Reporter Tobias Baader berichtet vom Elbufer in Dresden. 8 min
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Extremwetter Zahl der Hochwasser-Toten in Nachbarländern steigt auf 22

17. September 2024, 21:26 Uhr

In den europäischen Hochwassergebieten ist die Zahl der Todesopfer auf mindestens 22 gestiegen. In Österreich und Polen sind weitere Menschen ums Leben gekommen. Bundeskanzler Olaf Scholz sagte, die Berichte aus den betroffenen Gebieten seien bedrückend. Er versprach den Nachbarstaaten Unterstützung. Hierzulande wird das Hochwasser allem Anschein nach nicht so schlimm wie noch vor einigen Tagen befürchtet.

Die Hochwasserlage in Deutschlands Nachbarländern bleibt dramatisch: In weiten Teilen des Katastrophengebiets, das von Rumänien, Polen über Tschechien bis Österreich reicht, herrscht Land unter. Straßen und Felder sind überschwemmt, Keller und Häuser vollgelaufen, Dämme und Deiche teilweise zerstört. Bisher kamen nach Behördenangaben mindestens 22 Menschen ums Leben. In Rumänien starben durch das Hochwasser sieben Menschen im Osten des Landes. In Tschechien wurden inzwischen drei Tote bestätigt, in Polen sieben. In Österreich wurden bislang fünf Todesopfer entdeckt.

Die Bundesregierung bot Polen und den anderen von Hochwasser betroffenen Ländern in der Nachbarschaft Deutschlands technische Unterstützung an. Einsatzkräfte des Technischen Hilfswerks (THW) in Deutschland stünden "bereit, um sofort zu unterstützen, wenn Hilfe angefordert wird", erklärte Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Bundeskanzler Olaf Scholz sagte, die Berichte aus den betroffenen Gebieten seien bedrückend. Er habe den Bürgern in den betroffenen Nachbarstaaten bereits Unterstützung zugesagt. "Wir werden helfen, soweit wir können."

Elbepegel in Dresden steigt weiter

In Sachsen entspannt sich die Lage zusehends. Aktuell gilt nur für den Elbepegel in Schöna die Hochwasser-Alarmstufe 3. Das Wasser stand dort am Dienstagmorgen bei 6,31 Metern. Für die Neiße in Görlitz gilt nur noch Stufe 1. In Dresden rechnet man damit, dass der Pegel der Elbe auf maximal sechs Meter ansteigen wird. Das ist zwar vier Mal so hoch wie normal, aber nicht so hoch wie noch vor einen Tagen befürchtet. An den Elbepegeln Dresden und Riesa gilt aktuell Alarmstufe 2.

Polen ruft Katastrophenzustand für mehrere Gebiete aus

Mit vereinten Kräften haben die Bewohner einer von Hochwasser bedrohten Stadt im Südwesten Polens mitgeholfen, einen Deichbruch zu verhindern. Nach Angaben der Behörden wurde "Nysa vor dem Schlimmsten bewahrt". Mittlerweile gehe der Wasserstand in der Glatzer Neiße zurück. In der Kleinstadt Nysa rund 90 Kilometer südlich von Wroclaw drohten die Wassermassen einen Deich zu durchbrechen, der das Stadtzentrum schützt. Rund 60 Feuerwehrleute und 200 Soldaten des Heimatschutzes waren im Einsatz, um den Deich zu verstärken. Von Hubschraubern wurden große Säcke mit Füllmaterial abgeworfen. Viele Bewohner halfen zudem den Einsatzkräften, die angegriffene Stelle im Deich mit Sandsäcken zu verstärken. Etwa 2.000 Menschen bildeten eine Menschenkette, um die Sandsäcke zu transportieren.

In die Notaufnahmestation des örtlichen Kreiskrankenhauses drang Wasser ein. 33 Patienten wurden mit Schlauchbooten in Sicherheit gebracht, darunter Kinder und Schwangere. Örtliche Behörden ordneten Evakuierungen in Nysa sowie in Paczkow an. In der Kleinstadt im Südwesten Polens war ein Riss in der Staumauer eines Stausees festgestellt worden. 4.900 Soldaten wurden PAP zufolge zur Unterstützung der lokalen Behörden der vom Hochwasser betroffenen Gebiete abgestellt. Im Südwesten Polens brach ein Staudamm, ein zweiter lief über. Die Flutwelle erreichte die Kleinstadt Klodzko.

Hochwasser in Polen, Eindrücke aus Klodzko
Hochwasser in Polen, Eindrücke aus Klodzko. Bildrechte: IMAGO/Forum

In Wroclaw kam erneut der Krisenstab mit Regierungschef Donald Tusk zusammen. Die Regierung in Warschau hat für die Hochwassergebiete den Katastrophenzustand ausgerufen. Das erleichtert es den Behörden, Anweisungen durchzusetzen. Tusk sagte, es gebe derzeit sehr widersprüchliche Prognosen der Meteorologen dazu, wann das Hochwasser die Stadt Wroclaw erreichen könne. Zunächst hieß es, dass die Flutwelle in der Oder am Mittwoch auf Höhe der Stadt ankommt. Mittlerweile ist von Freitag die Rede. Das müsse noch genau analysiert werden, forderte Tusk. Beim Oderhochwasser 1997 stand Wroclaw zu einem Drittel unter Wasser.

Regierungschef Donald Tusk kündigte für die Hochwasseropfer im Südwesten des Landes zudem die Bereitstellung von Hilfsgeldern in Höhe von einer Milliarde Zloty (rund 240 Millionen Euro) an.

Trümmer, aufgerissene und schlammige Straße mit Autos in Tschechien. 1 min
Im Nordosten Tschechiens begannen am Montag schon teilweise die Aufräumarbeiten. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
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Im Süden Polens bleibt die Hochwasserlage angespannt

MDR AKTUELL Di 17.09.2024 12:17Uhr 01:18 min

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Ein mit einer Drohne aufgenommenes Foto zeigt die überflutete niederschlesische Kleinstadt im Südwesten Polens 4 min
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Korrespondent Martin Adam im Hochwassergebiet im Südwesten Polens

MDR AKTUELL Di 17.09.2024 11:17Uhr 03:58 min

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Tschechien: Hilfskräfte im Dauereinsatz

In den Hochwassergebieten in Tschechien ist die Lage weiter angespannt. An zahlreichen Pegel-Messstationen gilt immer noch die höchste Hochwasser-Alarmstufe, bei der Gefahr für Menschen oder Eigentum besteht. Die Hilfskräfte sind weiter im Dauereinsatz. 

Im nordböhmischen Usti nad Labem nahe der Grenze zu Sachsen wird die Scheitelwelle der Elbe erst am Dienstagabend erwartet. In Südböhmen droht der rund sechs Quadratkilometer große Rosenberg-Fischteich überzulaufen, was die Lage entlang der Lainsitz dramatisch zuspitzen würde.

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Ein mit einer Drohne aufgenommenes Foto zeigt die überflutete niederschlesische Kleinstadt im Südwesten Polens 1 min
Im Nordosten Tschechiens begannen am Montag schon teilweise die Aufräumarbeiten. Bildrechte: picture alliance/dpa/PAP | Maciej Kulczynski

Das Kabinett in Prag hatte am Montagabend grünes Licht für den Einsatz von bis zu 2.000 Soldaten in den Katastrophengebieten im Osten des Landes gegeben. Außerdem sollen Armeehubschrauber die Menschen mit Trinkwasser und Lebensmitteln versorgen. Mindestens drei Menschen starben wegen der Überschwemmungen, mindestens sieben weitere Menschen gelten als vermisst.

In Ostrava, der drittgrößten Stadt des EU-Mitgliedstaats, kam es zu Dammbrüchen am Zusammenfluss von Oder und Opava. Vielerorts sind Geschäfte und Supermärkte überflutet, Wasser- und Stromversorgung sowie die Mobilfunknetze ausgefallen.

Ein Reporter im Hochwassergebiet 1 min
Reporter Danko Handrik berichtet zur Hochwasserlage aus Opava an der tschechisch-polnischen Grenze Bildrechte: ARD

Donau in der Slowakei führt viel Wasser

In der benachbarten Slowakei blicken die Menschen sorgenvoll auf die Donau. Die Scheitelwelle des Flusses erreichte die Hauptstadt Bratislava, rund 50 Kilometer östlich von Wien. Es wurde ein Höchststand von rund 9,7 Metern über dem örtlichen Pegel-Nullpunkt gemessen. Normalerweise sind es rund 2 Meter.  Die Uferflächen standen unter Wasser, Hochwasserschutzwände schützten die historische Altstadt. Im Zoo wurden Tiere in Sicherheit gebracht. Im Außenbezirk Devinska Nova Ves mussten Menschen ihre Wohnungen verlassen. Umweltminister Tomas Taraba schätzte die Schäden in der Slowakei auf mindestens 20 Millionen Euro.

Österreich: Lage in Niederösterreich weiter kritisch

In Österreich haben Einsatzkräfte ein weiteres Flutopfer tot aufgefunden. Eine 81-Jährige wurde Behördenangaben zufolge in ihrem überschwemmten Haus in Würmla in Niederösterreich entdeckt. Damit steigt die Zahl der Hochwasser-Toten in Österreich auf fünf. Zahlreiche weitere Menschen werden vermisst.

Für das besonders stark betroffene nördliche Bundesland Niederösterreich konnten die Behörden noch keine Entwarnung geben. Nach Angaben der Landesregierung gab es am Montag 21 Dammbrüche. 26 Gemeinden seien nicht erreichbar, 22 Gemeinden ohne Trinkwasserversorgung, 14 Gemeinden ohne Anschluss an die Kanalisation und 2.400 Haushalte ohne Strom. Mehr als 2.200 Menschen mussten evakuiert werden.

Überflutungen im Raum Ardagger Markt im Bezirk Amstetten in Niederösterreich.
Überflutungen im Raum Ardagger Markt im Bezirk Amstetten in Niederösterreich. Bildrechte: picture alliance/dpa/APA | Doku Noe

In den anderen Bundesländern und auch in der Hauptstadt Wien hat sich die Lage dagegen entspannt. Die Pegelstände des Wienflusses sowie des Donaukanals waren in der Nacht weiter gesunken.

In Österreich stehen nach Angaben von Kanzler Karl Nehammer aus dem Katastrophenfonds zunächst 300 Millionen Euro zur Beseitigung der Schäden zur Verfügung. Der Hilfstopf könne bei Bedarf noch aufgestockt werden, hieß es.

Feuerwehrleute während einer Besprechung neben einem Deich. 2 min
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Der Dauerregen hört auf

MDR AKTUELL Di 17.09.2024 12:20Uhr 01:41 min

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Mehrere Tote in Rumänien

In Rumänien sind bei Überschwemmungen mindestens sieben Menschen gestorben. Wie die Agentur Mediafax unter Berufung auf den Katastrophenschutz meldete, starben sie im Kreis Galati, in der östlichen Region Moldau. Zudem werde noch eine Person vermisst. Etwa 5.000 Häuser seien beschädigt worden. Menschen mussten von ihren Hausdächern mit Booten und Hubschraubern gerettet werden.

Auf diesem vom rumänischen Katastrophenschutz Galati (ISU Galati) veröffentlichten Foto hilft ein Retter einer Frau, ein Haus zu verlassen. 3 min
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3 min

Hochwasser forderte sechs Todesopfer - ein Mensch wird noch vermisst

MDR AKTUELL Mo 16.09.2024 21:47Uhr 03:14 min

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Langsame Entspannung in Bayern

Nach dem Dauerregen könnte sich die Hochwasserlage im Süden und Osten Bayerns langsam entspannen. Ab Mittwoch soll es dem Deutschen Wetterdienst (DWD) zufolge zunehmend trocken, sonnig und herbstlich mild werden. Zunächst steigen die Wasserstände an einigen Flüssen aber noch leicht an, wie der Hochwassernachrichtendienst (HND) prognostiziert.

In Passau hat die Donau Meldestufe 3 erreicht. In diesem Bereich soll der Wasserstand noch leicht steigen, ehe in der Nacht zum Mittwoch ein deutliches Absinken erwartet wird.

Ein Fluss führt extremes Hochwasser. 4 min
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4 min

Angespannt: Aber eine Hochwasserflut wie im Juni sei nicht zu befürchten

MDR AKTUELL Mo 16.09.2024 10:21Uhr 03:44 min

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dpa, RND, MDR (ans, ksc, mze, lmb, das)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 14. September 2024 | 11:11 Uhr

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