Die Angeklagte Irmgard F. wird zu Beginn des Prozesstages in den Sitzungssaal gebracht.
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NS-Verbrechen BGH bestätigt Urteil gegen frühere KZ-Sekretärin

20. August 2024, 11:57 Uhr

Im möglicherweise letzten Strafverfahren gegen Beteiligte am Massenmord der Nationalsozialisten hat der Bundesgerichtshof in Leipzig die Verurteilung einer früheren Sekretärin im KZ Stutthof wegen Beihilfe zum Massenmord bestätigt. Die Richter lehnten die Revision der inzwischen 99-Jährigen gegen ein früheres Urteil ab.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Verurteilung einer früheren KZ-Sekretärin wegen Beihilfe zum Massenmord bestätigt. Der 5. Strafsenat des BGH in Leipzig verwarf die Revision gegen ein Urteil des Landgerichts Itzehoe.

Das Gericht hatte die inzwischen 99-jährige Irmgard F. wegen Beihilfe zum Mord in 10.505 Fällen sowie zum versuchten Mord in fünf Fällen zu zwei Jahren Jugendstrafe auf Bewährung verurteilt. Diese Entscheidung ist jetzt rechtskräftig.

Urteil gegen 99-Jährige könnte letztes Strafverfahren gegen NS-Verbrecher sein

Der Fall gilt als das womöglich letzte Strafverfahren zur Aufarbeitung der nationalsozialistischen Massenmorde. Irmgard F. war zwischen Juni 1943 und April 1945 als Schreibkraft in der Kommandantur des Konzentrationslagers Stutthof bei Danzig (heute polnisch Gdansk) beschäftigt. Sie war damals 18 beziehungsweise 19 Jahre alt.

Das Landgericht Itzehoe sah es als erwiesen an, dass die junge Frau durch ihre unterstützende Tätigkeit den Verantwortlichen im KZ bei der systematischen Tötung von Inhaftierten Beihilfe zum Mord geleistet hatte. Sie sei als Sekretärin des Lagerkommandanten freiwillig tätig gewesen. In dieser Zeit seien in dem KZ mindestens 9.000 Menschen ums Leben gekommen. Die Beihilfe sei untrennbar mit dem Massenmord verknüpft.

Lange zurückliegende Straftaten verjährten zwar grundsätzlich, doch Mord verjähre nicht. Damit sei auch Beihilfe zum Mord von einer Verjährung ausgeschlossen.

Verteidigung: "Neutrale Handlungen" als Stenotypistin

Die Verteidigung von Irmgard F. hatte Revision eingelegt und unter anderem einen Vorsatz in Abrede gestellt. Es sei nicht erwiesen, dass die junge Schreibkraft wirklich vom Massenmord im Lager wusste. Sie habe aus ihrer Sicht "neutrale Handlungen" ausgeführt.

Dieser Argumentation folgten die Bundesrichter nicht. Über den Schreibtisch der Stenotypistin war fast die gesamte Korrespondenz des Lagers gegangen.

Mehr als 60.000 Tote im KZ Stutthof

Im Konzentrationslager Stutthof und seinen 39 Außenlagern waren nach Angaben des Dokumentationszentrums Arolsen Archives zwischen 1939 und 1945 etwa 110.000 Menschen aus 28 Ländern inhaftiert. Fast 65.000 überlebten nicht.

dpa (ans)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 20. August 2024 | 11:00 Uhr

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