Wütender Autofahrer zeigt einen Mittelfinger als Beleidigung im Straßenverkehr
Im Straßenverkehr kochen die Emotionen gerne mal über. Bildrechte: IMAGO / Bihlmayerfotografie

Fahrverhalten Hat die Aggression im Straßenverkehr zugenommen?

07. September 2023, 08:45 Uhr

MDR AKTUELL-Hörer Konrad Zimare hat das Gefühl, dass die Aggressionen im Straßenverkehr in Deutschland in den letzten Jahren erheblich zugenommen haben. Er möchte wissen, ob sich das statistisch nachweisen lässt und welche Gründe das hat.

Sarah Bötscher moderiert den YouTube-Nachrichtenrückblick recap. Sie steht vor einem grünen Hintergrund und lächelt in die Kamera.
Bildrechte: Mitteldeutscher Rundfunk/ Toni Gräfe

Mit der Aggressivität im Straßenverkehr gibt es ein Problem. Sie ist nicht nur schwer zu ertragen, sondern sei auch schwer in Zahlen abzubilden, weil sie immer im Auge des Betrachters liege, also nicht objektiv messbar sei, sagt der Leiter der Unfallforschung der Versicherer, Siegfried Brockmann. Aber: "Was wir haben, sind Befragungsstudien. Da fragen wir natürlich nicht: Sind Sie aggressiv? Dann würden alle nein sagen. Wir stellen konkrete Fragen: Drängeln Sie schonmal? Oder: Überholen Sie rechts? Oder ähnliche Dinge. Da kann man über den Zeitverlauf tatsächlich einen geringen Anstieg des Verhaltens sehen, was eigentlich nicht tolerierbar ist."

Auch der TÜV-Verband hat dazu eine repräsentative Umfrage gemacht. Demnach sagen zwei von drei Menschen: Das Aggressionslevel habe in den letzten Jahren zugenommen.

Wahrgenommen werde das vor allem in Städten, meint Marc-Philip Waschke, beim TÜV-Verband ist er Referent für Verkehrssicherheit: "Man steht im Stau und vor allem gibt es natürlich immer mehr Verkehr bei immer weniger Platz. Gerade in Städten sehen wir, dass immer mehr Fahrzeuge unterwegs sind. Mehr Radverkehr, E-Scooter, und dann kann es zu gefährlichen Situationen kommen."

Unfallforscher: Verkehr ist Spiegel der Gesellschaft

Aber warum ist es so, dass uns gerade im Verkehr regelmäßig der Kragen platzt? Der Verkehrspsychologe vom ADAC, Ulrich Chiellino, nennt mehrere Faktoren, die uns stressen – zum Beispiel Hitze und Zeitdruck: "Entscheidend ist noch, dass wir uns im Auto von der Außenwelt abgeschirmt fühlen und dann den Emotionen auch mal freien Lauf lassen, weil die soziale Kontrolle fällt. Das heißt, wir müssen nicht unbedingt mit einer Gegenreaktion rechnen und wir müssen uns nicht gleich für unser Verhalten rechtfertigen. Das lässt die Zügel auch mal etwas lockerer fallen."

Siegfried Brockmann von der Unfallforschung der Versicherer geht sogar noch weiter: Er hält den Verkehr für einen Spiegel unserer Gesellschaft. "In der Gesamtgesellschaft ist es einfach so, dass wir es gelernt haben, uns als selbst in den Vordergrund zu spielen, uns durchzusetzen und andere wegzudrängen. Im Berufsleben ist das teilweise auch nicht anders und das findet auch im Verkehr statt", erklärt Brockmann.

MDR AKTUELL hat auch die Polizeidirektion Leipzig angefragt. Sie sagt, es sei sehr schwer, dazu Zahlen valide zu recherchieren. Im Zusammenhang mit "Aggression im Straßenverkehr" kämen zu viele Straftaten in Betracht – darunter Körperverletzung, Sachbeschädigung oder Bedrohung.

Um sich als schwächerer Verkehrsteilnehmer zu schützen, rät die Polizei vorausschauendes Fahren. Verkehrspsychologe Chiellino rät: Sich nicht auf einen Streit einlassen und Luft aus der Sache nehmen – auch wenn es schwerfällt.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 07. September 2023 | 06:21 Uhr

Mehr aus Deutschland

Nachrichten

Ein Mann lächelt in die Kamera. 1 min
Bildrechte: Andreas Franke

Nachrichten

Porträt Olaf Feuerborn 1 min
Bildrechte: MDR/Engin Haupt

Mehr aus Deutschland