Verkehr Sind die Strafen bei Alkoholfahrten mit E-Scootern zu hoch?

25. Januar 2023, 05:00 Uhr

In Goslar startet am Mittwoch der Deutsche Verkehrsgerichtstag: eine Konferenz, die großen Einfluss auf politische Entscheidungen zum Straßenverkehrsrecht hat. Ein Thema werden in diesem Jahr E-Scooter sein. Denn mit diesen gab es in letzter Zeit vermehrt Unfälle, häufig unter Alkoholeinfluss. Deswegen gibt es harte Strafen für betrunkene E-Scooter-Fahrer. In Goslar könnten jetzt aber die Weichen dafür gestellt werden, dass die Strafen reduziert werden.

Klar, wer Alkohol getrunken hat, sollte sich nicht mehr ins Auto oder auf das Motorrad setzen. Wer stattdessen auf einen E-Scooter umsteigen will, sollte sich das gut überlegen – jedenfalls dann, wenn ihm oder ihr die Fahrerlaubnis lieb und teuer ist. Denn ob nun Lenkrad oder Lenkstange: Die Strafen sind die gleichen. Und das sollte nicht so sein, bemängelt der ADAC.

Sprecherin Katrin van Randenborgh fragt mit Blick auf die Konferenz in Goslar: "Ist es nicht vielleicht unangemessen, einen E-Scooter-Fahrer, der aufs Auto verzichtet hat, anders zu behandeln, als einen Fahrradfahrer, der das tut?"

Unklarheit bei Unterscheidung zwischen E-Scootern und Autos

Denn die Unterschiede sind erheblich. Und zwar insbesondere, wenn es um die absolute Fahruntüchtigkeit geht. Bei Radfahrern liegt sie bei 1,6 Promille vor, bei E-Roller-Fahrern wie Autofahrern dagegen schon bei 1,1 Promille. "Sie haben tatsächlich ein riesiges Problem, wenn sie mit 1,1 Promille unterwegs sind auf einem E-Scooter und angehalten werden, weil ihnen dann ein Führerscheinentzug droht. Also mit 1,1 Promille wird ihnen der Führerschein fürs Auto weggenommen, auch durchaus für einen längeren Zeitraum. Nämlich sechs oder zwölf Monate und sie müssen eine MPU machen, um wieder Autofahren zu dürfen." Also eine medizinisch-psychologische Untersuchung. Autos und Scooter auf die gleiche Stufe zu stellen, sei nicht angemessen, sagt van Randeborgh.

Und genau um diese Frage geht es auch in Goslar: Kann und sollte man diese Promillegrenze vom Auto auf die E-Scooter übertragen? Dass die Frage noch nicht beantwortet ist, liegt laut Siegfried Brockmann am Strafgesetzbuch. Brockmann ist Leiter der Unfallforschung der Versicherer und Präsidiumsmitglied im Deutschen Verkehrssicherheitsrat. Er sagt, das Gesetz sei in dieser Frage denkbar unscharf: "Es handelt nämlich erstmal von Fahrzeugen. Und das bedeutet, es handelt auch von Fahrrädern – und es hat überhaupt keine konkrete Grenze als Wert eingetragen."

Deutscher Verkehrssicherheitsrat fordert mehr wissenschaftliche Gutachten

In Bezug auf Autofahrer habe sich der Grenzwert von 1,1 in der Rechtsprechung über Jahre entwickelt, aufgrund von wissenschaftlichen Gutachten und Stellungnahmen. "Für den Scooter haben wir solche Werte aber überhaupt noch gar nicht, weil es ein viel zu neues Verkehrsmittel ist. Und deswegen kann man sich schon die Frage stellen: Ist das eigentlich eher dem Auto zuzuordnen oder ist es zum Beispiel eher sowas wie ein Pedelec? Denn für ein Pedelec gelten ja in der Rechtsprechung, im Strafgesetz, 1,6 Promille." Und so lautet Brockmanns Appell: Es braucht wissenschaftliche Gutachten und Fahrversuche, um die tatsächliche Grenze für die absolute Fahruntüchtigkeit bei E-Scootern zu finden.

Eines ist aber sicher: Selbst wenn die drakonischen Strafen abgeschwächt werden sollten, gelten für die E-Roller-Fahrer weiterhin schärfere Regeln, als für Rad- oder Pedelec-Fahrer. Denn anders als im Strafgesetz ist die Einordnung der Roller im Straßenverkehrsgesetz ganz klar. Weil sie nicht von Muskelkraft, sondern durch einen Motor angetrieben werden, gelten sie als Kraftfahrzeug. Hier gilt: Wer mit 0,5 Promille erwischt wird, ist für einen Monat seinen Führerschein und mindestens 500 Euro los. Dazu gibt es zwei Punkte in Flensburg.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 25. Januar 2023 | 06:00 Uhr

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