Vorurteile Die Generation Z und die Work-Life-Balance

28. Dezember 2023, 09:01 Uhr

Die Jungen seien faul, heißt es von den Älteren. Sie interessierten sich mehr für Work-Life Balance als für die Arbeit. Nicht alle Vorurteile stimmen, sagen Jugendforscher. Unterschiede gebe es aber zwischen Gen Z und Babyboomern.

Arbeitsscheu, unselbständig, nicht leistungsfähig. Gemeint ist die Generation Z, auch Gen Z genannt, also die Jahrgänge, die ab Ende der 1990er-Jahre geboren wurden und jetzt ins Arbeitsleben starten. Diese Klischees kennt auch Konstantin Beindorf.

Der 25-Jährige betreut bei DHL Nachwuchskräfte, hat also jeden Tag mit der Generation Z zu tun, zu der er sich selbst auch zählt. "Bei den Jungen ist: Lieber ohne Job als unglücklich im Job. Und ich glaube, Glück und persönliche Erfüllung haben einen viel höheren Stellenwert als tatsächlich Arbeit zu leisten. Man möchte gut in dem Job sein, den man macht, aber man möchte auch einen guten Job. Ich habe das Gefühl, gerade bei Älteren ist das gar nicht so der Fokus. Hauptsache, man hat einen Job und macht den gut."

Wahlmöglichkeit der Jungen und Frustration bei Älteren

Das kann leicht zu Frustration bei den Älteren führen, stellt Psychologe und Generationenforscher Rüdiger Maas fest: "Stellen Sie sich vor, sie mussten sich noch richtig bemühen um ein Vorstellungsgespräch, sind mit weniger Gehalt eingestiegen und jetzt kommt da ein Jüngerer, dem alles gemacht wird und der das gar nicht zu schätzen weiß. Natürlich kommt da Sozialneid auf in der Belegschaft."

Dass die Generation Z überhaupt die Möglichkeit hat, wählerisch zu sein, liegt an der Demografie. Sie zählen zu den geburtenschwächsten Jahrgängen. Und sie lösen die große Zahl der Babyboomer ab, die nun in Rente gehen. Wenige Nachwuchskräfte treffen auf viele offene Stellen. Das mache anspruchsvoll, nicht nur den Nachwuchs, sagt Maas: "Momentan ist der Arbeitsmarkt für alle sehr interessant. Das ist jetzt kein Thema, das nur die Jüngeren betrifft, aber spannend ist natürlich, dass die Jüngeren den Arbeitsmarkt nur so kennenlernen."

Maas unterscheidet zwischen Zeitgeist, der alle betrifft, und echten Generationeneffekten. Das sieht auch der Jugendforscher Simon Schnetzer so. Er hat herausgefunden, dass die Unterschiede zwischen den Altersgruppen kleiner sind als erwartet. So finden tatsächlich nur sieben Prozent der Jungen die alte Tugend Fleiß wichtig. Überraschend: Bei den älteren sind es sogar nur drei Prozent.

Jüngere sind sofortige Rückmeldung gewohnt

Aber was ist dran an den Klischees über die Generation Z? Schnetzer sagt: "Die Jungen sind nicht faul, aber sie wollen intensiver motiviert werden. Junge Menschen sind aufgewachsen mit dem Smartphone und sie posten etwas und sie bekommen sofort eine Rückmeldung."

Der Jugendforscher erklärt: "Wenn ein junger Mensch eine Aufgabe bekommt und erstmal für sich allein gelassen wird, dann ist das nicht motivierend. Dann entsteht dieses große Fragezeichen im Kopf? 'Ist das überhaupt richtig, was ich hier mache?' Sie sind gewohnt, dass sie, wenn sie etwas nicht können, immer nachfragen können und viel stärker dieses Unsicherheitsgefühl haben, weil sie immer entweder von Helikoptereltern umsorgt waren oder über Social Media sich Feedback einholen konnten."

Die ständige Beschäftigung mit Social Media kann zur Belastung werden. Was den jungen Menschen fehlt, seien echte Pausen, sagt Schnetzer. Erklärt das den hohen Krankenstand unter den Nachwuchskräften? Oder sind sie einfach weniger belastbar?

Jugendforscher: Jüngere gefühlt permanent im Krisenmodus

Schnetzer verneint: "Junge Menschen haben in der Coronazeit extrem viel auf sich genommen. Da waren sie sehr belastbar. Wir merken aber auch, dass nicht alle damit klargekommen sind. Ein wichtiger Grund, warum die psychische Belastung für junge Menschen so deutlich höher war, ist, dass die Bildungswelt komplett auf Digital umgestellt wurde. Menschen durften nicht mehr in die Schule, wohingegen die Berufswelt offen gehalten wurde. Und die Altersgruppe, die wir als Generation Z bezeichnen, hatte während Corona ihre prägendste Zeit gehabt.

Hinzu kommt: Die Welt befindet sich für die junge Generation gefühlt permanent im Krisenmodus. Pandemie, dann Krieg. Das strengt an. Vor allem der Klimawandel wird von den Jungen zudem als deutlich belastender empfunden als von den Älteren.

Wie diese ständig zu ackern – für die Jungen hat das bei zweifelhaften Zukunftsaussichten keine Vorbildfunktion. Sie schrauben lieber Stunden runter. Ein Clash der Generationen, den auch Konstantin Beindorf wahrnimmt. Dennoch erlebt er im Job ein gutes Miteinander von Jung und Alt. Was es dafür braucht? Beindorf meint, "sich ganz viel Raum zu lassen für Verständnis füreinander. Man ist mit ganz unterschiedlichen Werten aufgewachsen. Und ich denke, wenn beide Seiten Offenheit füreinander mitbringen, dann kann das ein sehr gutes Miteinander ergeben."

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 28. Dezember 2023 | 06:00 Uhr

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