Tschüss Kohle, hallo Zukunft – 2023 Die Renaissance der Kohle
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10. Februar 2023, 21:27 Uhr
Bastian Zimmer plant auch 2023 noch für die Mibrag den Kohlebergbau. Weil Energie derzeit knapp ist, laufen die Bagger in seinem Revier wieder auf Hochtouren. Kohle zu verfeuern, lohnt sich wieder. Der Ausstieg scheint ferner als vor einem Jahr.
Die Luft erzittert, jedes Tier nimmt Reißaus, wenn sich "Schaufelradbagger 1580" in Bewegung setzt. Ein Koloss aus Stahl, mehr als 2.000 Tonnen schwer. Unermüdlich trägt er Erde ab, um im Tagebau Profen an Braunkohle zu kommen. Neben dem Ungetüm steht Bastian Zimmer und lächelt. Der Planungschef der Mibrag erzählt, die Nachfrage nach Kohle sei so hoch wie lange nicht mehr.
Das wirke sich auch auf das Schichtsystem aus: Es musste wieder auf ein kontinuierliches Schichtsystem geändert werden, erzählt Zimmer: "Wir arbeiten hier in diesem Tagebau wieder sieben Tage die Woche, 24 Stunden am Tag durchweg. Dafür brauchten wir wieder Personal. Dafür musste wieder geschult werden. Aber wir haben auch Investitionen getätigt in Anlagentechnik, um weitere Förderpunkte zu haben, um flexibler reagieren zu können auf den Markt. Das waren schon große Herausforderungen 2022."
Mehr als 100 Leute hat die Mibrag wieder eingestellt, nachdem es in den Jahren davor viele Entlassungen gab. Profen liefert Kohle für Kraftwerke in Schkopau, Chemnitz, Zeitz und in der Tschechischen Republik.
Ende des Bergbaus in Profen 2035
Zimmer steigt in sein Auto. Er lenkt in gemächlichem Tempo über den Tagebaugrund. Am Rand erheben sich Steilhänge. An deren Erdschichten erkennt man, dass sie einst aufgeschüttet wurden. Vor dem Zweiten Weltkrieg, erzählt Zimmer, sei an gleicher Stelle schon einmal Kohle gefördert worden. Nun trage man das Gelände erneut ab, wolle Flöze in tieferen Schichten gewinnen.
In diesen Kippen finde man auch viele Hinterlassenschaften, die eine ältere Generation von Bergleuten verkippt habe: "Felsbrocken, die im Weg lagen, die sie hier verkippt haben und die wir jetzt wieder beräumen müssen. Aber eben auch Schienen, Schwellen, Motoren haben wir schon gefunden. All das landet auch bei uns auf dem Bagger und der hat ein Metallspürgerät und stoppt automatisch, wenn er das erkennt", erklärt Zimmer.
Trotz des Kohle-Booms rechnet Zimmer mit einem Ende des Bergbaus im Tagebau Profen bis zum Jahr 2035. Dann erlischt die Betriebsgenehmigung.
Seen, Ackerbau und Wälder nach dem Tagebau
Als Planungschef ist er auch für die Renaturierung zuständig. Er fährt auf eine Anhöhe und läuft über eine Wiese zur Tagebaukante. Von hier aus will er die Zukunft zeigen. Am Horizont drehen sich Windräder. Mit ihnen baut sich die Mibrag ein neues Geschäft auf.
Bastian Zimmer erklärt: "Wir haben hier ein Projekt, das nennen wir EMIR – Erneuerung Mibrag im Revier. Da soll am Standort Profen auf ehemaligen Tagebauflächen ein Energiepark entstehen und Bestandteil dieses Energieparks ist auch ein Elektrolyseur. Den wollen wir errichten und betreiben und in das mitteldeutsche Netz, das entstehen soll, den Wasserstoff einspeisen."
Noch allerdings klafft vor den Windrädern ein Loch: der Tagebau Profen. Nach der Kohle sollen hier Seen entstehen, Flächen für den Ackerbau oder kleine Wälder.
Grundsätzlich mache Zimmer der Kohleausstieg keine Sorgen: "Wir müssen die Randbedingungen im Revier schaffen, dass neue Arbeitsplätze entstehen. Das ist eine große Aufgabe, an der arbeiten wir und ich denke, das ist schaffbar. Aber es ist nicht beliebig einkürzbar."
Was bedeutet: Von einem Vorziehen des Kohleausstiegs hält Zimmer nichts. Alle Pläne, auch für die Renaturierung, seien auf 2035 ausgerichtet. Der Planungschef läuft zurück zum Auto. Dahinter kämpfen sich zartgrün Gräser und Klee durch die Erde. Hierhin werde der Kohlebagger in ein paar Jahren einschwenken, sagt Zimmer. Die Wiese müsse für den Energiehunger noch weichen.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 06. Februar 2023 | 06:05 Uhr