Übung des Katastrophenschutzes in Chemnitz
Wie verhalte ich mich bei medizinischen Notfällen oder bei einer Katastrophe? Darüber wissen viele Menschen zu wenig, warnt der Deutsche Feuerwehrverband. (Symbolfoto) Bildrechte: IMAGO / Chempic

Verhalten im Notfall Nachholbedarf beim Thema Katastrophenschutz in Schulen

11. Januar 2025, 19:15 Uhr

Der Vorsitzende des Deutschen Feuerwehrverbandes hat Alarm geschlagen: Die Bevölkerung sei nicht gut genug auf Katastrophen vorbereitet. Außerdem werde im Schulunterricht das Thema Katastrophenschutz nicht ausreichend gelehrt. Wie sieht dies das Landesamt für Schule und Bildung in Sachsen?

Beim Thema Katastrophenschutz im Schulunterricht gibt es nach Ansicht von Experten Nachholbedarf. Das sagt nicht nur der Deutsche Feuerwehrverband, sondern auch das sächsische Landesamt für Schule und Bildung. Zwar seien Brandschutz und Erste Hilfe durchaus Themen im Lehrplan, meint Clemens Arndt vom Landesamt. Wie man sich auf Notsituationen vorbereitet, sei aber weniger präsent. "Das ist tatsächlich momentan im sächsischen Lehrplan nicht so ein Riesenthema, das muss man so klar sagen."

Baden-Württemberg als Vorbild

Andere Bundesländer sind da schon weiter. In Baden-Württemberg wurde von der grün-schwarzen Landesregierung seit dem vergangenen Schuljahr der Katastrophenschutz in den Lehrplan integriert. In der 6. Klasse ist ein Aktionstag Katastrophenschutz verpflichtend. Clemens Arndt vom Landesschulamt kann sich dies auch für Sachsen vorstellen. "Ich gehe schon davon aus, dass das ein Modell für Sachsen ist." Er gebe aber zu bedenken, dass dies nur ein einziger Tag sei, der das Thema in die Köpfe bringe. Die Umsetzung von all dem wäre Aufgabe des Kultusministeriums.

Ich gehe schon davon aus, dass das ein Modell für Sachsen ist.

Clemens Arndt Landesamt für Schule und Bildung in Sachsen
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Erwachsene und Kinder sollen mehr Eigenverantwortung übernehmen

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Nicht nur die Kinder müssen lernen

Sophie Lacher von der TU Kaiserslautern forscht zu Erwachsenenbildung und Katastrophenschutz. Für sie ist das Lernen im Unterricht allein kein Allheilmittel. Oft sei die Hoffnung, dass die Schulkinder davon zu Hause erzählen, als Multiplikatoren wirken und sich die Erwachsenen dann auch mit dem Thema beschäftigen. "Ich denke aber, dass man die Verantwortung nicht abwälzen kann, sondern dass das schon jeder für sich selbst machen muss."

Auch bei Erwachsenen gibt es Wissenslücken

Denn auch bei den Erwachsenen geht das Lernen weiter. In Sachen Wissen über Krisenschutz gibt es bei ihnen erhebliche Defizite. Eine repräsentative Studie ergab laut der Forscherin, dass fast die Hälfte der Befragten sagt, sie hätten sich noch nie damit auseinandergesetzt. Die Gründe dafür seien vielfältig, sagt Sophier Lacher: "37 Prozent halten eine Notlage für unwahrscheinlich oder haben genügend Vertrauen in den Staat, sagen, dass der das schon irgendwie hinkriegen wird."

37 Prozent halten eine Notlage für unwahrscheinlich oder haben genügend Vertrauen in den Staat, sagen, dass der das schon irgendwie hinkriegen wird.

Sophie Lacher TU Kaiserslautern

Vorsorge für 72 Stunden

Das reiche aber nicht, betont Marianne Suntrup, Sprecherin des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. Krisensituationen seien Teamarbeit. Idealerweise könne man sich erst einmal selbst versorgen. Im Optimalfall bedeute das, dass man immer einen Vorrat an Wasser und Lebensmitteln zuhause haben sollte. "Wir sagen immer: Mindestens 72 Stunden sollte man ohne Hilfe von außen auskommen können." Das Bundesamt empfiehlt außerdem: Akkus aufladen, einen Notfallrucksack bereitstellen und eine Hausapotheke im Haus haben.

Wir sagen immer: Mindestens 72 Stunden sollte man ohne Hilfe von außen auskommen können.

Marianne Suntrup Bundesamt für Bevölkerungsschutz

Allein das helfe schon, um nicht auf Einsatzkräfte angewiesen zu sein. Denn Polizei und Feuerwehr sollen nur ausrücken, wenn Lebensgefahr drohe. Insbesondere in Krisensituationen gäbe es davon genug.

Forscherin: Es braucht Lernangebote für alle Gruppen

Sophie Lacher von der TU Kaiserslautern gibt zu bedenken, dass die Bereitschaft zum Lernen prinzipiell da ist. Viele meinten, dass sie Erste Hilfe und medizinische Versorgung in Notfällen und Verhalten bei längeren Stromausfällen interessieren würden. Es brauche nun zielgruppenspezifische Angebote, um das Wissen zu vermitteln. Zum Beispiel Volkshochschulkurse für Ältere, Online-Angebote für Jüngere. Nur so könnten Katastrophen möglichst gut bewältigt und dabei Feuerwehr und Einsatzkräfte entlastet werden.

MDR (she,vis)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 11. Januar 2025 | 06:03 Uhr

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