Nord-Stream-1 Kein Gas mehr aus Russland – Wer dafür verantwortlich ist
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24. März 2025, 05:00 Uhr
Seit etwa zweieinhalb Jahren fließt kein russisches Erdgas mehr über Pipelines nach Deutschland. Der Lieferstopp im August 2022, ein halbes Jahr nach Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine, hat damals für große Schlagzeilen gesorgt. Einen unserer Hörer beschäftigt das Thema nach wie vor. Er möchte wissen, wie es zum Ende der Gaslieferungen kam.
- Bereits 2021 hat Russland seine Gaslieferungen nach Europa reduziert.
- Nach Kriegsbeginn folgten weitere Eskalationen: eine weitere Reduzierung der Gaslieferungen, die Verstaatlichung der Gazprom sowie vermeintliche "technische Probleme" an der Nord-Stream-1-Pipeline.
- Die Hauptverantwortung in diesem Konflikt trage Russland – da sind sich Experten einig.
Georg Zachmann ist Experte für Energiethemen beim Helmholtz-Zentrum Berlin. Aus seiner Sicht hat das erste Ereignis, das mit dem Lieferstopp von russischem Gas nach Deutschland in Verbindung steht, schon vor dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine stattgefunden.
So habe Russland bereits 2021 seine Gaslieferungen nach Europa deutlich reduziert und die Gazprom-Speicher nicht mehr befüllt. "Der vermutliche Grund ist, dass man damit einen Hebel gegen Europa gewinnen wollte, dadurch, dass dann eben weniger Gas vorhanden ist in Europa, wo Russland diesen Krieg beginnen wollte."
Das zweite große Ereignis sieht Zachmann einen Monat nach Kriegsbeginn. Im März 2022 habe Russland vertragswidrig gefordert, dass die EU-Staaten die Gaslieferungen in Rubel bezahlen sollten. "Darauf sind viele der Mitgliedsstaaten eingegangen. Einige der Mitgliedsstaaten haben das aber nicht gemacht und denen wurde in diesem Zusammenhang die Gaslieferung reduziert."
Wie die Bundesregierung Gazprom verstaatlichte
Kurz darauf habe Russland versucht, das Gazprom-Tochterunternehmen Germania zu schließen. Der Journalist Heiko Lohmann, der regelmäßig über den Gasmarkt berichtet, spricht von einem brutalen Versuch, die Gasversorgungssicherheit in Deutschland dramatisch in Gefahr zu bringen. "Das hat dafür gesorgt, dass das Bundeswirtschaftsministerium in einer beeindruckenden Nacht-und-Nebel-Aktion über ein Wochenende am 1. April der Gazprom-Export die Kontrolle über das Unternehmen entzogen hat und es unter staatliche Kontrolle gestellt hat."
"Technische Probleme" an der Nord-Stream-1 Pipeline
Im Sommer sei es dann zu ungewöhnlich langen Reparaturarbeiten an der Nord-Stream-1-Pipeline gekommen. Lohmann spricht von vermeintlichen technischen Problemen, die von der russischen Seite als Gründe angegeben wurden. Ähnlich bewertet es auch Energie-Experte Zachmann. "Es hat sich relativ klar gezeigt, dass das eben alles vorgeschobene Gründe waren, um hier stärker Druck auf Deutschland auszuüben und entsprechende Gaslieferungen zu verzögern."
Diese vermeintlichen technischen Probleme wurden von russischer Seite dann auch Ende August 2022 als Grund für den Lieferstopp angegeben. Zur Wahrheit gehört natürlich auch, dass die EU in dem halben Jahr von Kriegsbeginn bis zum Lieferstopp insgesamt sieben große Sanktionspakete gegen Russland verabschiedet hat.
Gas gehörte allerdings nicht dazu, erklärt Lohmann. "Deshalb gibt es ja auch nach wie vor russisches Gas in den Systemen. Russisches Gas ist nie – bis heute nicht – von Europa sanktioniert worden."
Experten sehen Russland in der Verantwortung
Die ausschlaggebenden Handlungen für den Lieferstopp seien von russischer Seite erfolgt, sagt Lohmann. Deutschland habe nicht grob fahrlässig gehandelt. Auch Energie-Experte Zachmann sieht die alleinige Schuld bei Russland. "Alle Aktivitäten, die zu einer Reduzierung der Gasversorgung Europas geführt haben, sind eindeutig auf Gazprom und den Kreml zurückzuführen. Europa hat an allen Stellen versucht, diese Gaslieferungen weiter beizubehalten."
Der einzige Fehler Deutschlands sei gewesen, dass man sich so erpressbar gemacht habe, dadurch, dass man lange Zeit mehr als die Hälfte des Erdgases von einem Anbieter bezogen hat – nämlich von Russland.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 24. März 2025 | 06:25 Uhr