Bundesregierung Finanzwissenschaftler Knabe: "Keine Schulden für Sanierungen"
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18. März 2025, 16:02 Uhr
Der Bundestag hat das größte Schuldenprogramm in der Geschichte der Bundesrepublik verabschiedet. Das Geld soll für Verteidigung, Infrastruktur und für Klimaschutz ausgegeben werden. Das ist kein "Doppelwumms" mehr, sondern ein "Zehnfachwumms". Bezahlen müssen das womöglich zukünftige Generationen. Und das ist nicht der einzige Kritikpunkt. Uli Wittstock hat mit Professor Andreas Knabe von der Otto-von-Guericke-Universität gesprochen.
Wer Donald Duck gelesen hat, der kennt das Problem des Schuldenmachens. Immer wenn der arme Donald Geld braucht, dann bittet er seinen reichen Onkel Dagobert um Hilfe. Weil er aber das Geld nicht zurückzahlen kann, muss er dann für Dagobert Frondienst leisten, meist unterstützt von Donalds Neffen Tick, Trick und Track. Aktuell befindet sich der Bundestagswahlsieger Friedrich Merz (CDU) in der Situation des armen Donald.
Die neue Bundesregierung braucht "Fantastilliarden", um angemessen auf die aktuelle Weltlage reagieren zu können. Das man deshalb aber nun per Grundgesetzänderung die Schuldenbremse aufweicht, ist für den Finanzwissenschaftler Professor Andreas Knabe keine gute Idee: "Es ist wichtig, dass der Staat zu jeder Zeit handlungsfähig ist. Und deswegen ist es in einer akuten Notlage auch sinnvoll, kurzfristig Schulden aufzunehmen." Das aber ermögliche die Schuldenbremse bereits jetzt. Allerdings stellt sich die Frage, was eine Krise ist.
Kreative Verlängerung der Corona-Krise
Sachsen-Anhalts Landtag hat zum Beispiel für dieses Jahr die Corona-Krise verlängert, um zusätzliche Schulden machen zu können. Andreas Knabe sieht im Bereich der Rüstung durchaus die Notwendigkeit, zusätzliche Schulden aufzunehmen: "Es darf international keinen Zweifel geben, dass in Europa der Wille da ist, alles zu tun, um verteidigungsfähig zu sein. Das könnte man als Notlage auffassen." Deshalb sei es sinnvoll, kurzfristig eine Schuldenfinanzierung zu nutzen.
Allerdings warnt der Finanzexperte vor einer Hintertür in der geplanten Reform der Schuldenbremse. Denn da ist ja festgeschrieben, dass Militärausgaben, die über einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen, auf Pump finanziert werden sollen. Für Andreas Knabe der falsche Weg: "Diese Mittel müssen aus dem laufenden Haushalt kommen und können nicht dauerhaft über Schulden finanziert werden." Der Ökonom hält es allerdings langfristig für wünschenswert, an einer stabilen Sicherheitsarchitektur in Europa und weltweit zu arbeiten, sodass es wieder zu mehr Abrüstung kommen kann.
"Sanierung nicht durch Schulden finanzieren"
Dass in Magdeburg die Brücken der Stadtautobahn marode sind, ist keine neue Erkenntnis. Die offizielle Standfestigkeit lief zur Jahrtausendwende aus. Seitdem konnte sich kein Stadtrat dazu entschließen, die Brücken zu sanieren. Stattdessen wurde das Geld an anderen Stellen verbraucht. Dies ist in Deutschland kein Einzelfall, sondern die Regel.
Professor Andreas Knabe kritisiert, dass nun die Sanierung per Schulden finanziert werden soll: "Wir müssen jedes Jahr Straßen und Brücken sanieren, jedes Jahr die Schulen instand zu halten und dafür muss eben regelmäßig im Haushalt entsprechende Mittel vorgesehen werden." Und im Gegensatz zur Verteidigung liege derzeit keine Notlage vor, denn am Zustand einzelner Straßen oder Brücken hänge nicht die Funktionsfähigkeit der ganzen Bundesrepublik.
Knabe ergänzt: "Das was wir an öffentlicher Infrastruktur verbrauchen, der regelmäßige Verschleiß, der muss aus dem laufenden Haushalt finanziert werden, sodass wir zukünftigen Generationen zumindest den gleichen Bestand hinterlassen, den wir selbst bekommen haben." Das habe man in Deutschland sträflich vernachlässigt.
Schulden mit politischen Folgekosten
Das Ende der DDR zeigte ja deutlich, wohin es führt, wenn man mit teuren Sozial- und Wohnungsbauprogrammen ein Land finanziell überfordert. Professor Andreas Knabe verweist jedoch auf weitere Probleme, in Folge einer falschen Finanzpolitik: "Solche Schulden erzeugen steigende Preise und können dann zu Inflationen und Kaufkraftverlust an anderer Stelle führen." Ein Effekt, den man ja in den letzten Jahren hinreichend beobachten konnte.
Sicherlich werden die Milliarden für die Infrastruktur die Bauwirtschaft beflügeln, doch der Fachkräftemangel könnte zu steigenden Löhnen führen, was steigende Kosten zur Folge hat. Für Andreas Knabe gibt es finanzpolitisch eine zentrale Herausforderung: "Die Aufgabe der Politik besteht darin, Prioritäten zu setzen. Und nicht so zu tun, als könne man einfach alles über Schulden finanzieren. Das fällt einem langfristig auf die Füße." Allerdings ist das eben mit ziemlichem Stress für die Politik verbunden, denn letztendlich geht es um Verteilungsdebatten. Die werden in Deutschland äußerst ungern geführt.
MDR (Uli Wittstock, Oliver Leiste, Marius Rudolph)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 18. März 2025 | 05:00 Uhr
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