SPD-Spitzenkandidat im Porträt Olaf Scholz – der Nüchterne

07. Februar 2025, 13:25 Uhr

In der Sozialpolitik hat Olaf Scholz viele Versprechen eingelöst. Darauf baut er auch jetzt. Die Krise der Wirtschaft wird dem Kanzler jedoch angelastet. Wie schon 2021traut ihm kaum jemand den Wahlsieg zu.

MDR AKTUELL Mitarbeiter Alexander Laboda
Bildrechte: MDR/punctum.Fotografie/Alexander Schmidt

Mit Olaf Scholz' Wahlsieg rechnete vor der vergangenen Bundestagswahl kaum jemand. Der heute 66-Jährige war 2021 in den Umfragen abgeschlagen. Erst auf den letzten Metern schob er sich mit der SPD an die Spitze.

Verschiedene Wahlplakate
Wahlplakate vom vergangenen Bundestagswahlkampf 2021. Bildrechte: picture alliance/ASSOCIATED PRESS/Markus Schreiber

Ein Überraschungscoup, den Wohlmeinende zurückführen auf seinen nüchternen Stil, sein Krisenmanagment in Finanz- und Corona-Krise sowie seine große politische Erfahrung. Stark ins Gewicht dürften aber auch Fehltritte seiner Konkurrenten gefallen sein, die unter anderem an der falschen Stelle lachten (Armin Laschet, CDU) oder mehrfach ihren Lebenslauf korrigieren mussten (Annalena Baerbock, Grüne).

Ein weiterer Erfolgsfaktor: Scholz überzeugte seinerzeit die Wählerschaft in Ostdeutschland. In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen legte die SPD im Vergleich zur Bundestagswahl 2017 jeweils um rund zehn Prozentpunkte zu. In Sachsen-Anhalt wurde die SPD mit 25,4 Prozent sogar stärkste Kraft – fast drei Mal so stark wie bei der Landtagswahl nur wenige Monate zuvor.

"Scholzomat" im Umfragetief

Dreieinhalb Jahre und einen Ampel-Bruch später ist die Ausgangslage ähnlich. Wieder liegt Scholz in den Umfragen hinten. Dem Bundeskanzler traut kaum jemand zu, das Amt zu verteidigen.

Bundeskanzler Olaf Scholz (r/SPD) schaut auf Christian Lindner (FDP), ehemaliger Bundesminister der Finanzen im Schloss Bellevue.
Olaf Scholz und Christian Linder bei dessen Entlassung als Finanzminister. Bildrechte: picture alliance/dpa | Christoph Soeder

Dem nüchternen Politikstil und der verklausulierten Sprache blieb der "Scholzomat" treu. Fehlende Kommunikation und mangelnde Führungsstärke zählten in den vergangenen Jahren zu den häufigsten Kritikpunkten. Nicht wenige rieben sich beim Ampel-Aus die Augen, als Scholz bei der Entlassung von FDP-Chef Christian Lindner als Finanzminister ausnahmsweise Klartext redete ("Zu oft hat er kleinkariert parteipolitisch taktiert.").

Inhaltlich setzt der "konservative Sozialdemokrat", wie "Die Welt" ihn einmal genannt hat, zudem ähnliche Schwerpunkte wie im vergangenen Wahlkampf. Wieder rückt er sozialpolitische Themen in den Vordergrund: So soll der Mindestlohn auf 15 Euro steigen, die Rente stabil gehalten werden und der Mehrwertsteuersatz für Lebensmittel sinken.

In Hinblick auf solche sozialpolitischen Wahlversprechen hat Scholz in seiner Zeit als Regierungschef geliefert. Die Ampel reformierte etwa das Hartz-IV-System zum Bürgergeld und erhöhte den Mindestlohn gesetzlich auf 12 Euro. Beides kam Bürgerinnen und Bürgern im Osten besonders zugute, weil hier die Löhne vergleichsweise niedrig und die Arbeitslosenquote relativ hoch ist. Zudem erhöhte Scholz, der mit seiner langjährigen Ehefrau Britta Ernst selbst keine Kinder hat, mehrfach das Kindergeld und weitete das Wohngeld aus.

Gesicht der Krise

Mindestens einen großen Unterschied zum Wahlkampf vor knapp vier Jahren gibt es indes. Scholz kommt nicht daher als Manager der Corona-Krise ("Bazooka" nannte Scholz sein Rettungspaket), sondern als Gesicht der Krise. Seine Regierung brachte er als Kanzler in der Finanzpolitik nie auf eine Linie. Den Konflikt um das Überschreiten der Schuldenbremse, was er persönlich befürwortet, löste er bis zum großen Knall am Ende nicht.

Auch deshalb schrumpft in Deutschland die Wirtschaft. Als Scholz' Regierung die Förderung für E-Autos strich, wirkte das als Katalysator für den Abwärtstrend in der Branche. Es fehlten die Mittel, um die Energiepreise dauerhaft abzusenken. Und auch für große staatliche Investitionsprogramme war kein Geld da. Andererseits scheiterten Ansiedlungen, für die Milliarden eingeplant wurden, etwa bei Intel in Magdeburg.

Auch beim Setzen von wirtschaftlichen Rahmenbedingungen war die Regierung Scholz oft nicht erfolgreich. Die Zusage von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr hielt seine eigens ernannte Bauministerin Klara Geywitz bei Weitem nicht ein. Die Lohnnebenkosten steigen, weil die Kosten im Gesundheitswesen aus dem Ruder laufen. In diesem Wahlkampf verspricht Scholz beschleunigte Verfahren und weniger Bürokratie. Das stellte er auch 2021 mit dem "Deutschlandtempo" in Aussicht.

Ende einer langen politischen Karriere?

Olaf Scholz verfügt über extrem viel Regierungserfahrung. Schon unter Gerhard Schröder war er ab 2002 SPD-Generalsekretär und ab 2007 Bundesarbeitsminister, später wählten ihn die Hamburger zweimal zum Regierenden Bürgermeister, ehe er als Finanzminister wieder nach Berlin wechselte. Diese lange politische Karriere könnte am 23. Februar enden. Denn eines hat der gebürtige Osnabrücker und Wahl-Potsdamer klargestellt: In ein Kabinett unter einem Bundeskanzler Friedrich Merz wird er nicht eintreten.

Für die SPD könnte eine erneute Große Koalition mit der Union hingegen eine Machtoption sein – dann womöglich mit Boris Pistorius als Vize-Kanzler. Der Verteidigungsminister erfreut sich wesentlich größerer Popularität als Scholz. Viele, auch in der SPD, hätten ihn anstelle des Amtsinhabers gerne schon jetzt als Spitzenkandidaten der Sozialdemokraten gesehen. Ein erneuter Überraschungscoup von Scholz ist gleichwohl nicht ausgeschlossen.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 23. Februar 2025 | 18:00 Uhr

Mehr aus Politik

Mehr aus Deutschland

Schüler lassen sich Wahlzettel für die U18 Wahl aushändigen 2 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Schwedisches Patrouillenschiff 3 min
Bildrechte: Mitteldeutscher Rundfunk