Silvester-Ausschreitungen in Berlin Migrationsexperte sieht Probleme bei Integrationspolitik

04. Januar 2023, 20:53 Uhr

Seit in der Silvesternacht Feuerwehrleute und Polizisten angegriffen wurden, diskutiert das Land über die Ursachen. Inzwischen ist erwiesen, dass viele Migranten beteiligt waren, doch woher rührt ihre Wut? Der Migrationsforscher Toprak fordert eine bessere Integrationspolitik, sagt aber auch ganz klar, dass die Randalierer strafrechtliche Konsequenzen spüren müssen.

Nach den Ausschreitungen an Silvester in Berlin hat der Sozialwissenschaftler Ahmet Toprak eine bessere Integrationspolitik gefordert.

Der Migrationsforscher Toprak sagte MDR AKTUELL, es werde zu wenig getan, um junge Menschen mit Migrationshintergrund zu integrieren. So gebe es insbesondere bei Menschen, die Asyl beantragten, oft keine Erlaubnis zu arbeiten, obwohl ein großer Wille da sei. "Unsere Integrationspolitik ist nicht immer integrationsfördernd", so Toprak.

Frust und Wut bei jungen Männern

Vor allem junge Männer fühlten sich dadurch abgehängt und ohne große Perspektive in der Gesellschaft. "Man muss davon ausgehen, dass junge Menschen mit Migrationshintergrund – vor allem junge Männer – in erster Linie die Abgehängten sind, die in der Gesellschaft keine große Perspektive haben", sagte Toprak.

Dementsprechend würden sich Frust und Wut ansammeln, die sich bei solchen Ereignissen wie an Silvester dann entladen würden. "Das passiert dann, wenn Gruppen zusammenkommen und sich der Alkoholpegel nach oben entwickelt", beschreibt Toprka. "Das heißt aber nicht, dass das entschuldbar ist." Solchen Ausschreitungen müsse mit klarer Grenzsetzung und strafrechtlichen Belangen begegnet werden.

Man darf nicht den Eindruck erwecken, dass der Staat machtlos ist.

Ahmet Toprak Sozialwissenschaftler

Toprak sieht derlei Auswüchse nicht nur bei Migranten, auch bei anderen Tätergruppen sei ein Hass gegenüber staatlichen Institutionen zu erkennen. Gemeinsam hätten diese Gruppierungen oft, dass sie männlich und jung seien und Alkohol konsumierten. "Das müssen wir mit pädagogischen, aber auch mit strafrechtlichen Mitteln angehen. Man darf nicht den Eindruck erwecken, dass der Staat machtlos ist", sagte Toprak. Wichtig sei aber, solche Phänomene nicht allen jungen Menschen zuzuordnen.

Angriffe auf Rettungskräfte in Berlin

In der Nacht zum Neujahrstag waren in mehreren deutschen Städten Polizisten und Feuerwehrleute im Einsatz angegriffen worden, unter anderem mit Böllern und Raketen. Besonders heftig waren die Attacken in einigen Vierteln von Berlin. Es seien 355 Straf- und Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet worden, sagte ein Sprecher der Berliner Polizei am Dienstagabend. 145 Menschen seien vorläufig festgenommen worden – alle Verdächtigen nach Abschluss der polizeilichen Maßnahmen wieder auf freien Fuß gekommen.

Es seien insgesamt 18 verschiedene Nationalitäten erfasst worden. 45 der Verdächtigen hätten die deutsche Staatsangehörigkeit, 27 Verdächtige seien afghanischer Nationalität, und 21 seien Syrer. Seitdem wird deutschlandweit über die Hintergründe der Taten debattiert.

MDR,dpa(asü)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 04. Januar 2023 | 07:48 Uhr

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