Extremwetter Hochwasserlage entspannt sich nur langsam
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18. September 2024, 22:32 Uhr
An der Elbe steigen die Pegelstände weiter leicht an. Auch die Oder-Regionen wappnen sich gegen Hochwasser. In den Nachbarländern beginnen die Menschen mit Aufräumarbeiten nach der Flut, doch die Lage entspannt sich nur langsam. Vorsichtige Entwarnung gibt es entlang anderer Flüsse im Osten und Süden Deutschlands.
In Frankfurt (Oder) und weiteren Kommunen in Brandenburg wollen Hochwasser-Krisenstäbe zusammenkommen. Am Mittwoch wurde für Flussabschnitte Hochwasseralarm der Stufe 1 ausgerufen. Es sei mit einer beginnenden Überflutung von Auen und ufernahen Wiesen zu rechnen, teilte das Landesamt für Umwelt mit. Betroffen sind die Bereiche des Oder-Ortes Ratzdorf bis Eisenhüttenstadt. Auch die Elbe steigt in Sachsen weiter leicht.
In den Hochwassergebieten von Polen über Tschechien bis nach Österreich haben mittlerweile die Aufräumarbeiten begonnen, doch die Lage entspannt sich nur langsam. In Polen und Tschechien unterstützen auch Soldaten. Allerdings geben die Behörden noch keine Entwarnung. Bislang kamen in Mittel- und Osteuropa mehr als 20 Menschen ums Leben.
Hochwasserlage in Dresden: weiterhin Alarmstufe 3
In Dresden hat die Elbe am Donnerstagmorgen die Höhe von 6,10 Meter erreicht. Es gilt Alarmstufe drei. An der Grenze zu Tschechien am Messpunkt Schöna sind es 6,59 Meter gewesen. Der Hochwasserscheitel wird im Laufe des Tages erwartet.
Polen: Hochwasserwelle in Breslau erreicht
In Polen hat die Hochwasserwelle in der Nacht die niederschlesische Stadt Breslau erreicht. Der Wasserstand an der Messstation Trestno vor den Toren der Stadt betrage 6,31 Meter, sagte der Leiter des Meteorologischen Instituts bei einer Sitzung des Krisenstabes vor Ort. "Hier sehen wir bereits eine Stabilisierung." Ein Pegelstand von 6,30 bis 6,40 Meter werde sich aber länger halten. Normal ist ein Wasserstand von etwas mehr als drei Metern.
Die jetzige Flutwelle ist deutlich niedriger als beim Oderhochwasser 1997, als der Wasserstand 7,24 Meter erreichte. Regierungschef Donald Tusk warnte bei einer Sitzung des Krisenstabs jedoch davor, die Situation zu unterschätzen. Man müsse die Lage weiter im Auge behalten. Da in die Oder zwischen Olawa und Breslau noch mehrere Nebenflüsse münden, die ebenfalls viel Wasser führen, sei nicht ausgeschlossen, dass es in der niederschlesischen Metropole zu Hochwasser kommen werde, sagte ein Experte.
Das Hochwasser könnte laut Prognosen bis Montag anhalten. Nach Einschätzung von Experten bedeutet dies eine große Belastung für die Deiche. Der Schutz wurde daher vorsorglich verstärkt. Beim Oderhochwasser 1997 wurde die Stadt mit 630.000 Einwohnern zu einem Drittel überschwemmt.
Am Donnerstagnachmittag wird EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Polen erwartet. Sie will sich einen Überblick über die Lage verschaffen. Nach Angaben der EU-Kommission erfolgt die Reise auf Einladung des polnischen Regierungschefs Donald Tusk.
Zu dem Treffen werden auch der tschechische Regierungschef Petr Fiala, sein slowakischer Kollege Robert Fico und der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer erwartet. Bei den Gesprächen dürfte es auch um die Frage von Mitteln aus Brüssel für den Wiederaufbau gehen. Noch ist das Ausmaß der Schäden unklar.
Tschechien: Weiterhin höchste Hochwasser-Alarmstufe
Entlang der Elbe an der Grenze zu Sachsen wird im Laufe des Tages eine weitere Zunahme des Wasserstands erwartet. In Usti nad Labem sollen Hochwasserbarrieren und Sandsäcke das Stadtgebiet schützen. An der Marienbrücke wurde ein Mensch in der Elbe gesehen, eine Suchaktion blieb indes erfolglos.
Viele Uferflächen waren überflutet, der Ortsteil Dolni Zleb im Elbtal war nur mit der Bahn zu erreichen. Landesweit galt noch an mehr als 25 Pegelstationen die höchste Hochwasser-Alarmstufe.
Im Osten des Landes laufen bereits die ersten Aufräumarbeiten. Schlammmassen drangen dort in Geschäfte, Wohnungen und Schulen ein. Die Armee kam mit schwerem Gerät zum Einsatz.
Zudem gab es erste Plünderungen in den Hochwasser- und Überschwemmungsgebieten. Der Polizei seien bislang drei derartige Fälle bekannt, sagte Innenminister Vit Rakusan nach einer Krisensitzung in Prag.
Die Regierung richtete ein Hilfeersuchen an andere EU-Länder mit der Bitte um 15.000 Bautrockner zur Entfeuchtung von Räumen. Rund 8.000 Geräte werden derzeit aus den eigenen Reserven verteilt.
Donau in der Slowakei führt viel Wasser
In der Slowakei wandert die Scheitelwelle der Donau nur sehr langsam aus Bratislava flussabwärts. Die Hauptstadt ist dennoch glimpflich davongekommen. Am Mittwoch meldete der staatliche Wetterdienst nochmals einen leichten Anstieg auf 9,80 Meter.
Von den Behörden hieß es, die am innerstädtischen Flussufer aufgestellten mobilen Schutzwände seien für einen Pegelstand von bis zu 10,13 Meter ausgelegt und hätten das Hochwasser daher gut überstanden. Der normale Wasserstand liegt im Durchschnitt bei drei Metern.
In Stadtrandgebieten Bratislavas stehen allerdings auch am Mittwoch noch mehrere Straßen unter Wasser. In zwei Stadtteilen sind noch Häuser überflutet. Diese liegen direkt an der Mündung des aus Tschechien und Niederösterreich kommenden Grenzflusses March in die Donau.
Rund hundert Menschen hatten dort nach Behördenangaben ihre Häuser verlassen müssen. In mehreren nördlicheren Landesteilen der Slowakei laufen die Aufräumarbeiten auf Hochtouren, nachdem Bäche und Flüsse zahlreiche Keller und Straßen überflutet hatten.
18 Ortschaften in Niederösterreich nicht erreichbar
Die Lage in den Überschwemmungsgebieten in Österreich hat sich am Mittwoch weiter entspannt. Das Hochwasser gehe leicht zurück, teilte der stellvertretende Landeshauptmann des stark betroffenen Bundeslands Niederösterreich, Stephan Pernkopf mit. Die Feuerwehr war den Angaben zufolge zuletzt vor allem mit Auspumparbeiten und der Überwachung von Dämmen beschäftigt.
Bei den Aufräumarbeiten sollten 1.300 Soldaten mit Hubschraubern und schwerem Gerät helfen. 18 Ortschaften und Gebiete in Niederösterreich waren den Angaben zufolge am Mittwoch aber immer noch nicht erreichbar, vor allem im Tullnerfeld und im Pielachtal. Es kam noch einmal zu 20 Dammbrüchen. Insgesamt wurden in dem Bundesland bisher fast 1.400 Objekte vorsorglich evakuiert, 87 Menschen wurden mit Hubschraubern in Sicherheit gebracht.
In den anderen Bundesländern und auch in der Hauptstadt Wien hat sich die Lage dagegen entspannt. Die Pegelstände des Wienflusses sowie des Donaukanals waren weiter gesunken. Die wichtige Bahnstrecke von Wien Richtung München ist wieder eingeschränkt zu befahren, und in Wien sind die U-Bahnen wieder in Betrieb.
Die Regierung hat inzwischen ein Paket an Finanzhilfen zur Bewältigung der Hochwasserkatastrophe beschlossen. So wird der Katastrophenfonds auf eine Milliarde Euro aufgestockt. Teile der Summe werden als Soforthilfe ausgeschüttet.
Pegelstände in Bayern sinken
Inzwischen sinken die Pegelstände einiger Flüsse im Freistaat. Die Donau in Passau sank unter die Meldestufe 3. Im Laufe des Tages soll der Wasserstand unter die Meldestufe zwei sinken, wie der Hochwassernachrichtendienst mitteilte.
dpa, RND, MDR (ans, ksc, mze, lmb, das)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 18. September 2024 | 12:24 Uhr