Im Jahr 2022 Ansturm auf Tafeln in Deutschland
Hauptinhalt
30. Dezember 2022, 13:00 Uhr
Über zwei Millionen Menschen sind 2022 zur Tafel gekommen - etwa 50 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Angesichts gestiegener Preise und weniger Spenden stehen die Tafeln unter einer enormen Belastung. Gefordert wird mehr Unterstützung seitens der Politik.
- Ein Großteil der ehrenamtlichen Helfer bei der Tafel ist psychisch stark belastet.
- Jede dritte Tafel in Deutschland verhängte 2022 einen Aufnahmestopp.
- Die Tafeln sind auf staatliche Unterstützung angewiesen.
Inflation und gestiegene Preise machen sich auch bei den Tafeln deutlich bemerkbar. Im Jahr 2022 sind nach Angaben der Dachorganisation "Tafel Deutschland" im bundesweiten Durchschnitt etwa 50 Prozent mehr Menschen zu den Lebensmittelausgaben für Bedürftige gekommen als im Jahr zuvor.
Mehr als zwei Millionen Bedürftige
Bei den fast 1.000 Tafeln in Deutschland arbeiten derzeit etwa 60.000 Helferinnen und Helfer. In diesem Jahr versorgten sie über zwei Millionen Kundinnen und Kunden, wie aus einer Umfrage der Tafel hervorgeht. Besonders stark auf Unterstützung angewiesen waren in diesem Jahr neben Rentnern und Erwerbslosen auch Geflüchtete aus der Ukraine.
Psychische Belastung für Mitarbeitende
Ein Beispiel gibt die Tafel in Magdeburg. 7.000 Menschen sind hier registriert. In diesem Jahr mussten sie zwar mit mehr Kunden, aber weniger Spenden, höheren Energiekosten und Inflation kämpfen. Eine große Belastung, die auch den Mitarbeitenden zu schaffen macht. In einer Umfrage des Bundesverbands hatten mehr als 60 Prozent der Ehrenamtlichen angegeben, psychisch stark belastet zu seien.
Der Bundesvorsitzende der Tafel Deutschland, Jochen Brühl, forderte im Interview mit dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland" mehr Unterstützung von der Politik. "Man könnte zum Beispiel Ehrenamtlichen, die eine bestimmte Stundenzahl nachweisen können, ein Verkehrsticket umsonst geben für ihr Engagement."
Aufnahmestopp bei jeder dritten Tafel
"Zeitweise hatten in diesem Jahr rund 30 Prozent der Tafeln einen Aufnahmestopp", sagte der Tafel-Chef weiterhin. Die meisten Tafeln konnten zwar weiter machen, mussten jedoch kleinere Mengen pro Haushalt verteilen. So auch die Tafel in Magdeburg. "Wir haben gesagt, dass die Leute nicht mehr zwei Mal in der Woche Lebensmittel bekommen, sondern nur ein Mal. Damit können wir die Lebensmittel strecken und schauen, dass jeder etwas bekommt", erklärt Holger Franke, Leiter der Tafel in Magdeburg.
Staatliche Hilfe gefordert
Tafeln finanzieren sich grundsätzlich über Spenden und sind daher auf staatliche Unterstützung angewiesen. "Den Versorgungsauftrag hat der Staat", betont Brühl. Die mehr als 960 Tafeln in Deutschland würden nur unterstützend arbeiten.
Doch Tafeln unterstützten manchmal nicht nur, "sondern werden schon fest einkalkuliert", so Brühl. Das sei nie die Idee gewesen. "Wir sind mal angetreten, um Lebensmittel zu retten, die übrig sind, und diese an die Menschen weiterzugeben, die zu wenig haben“, sagt Jochen Brühl.
MDR(yvo)/epd
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 30. Dezember 2022 | 09:00 Uhr