Flucht und Migration Bund gibt kein zusätzliches Geld zur Unterbringung Geflüchteter

16. Februar 2023, 22:14 Uhr

Der Hilferuf vieler Kommunen wurde vom Bund nicht erhört. Sie und die Länder erhalten zunächst nicht mehr Geld vom Bund für die Unterbringung Geflüchteter. Bei einem Spitzentreffen vereinbarten alle Beteiligten eine bessere Zusammenarbeit. Um Ostern soll es ein weiteres Treffen geben, an dem auch Bundeskanzler Scholz teilnehmen wird. Dann soll auch neue Vorschläge zur Unterbringung von Geflüchteten geben.

Der Bund will Ländern und Kommunen vorerst keine weiteren finanziellen Mittel für die Unterbringung Geflüchteter bereitstellen. Das sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser nach dem Flüchtlingsgipfel mit Vertretern der Länder der kommunalen Spitzenverbände.

Weiterer Flüchtlingsgipfel um Ostern

Faeser sagte, es bleibe bei dem vom Bund zugesagten 2,75 Milliarden Euro für dieses Jahr. Eine konkrete Begründung lieferte sie nicht. Sie kündigte für die Zeit um Ostern ein weiteres Gespräch über mögliche zusätzliche Finanzhilfen des Bundes an. An dem Treffen werde dann auch Bundeskanzler Olaf Scholz teilnehmen.

Faeser sagte, es sei bei dem Treffen gelungen, dass sich Bund, Länder und Kommunen erstmals auf feste Arbeitsstrukturen geeinigt hätten. Zudem hätten sie eine bessere Abstimmung zur Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen vereinbart. Faeser kündigte ein "Digitales Dashboard" an, mit dem die aktuelle Zahl Geflüchteter in den Regionen jederzeit nachvollziehbar sei.

Ein gemeinsames Gremium soll bis zum erneuten Treffen um Ostern auch Vorschläge zur Unterbringung von Geflüchteten und deren besserer Integration auch in den Arbeitsmarkt sowie zur Entlastung von Ausländerbehörden vorlegen.

Darüber hinaus versprach Faeser stärkere Kontrollen an bundesdeutschen Grenzen. Sie will sich außerdem dafür einsetzen, dass Geflüchtete innerhalb Europas besser verteilt werden.

Kommunen und Opposition enttäuscht von Flüchtlingsgipfel

Kommunen und Opposition haben sich enttäuscht über den Flüchtlichsgipfel geäußert. Der Präsident des Deutschen Landkreistages, Reinhard Sager, sagte, dass man gut eineinhalb Stunden länger als geplant beraten habe, heiße nicht, dass es hervorragende Ergebnisse gebe. Das sei leider nicht der Fall.

Die Kommunen müssten zwar weiter mehr Geflüchtete aufnehmen, es gebe aber nicht mehr Geld. Sager erklärte, der Druck auf die Kommunen werde täglich größer. Wohnraum sei begrenzt, und es werde immer schwieriger, ehrenamtliche Helferinnen und Helfer zu finden.

Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm, sagte MDR AKTUELL, zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate sei ein solches Treffen gescheitert. Länder und Kommunen blieben damit weiter in einer Notsituation.

Enttäuschung auch in Sachsen und Sachsen-Anhalt

Auch Sachsen-Anhalt und Sachsen reagierten enttäuscht auf die Ergebnisse des Flüchtlingsgipfels. Die sachsen-anhaltische Innenministerin Tamara Zieschang sagte dem MDR, das Treffen lasse sie ein wenig ratlos zurück. Trotz stundenlanger Beratungen habe es wenig bis nichts Greifbares gegeben.

Zieschangs sächsischer Amtskollege Armin Schuster kritisierte, dass Bundesinnenministerin Faeser keine klaren Zusagen gegeben habe. Er vermisse vor allem klare Signale für eine Begrenzung der Migration.

Die Thüringer Migrationsministerin Doreen Denstädt bewertete es allerdings positiv, das auch Themen wie Bildung, Kitas und Ausbildung besprochen wurden. So sei alles, was zur Integration wichtig sei, gleich mit aufs Tableau gehoben worden.

Faeser reagiert mit Gipfel auf Hilferuf aus den Kommunen

Faeser hatte die Vertreter der Länder und der kommunalen Spitzenverbände eingeladen, um mit ihnen über die Unterbringung und Versorgung von Asylbewerbern und Flüchtlingen zu sprechen. Sie reagierte damit auch auf Hilferufe aus einigen Kommunen.

Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine waren 2022 mehr als eine Million Menschen aus dem Kriegsgebiet nach Deutschland gekommen. Darüber hinaus beantragten hier im vergangenen Jahr rund 220.000 Menschen aus anderen Staaten erstmals Asyl – so viele wie seit 2016 nicht.

Kritik am "Verschiebebahnhof der Verantwortungslosigkeit"

Der Chef des Beamtenbunds dbb, Ulrich Silberbach, hatte vor dem Treffen den "Verschiebebahnhof der Verantwortungslosigkeit" zwischen Bund, Ländern und Kommunen kritisiert. Er sagte: "Es ist unterirdisch, wie sich die politisch Verantwortlichen bei diesem Thema immer wieder gegenseitig den Schwarzen Peter zuschieben, anstatt gemeinsam an einem Strang zu ziehen."

Filiz Polat, Migrationsexpertin der Bundestagsfraktion der Grünen, sagte, vom Flüchtlingsgipfel müsse ein Zeichen der gesamtstaatlichen Verantwortung seitens des Bundes und der Länder zur Unterstützung der Kommunen kommen. Es dürfe nicht nur um die Aufnahme und Verteilung von Geflüchteten gehen, sondern auch um Integration.

Veränderte Migrationspolitik gefordert

Um die Unterbringung von Geflüchteten zu verbessern, fordert der Deutsche Städte- und Gemeindebund Änderungen in der Migrationspolitik. Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg sagte MDR AKTUELL, die Länder müssten die Plätze in den Erstaufnahmeeinrichtungen erweitern. Auch der Bund müsse mehr Platz für Geflüchtete schaffen und den langfristig vorhalten.

Landsberg sprach sich zudem dafür aus, dass die Bundesregierung die illegale Migration nach Europa begrenzen müsse. Es sei ohnehin schwer abzuschätzen, wie viele Menschen noch nach Deutschland kommen würden. Die Unterbringung von Geflüchteten sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die Bund und Länder auskömmlich finanzieren müssten. Der Aufgabe kämen sie jedoch aktuell nicht nach.

MDR, dpa, AFP, epd (isc,jks)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL | 16. Februar 2023 | 16:00 Uhr

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