Naturschäden und Artenvielfalt Löcher in Dämmen und gefällte Bäume: Biber sorgen immer wieder für Ärger

09. Juli 2023, 05:00 Uhr

Etwa 6.200 Biber leben derzeit in Mitteldeutschland. Dabei sorgt das Nagetier nicht immer für Begeisterung bei den Menschen, denn der Biber fällt Bäume, baut Dämme und verstopft Abflüsse von Gewässern. Das sorgt nicht nur bei Anwohnern und Anwohnerinnen für Unmut, sondern vor allem auch bei Personen und Vereinen, die die betroffenen Gewässer betreuen. Gleichzeitig genießt der Biber in Deutschland höchsten Schutzstatus.

Die Probleme mit dem Biber

In Bad Dürrenberg in Sachsen-Anhalt wurde durch den Biber aus einem kleinen Bach eine Auenlandschaft. Allerdings sorgt dies – mitten in der Stadt – für Verunsicherung bei den Anwohnern. Sie fürchten, dass bei einem höheren Wasserpegel ihre Keller überschwemmt werden könnten. Nur wenige Kilometer Luftlinie entfernt sorgt der Biber auch bei den Menschen in Leuna für Verärgerung. Dort hat sich das Nagetier am alten Saale-Arm ein Zuhause gebaut und fällt immer wieder Bäume.

Das Fällen der Bäume wird in Fachkreisen als "Verbiss" bezeichnet. Allerdings stellt das nicht das größte Problem mit dem Biber dar. Deutlich mehr Schaden bereiten der Dammbau und in Folge dessen Überflutungen.

Konflikte durch Biberaktivität in Sachsen-Anhalt
Problem Fallzahlen 2021
Dammbau 126
Fraß 28
Grabaktivitäten 15
Sonstige 5
  Quelle: Biosphärenreservatsverwaltung Mittelelbe

Auch in Sachsen hinterlässt der Biber unerwünschte Spuren. Er verursacht an einigen Teichen der Wermsdorfer Teichwirte immer wieder Schäden. So gräbt er an den Dämmen und verstopft Zu- oder Abflüsse, um den Wasserpegel ansteigen zu lassen. Dadurch kann es zu Überschwemmungen und Dammbrüchen kommen. Die Reparatur- und Instandhaltungskosten für solche Fälle erreichen eine stattliche Summe wie Teichwirt Georg Stähler berichtet: "Letztes Jahr haben wir eine Zusammenstellung gemacht über Schäden durch Biber in unserem Betrieb. Da sind wir auf etwa 10.000 bis 15.000 Euro gekommen."

Löcher im Teichdamm bereiten auch Pulvermühlenbesitzer Siegried Heertsch im Saale-Orlakreis Schwierigkeiten. Gleich mehrere Tunnel hat das Nagetier dort hinterlassen. Gleichzeitig frisst der Biber Bäume: Von 140 gepflanzten Weiden wurden 20 vom Biber vernichtet. Dabei sind Weiden ganz besonders gefährdet, denn das Nagetier frisst sie sehr gern. Laut einer aktuellen Anfrage an das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz leben derzeit etwa 650 Biber im Freistaat.

Mögliche Konfliktlösungen: Farbe, Zäune, Gelder

Den Biber zurückzudrängen, ist gar nicht so einfach. In Bad-Dürrenberg soll das Wasser möglichst frühzeitig aufgehalten werden, sodass Überschwemmungen erst gar nicht entstehen. Deshalb wurde Biberexperte Torsten Beyer vom Landeskompetenzzentrum Sachsen-Anhalt eingeschaltet. Mit Hilfe eines Drainagerohres senkt er den Wasserspiegel etwas ab und kontrolliert regelmäßig, dass der Biber den Abfluss nicht schon wieder zugebaut hat. Solch eine Regulierung wird auch als "Bibermanagement" bezeichnet, wobei Torsten Beyer anmerkt: "In erster Linie ist Wildtiermanagement Menschenmanagement. Das heißt, ich muss mit den Leuten vor Ort reden. Sie schildern mir ihre Probleme. Ich versuche das einzuordnen und zu hinterfragen, wie ihnen geholfen werden kann. Dann erkläre ich ihnen, was eigentlich gemacht werden kann."

In erster Linie ist Wildtiermanagement Menschenmanagement.

Torsten Beyer, Biberexperte

Gegen das Anfressen von Bäumen gibt es vor allem zwei Möglichkeiten: Zum einen können sogenannte Drahthosen um die Bäume gelegt werden. Zum anderen soll ein Anstrich mit spezieller Farbe den Wildfraß verhindern. Beide Methoden wirken jedoch nur bedingt gut. In Leuna beispielsweise hat das intelligente Tier die Drahthose einfach nach unten gezogen und dann den Baum angefressen. Die spezielle Farbe muss mindestens einen Meter hoch aufgetragen werden, sonst knabbert der Biber einfach oberhalb des Anstrichs.

In Sachsen und Thüringen werden mittlerweile Haushaltsmittel für den Schadensausgleich zur Verfügung gestellt. "Der Freistaat Sachsen hat eine Härtefallverordnung ins Leben gerufen, die mit den entsprechenden Mitteln ausgestattet ist, sodass auch Entschädigungszahlungen geleistet werden können", erklärt Eckhard Rexroth, Umweltdezernent im Landkreis Nordsachsen. Dadurch können bis zu 80 Prozent einer Schadenssumme ausgeglichen werden.

In Thüringen versucht die Naturschutzbehörde zudem bei Schutzvorkehrungen zu unterstützen. Britta Krämer vom Kompetenzzentrum Wolf, Biber, Luchs des Umweltministeriums Thüringen verweist auf entsprechende Möglichkeiten: "Wenn der Biber in Ihrem Garten auftaucht und Sie ein Problem damit haben, dann wenden Sie sich auf jeden Fall an die Untere Naturschutzbehörde. Die kann unter Umständen schon Präventionsmaßnahmen zur Verfügung stellen." Möglich sei es zum Beispiel, einen Elektrozaun auszuleihen oder ein Anstrichmittel kostenfrei zu erhalten.

Der Biber als wichtiger Helfer der Artenvielfalt

Biber tragen maßgeblich zur Artenvielfalt bei. "Biber können durch ihre Lebensraumgestaltung aus einem geraden, artenarmen, der Sommerhitze ausgesetztem Gewässer in kurzer Zeit eine kleine Bach- oder Flussaue machen. Sie gestalten das, wo jede Menge anderer Tier- und Pflanzenarten Lebensraum finden. Und das machen die Biber einfach, weil sie es können, und die schicken keine Rechnung", erklärt Jan Schöne von der NABU Biberstation in Torgau. Damit ist der Biber ein wichtiger und natürlicher Helfer im Kampf gegen den Artenschwund, wofür sonst teure Projekte in Auftrag gegeben werden müssten.

Biber können durch ihre Lebensraumgestaltung aus einem geraden, artenarmen, der Sommerhitze ausgesetztem Gewässer in kurzer Zeit eine kleine Bachaue oder Flussaue machen. Das machen die Biber einfach, weil sie es können, und die schicken keine Rechnung.

Jan Schöne, NABU Biberstation Torgau

Nicht ohne Grund genießen Biber in Deutschland den höchsten Schutzstatus. Schon die Störung des Tieres zum Beispiel bei der Aufzucht seiner Jungen ist strafbar und wird mit einem Bußgeld von bis zu 65.000 Euro bestraft. Den Biber zu töten, ist sogar strengstens verboten. Gleichzeitig ist eine Umsiedlung von Bibern – beispielsweise in eine nicht von Menschen bewohnte Umgebung – in der Regel nutzlos.

"Die Tiere haben ein ziemlich strenges Reviersystem. Wenn ich ein Tier entnehme, passiert es in der Regel relativ schnell, dass aus den Nachbarrevieren abwandernde Tiere zuwandern und das Revier wieder neu besetzen. So eine Neubesetzung führt dann zu einer gewissen Unruhe und zu einer vermehrten Bautätigkeit, ist also kontraproduktiv", verdeutlicht Torsten Beyer vom Landeskompetenzzentrum für Biberschutz Sachsen-Anhalt.

MDR (jvo)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Umschau | 25. April 2023 | 20:15 Uhr

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