Tschüss Kohle, hallo Zukunft – 2023 Aufwachsen im Mitteldeutschen Braunkohle-Revier
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06. März 2024, 16:32 Uhr
Nele Mäder ist 15 Jahre alt. Sie wächst im Mitteldeutschen Kohlerevier auf. Mit dabei: Nele Mäder, 15 Jahre alt. Ihre Zukunft hängt davon ab, was heute in Sachen Klimaschutz entschieden wird. Nele ist keine Klimaaktivistin, macht sich aber Gedanken über den Klimawandel.
"Als ich noch klein war, da erinnere ich mich noch dran, dass viel Schnee war. Weiße Weihnachten waren da fast normal, denke ich. Aber jetzt sieht man es ja: Ein paar Tage Schnee und jetzt ist es matsch und nass."
Nele trägt glattes, halb langes Haar. braun gefärbt, schwarze Klamotten mit Markenemblem. Sie lebt in Michlitz, einem Ortsteil von Lützen in Sachsen-Anhalt. Viel verändert sich hier nicht, zumindest nicht aus Sicht einer Jugendlichen. Aber das Klima, das verändert sich, merkt Nele: "Die Sommer sind auch wärmer geworden, habe ich das Gefühl."
Irgendwie macht Nele das schon Sorgen. Dass gerade wegen der Energiekrise wieder mehr Kohle verbrannt wird, sieht sie aber pragmatisch. "Ist ja auch kacke, wenn man im Kalten sitzt oder der Herd nicht mehr angeht. Und wir haben keine andere Möglichkeit. Ich denke nicht, dass sich Windräder so extrem schnell bauen lassen."
Wird in Michlitz bald Kohle gefördert?
Neles Heimat liegt am Rand des Mitteldeutschen Braunkohlereviers. Die Kohlkraftwerke in der Region erleben wegen der Energiekrise gerade eine kleine Renaissance. Auch unter Neles Dorf liegt Kohle. Aktuell ist es noch als Vorranggebiet für Braunkohle ausgewiesen. Hier könnte also Kohle gefördert werden. Doch das hiesige Braunkohleunternehmen MIBRAG winkt ab.
Eine Förderung in Michlitz sei nicht geplant. Nele macht sich darüber inzwischen keine Sorgen mehr. "Es wäre schwachsinnig einen neuen Tagebau aufzumachen, wenn in zwei Jahren danach gesagt wird: Ne, macht mal zu."
Neles Nachbarin Dorothee Berthold glaubt den Worten der Mibrag dagegen nicht so richtig. Sie hat ihre Kindheit in Großgrimma verbracht. Der Tagebau Profen verleibt sich gerade Stück für Stück ihrer alten Heimat ein. Und genau die möchte sie ihrer jungen Nachbarin heute zeigen, auf einer Autofahrt durchs Revier. Am Tagebau angekommen, steigen sie aus dem Auto.
Nele schaut in den Tagebau: "Ich sehe ganz viel Erde und Hügel aus Erde und ein paar Bäume, Büsche und Windräder und einen Tagebaukran. Und Kohle."
"Kartoffelbrei an Bilder werfen"
Kein schöner Anblick, findet sie. Andere junge Leute protestieren dagegen. Die Letzte Generation auch mit radikalen Mitteln. Nele kann das nachvollziehen. Für zielführend hält sie es trotzdem nicht. "Also, das mit dem Kartoffelbrei an Bilder werfen, finde ich ein bisschen sinnlos. Es gibt Länder, da haben Kinder kein Essen und wir werfen mit Kartoffelbrei. Aber ich finde, dass das nicht die Lösung ist. Es nervt Menschen nur."
In der Schule sollte mehr über den Klimawandel gesprochen werden, findet sie. Nele sagt: "In der Grundschule, aber auch im Gymnasium später, wurde uns erklärt, was ein Kohlekraftwerk ist. Aber alles nur so oberflächlich. Es wurde da nicht gesagt, dadurch entsteht ganz viel CO2 und das ist schlecht für die Umwelt, Klimawandel und so. Also nicht in diesen Zusammenhängen."
Apropos Schule: Nele hat an diesem Tag noch viel zu tun. Immer mehr Zeit gehe fürs Lernen drauf. Und schließlich arbeitet sie auf einen Medizinstudienplatz hin – Pathologin oder Herzchirurgin will sie werden.
Sie muss an den Schreibtisch. Klimawandel hin oder her.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 07. Februar 2023 | 06:05 Uhr