kindern von bisher 300.000 Euro zunächst auf 200.000 Euro. Ab April 2025 sind es dann noch 175.000 Euro. Für Alleinerziehende gelten ab April 2024 150.000 Euro. Hier liegt die Einkommensgrenze bisher bei 250.000 Euro.
Möglich sind nach dem Bundestagsbeschluss zwar weiter bis zu 14 Monate, in denen Elterngeld bezogen wird. Beide Elternteile können in den ersten zwölf Monaten aber nur noch einen Monat gemeinsam zuhause bleiben und beide Elterngeld beziehen. Ausnahmen gibt es zum Beispiel bei Früh- und Mehrlingsgeburten.
Warum diese neue Regelung? Ein Sprecher des Bundesfamilienministeriums schrieb MDR AKTUELL Anfang des Jahres: "Mit der Regelung soll eine langfristig partnerschaftliche Aufteilung von Sorgearbeit und Erwerbstätigkeit beider Elternteile gefördert werden. Väter sollen darin bestärkt werden, Elterngeldmonate abwechselnd mit der Partnerin zu beziehen. Dies ist auch aus gleichstellungspolitischen Gesichtspunkten sinnvoll."
Ministerium argumentiert mit Gleichberechtigung
Das Ministerium verweist auf Studien: Wenn Väter die Monate alleine nehmen, beteiligen sie sich langfristig mehr im Haushalt und in der Erziehung. Friedrich Förster, Vorsitzender vom Deutschen Familienverband Sachsen, gibt zu bedenken: "Es kann aber sein, dass eben durch so eine Regelung der Schuss nach hinten losgeht, wenn dann einfach der Ernährer, der ja meistens immer noch der Mann ist, länger wegfällt, als das in der Vergangenheit der Fall war."
Die Zeit würde dann nicht gerecht aufgeteilt, sondern Mütter würden die maximal zwölf Monate nehmen. Das befürchtet auch die freiberufliche Elterngeld-Beraterin Diana Leib: "Ich sehe das aus Beratungen mit den Eltern, dass das nicht der Realität entspricht. Die wenigsten Paare wollen es sich so radikal aufteilen, dass die Mutter zum Beispiel schon nach sechs bis sieben Monaten wieder arbeiten geht und insofern nützt es den Eltern auch gar nichts."
Kritik von Familienverbänden: Staat will sparen
Diana Leib vermutet eher, dass der Staat durch die neue Regelung Geld durch die Hintertür sparen möchte. Denn je komplizierter die Anträge würden, desto weniger Menschen könnten dieses Geld korrekt beantragen. Und der Staat könne darauf spekulieren, dass Väter auf einen Monat verzichten, wenn sie das Kind in der Zeit allein betreuen müssen: "Wenn er jetzt diesen zweiten Monat nicht mehr unterkriegt, dann hat sich der Staat bestenfalls den Höchstsatz von 1.800 Euro gespart."
Familienverbände sind dafür, die Elterngeld-Monate wieder freier regeln zu können. Für Familien, deren Kind seit April auf die Welt gekommen ist, hat Diana Leib aber noch einen Tipp, das Elterngeld zu strecken und so ein bisschen länger zusammen zu Hause zu bleiben: "Es gäbe die Lösung, dass der Vater statt Basis-Elterngeld in der Zeit ElterngeldPlus nimmt, dann natürlich nur den halben Auszahlungsbetrag bekommt über die doppelte Zeit und bleibt dann insgesamt drei Monate zu Hause." Gerade in den ersten drei Monaten brauche die Mutter oft die meiste Unterstützung von ihrem Partner.
Verunsicherung ist größer geworden
Diana Leib sagt im Gespräch mit MDR AKTUELL, dass sie unter ihren Kundinnen und Kunden eine größere Verunsicherung feststelle. Die vielen Regeln beim Elterngeld seien abschreckend. Sie wünscht sich für Eltern, dass sie sich flexibel Zeit nehmen können, auch gemeinsam für ihr neugeborenes Kind da zu sein. Und nicht nur im allerersten Monat: "Das ist eine sehr besondere Zeit, die nicht wieder kommt", sagt sie. Die Wahlfreiheit solle zurückkehren und nicht weiter eingeschränkt werden, fordert sie.
Mehr zum Bundestagsbeschluss:
Beim Anspruch auf Elterngeld sinkt die Einkommensgrenze für Paare bei ab April 2024 geborenen Kindern von bisher 300.000 Euro zunächst auf 200.000 Euro. Ab April 2025 sind es dann noch 175.000 Euro. Für Alleinerziehende gelten ab April 2024 150.000 Euro. Hier liegt die Einkommensgrenze bisher bei 250.000 Euro.
Möglich sind nach dem Bundestagsbeschluss zwar weiter bis zu 14 Monate, in denen Elterngeld bezogen wird. Beide Elternteile können in den ersten zwölf Monaten aber nur noch einen Monat gemeinsam zuhause bleiben und beide Elterngeld beziehen. Ausnahmen gibt es zum Beispiel bei Früh- und Mehrlingsgeburten.
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MDR, mit Material von dpa
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 23. Dezember 2023 | 06:18 Uhr