Friedrich Merz Porträt
Friedrich Merz ist der Kanzlerkandidat der Union. Bildrechte: picture alliance / photothek.de | Florian Gaertner

CDU-Spitzenkandidat im Porträt Friedrich Merz – der Impulsive

07. Februar 2025, 13:27 Uhr

Nach Jahrzehnten in der Politik ist das Kanzleramt für Friedrich Merz zum Greifen nah. Mit seiner Hartnäckigkeit hat er sich selbst in Position und die CDU auf Linie gebracht. Es scheint, als könne ihm nicht einmal die eigene Impulsivität im Weg stehen.

Elisabeth Winkler
Bildrechte: Richard Richter

Friedrich Merz hätte die Füße stillhalten können. Seit Wochen liegt die CDU in den Umfragen weit vor ihren Konkurrenten. Die gesellschaftliche Unzufriedenheit mit den Ampel-Parteien ist so groß, dass der CDU-Chef gute Chancen hatte, auf leisen Sohlen seinen Weg ins Kanzleramt zu gehen.

Doch nach dem Angriff von Aschaffenburg hat er sich anders entschieden: Ein afghanischer Geflüchteter, eigentlich ausreisepflichtig, tötete einen zweijährigen Jungen und einen Mann, der dem Kind helfen wollte. Es war eine Tat, die Parteifreunden zufolge auch Friedrich Merz, selbst siebenfacher Großvater, eiskalt erwischt haben soll.

Die Konsequenz: Ein Antrag der Union im Bundestag zur Verschärfung der Migrationspolitik, von dem Merz erklärte, man werde ihn einbringen, "unabhängig davon, wer zustimmt". Der CDU-Chef nahm eine Mehrheit mit der AfD in Kauf und konnte wenige Tage später nur noch sein Bedauern ausdrücken, als er sie bekam.

Friedrich Merz: Vom Sprechen und Zurückrudern

Friedrich Merz ist ein Mann mit klarer Haltung. Dazu gehörte bisher auch, niemals mit der AfD gemeinsame Sache zu machen. Ein Bild, das er in den vergangenen zwei Jahren mit wiederholten vehementen Absagen an eine Zusammenarbeit mit der AfD selbst aufgebaut hat. Ein Bild, das nun einen Riss hat.

Politische Beobachter interpretieren Merz' Handeln als einen Versuch, der AfD ihr Thema wegzunehmen. Das ging nach hinten los. Und Merz wirkt wie einer, der macht – im Zweifelsfall auch bevor er zuende gedacht hat. Im Wahlkampf hat ihm das dennoch nicht geschadet, wie der ARD-Deutschlandtrend vom 06. Februar zeigt.

Das hat sich auch schon mehrfach in seiner Rhetorik gezeigt: 2023 bezeichnete er Kinder mit Migrationshintergrund als "kleine Paschas" und sprach im Zusammenhang mit ukrainischen Geflüchteten von "Sozialtourismus". Später entschuldigte er sich dafür. Dennoch erntete er deutliche Kritik: Seine Ausdrucksweise sei populistisch, hieß es nicht nur von politischen Gegnern, sondern auch aus der eigenen Partei.

Stellt sich die Frage, wie gut diese Impulsivität im Sprechen und Handeln, gepaart mit dem harten Führungs-Ton, den er auch Parteikollegen gegenüber anschlägt, in einer Regierungskoalition funktionieren wird. Dort braucht es schließlich Kompromisse und vor allem Vertrauen. Zumal Merz Regierungserfahrung fehlt. Er hatte noch nie ein Ministeramt inne, war weder Mitglied eines Kabinetts noch hat er eines geführt.

Von der Politik in die Wirtschaft und zurück

Angela Merkel blickt auf Friedrich Merz.
Die Antipathie zwischen Friedrich Merz und Angela Merkel ist ein offenes Geheimnis. Bildrechte: picture alliance / Flashpic | Jens Krick

Dennoch kann man dem 69-Jährigen die Politik-Erfahrung nicht absprechen. Schon als Schüler trat er in die Junge Union ein, 1989 bis 1994 war er Abgeordneter im Europa-Parlament, 1994 bis 2009 Mitglied des Deutschen Bundestages – zwei Jahre davon Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion. Bis ihm Angela Merkel nach der Bundestagswahl 2002 das Amt abnahm und so zur nächsten Kanzlerkandidatin der Partei wurde. Vier Jahre später begann die Ära Merkel und Merz verließ 2009 die Politik gen Wirtschaft. Er arbeitete etwa im Aufsichtsrat des weltgrößten Vermögensverwalters BlackRock.

Aber Friedrich Merz hat einen langen Atem: 2018, als Merkels politischer Stern zu sinken begann, kehrte er in die Politik zurück und stellte bald seinen, von Merkel attestierten, "unbedingten Willen zur Macht" unter Beweis. Es brauchte drei Anläufe, aber 2022 wurde der studierte Jurist schließlich zum CDU-Vorsitzenden gewählt.

Die CDU auf konservativer Linie

Merz hat seine Zeit als Oppositionsführer dafür genutzt, die CDU auf seine – konservative – Linie zu bringen. Als die Partei im Mai ihr neues Grundsatzprogramm beschloss, vollzog sie den endgültigen Bruch mit der Ära Merkel und vollführte inhaltlich eine Rolle rückwärts: Rückkehr zu Atomkraft, Wiedereinführung der Wehrpflicht, eine "Agenda für die Fleißigen".

Ein weiterer zentraler Punkt: die "Deutsche Leitkultur" – ein Begriff, den Friedrich Merz bereits im Jahr 2000 prägte, als er in einer Bundestagsrede forderte, dass Migranten sich einer "gewachsenen, freiheitlichen deutschen Leitkultur anpassen" sollten. Damals war das sein Gegenmodell zur "multikulturellen Gesellschaft", heute ist es in der CDU Grundsatz – zusammen mit einer Asylpolitik, die die Aufnahme Schutzsuchender in Deutschland entschieden einschränkt.

Ihren Führungsanspruch begründet die CDU unter Merz auch mit ihrer selbst attestierten Wirtschaftskompetenz und der aktuellen Konjunkturflaute. Versprechen, die Wirtschaftskraft wieder anzukurbeln, dürften gerade im Osten Deutschlands verfangen. Die Reserven des Mittelstands sind hier kleiner und die Angst, den nach der Wiedervereinigung mühsam erstrittenen Wohlstand wieder zu verlieren ist virulent.

Wolodymyr Selenskyj und Friedrich Merz reichen sich die Hand.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und Friedrich Merz reichen sich die Hand. Bildrechte: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Efrem Lukatsky

Die finanziellen und militärischen Hilfen für die Ukraine wiederum, an denen die Union festhält, sehen gerade im Osten viele Menschen kritisch. Merz, einst entschiedener Verfechter von Taurus-Lieferungen, hat hier seinen Ton bereits im vergangenen Sommer, vor den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen, gemäßigt.

Insgesamt ist Merz im Land nicht besonders beliebt. Besonders bei Frauen sind seine Umfragewerte unterirdisch, ein Bündnis mit dem Namen "Frauen gegen Merz" hat auf Instagram 85.000 Abonnentinnen. Doch im Osten schätzt man ihn zumindest mehr als seine Vorgänger Armin Laschet und Annegret Kramp-Karrenbauer. Und in den vergangenen Wochen sind seine Umfragewerte insgesamt gestiegen. Ob das reicht, wird sich am 23. Februar zeigen.

Anmerkung der Redaktion Am 18. Februar spricht MDR AKTUELL Fernsehen mit Friedrich Merz.

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR AKTUELL | 18. Februar 2025 | 19:30 Uhr

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