Bildung Eltern: Lehrermangel führt zu mehr Schulabbrechern

20. Januar 2023, 05:00 Uhr

Jedes Jahr gibt es Schülerinnen und Schüler, die die Schule abbrechen und ohne Abschluss dastehen. Landeselternrat und Gewerkschaft in Sachsen-Anhalt kritisieren den Lehrermangel und die Probleme durch Schulschließungen und -unterbrechungen. Die Länder weisen Kritik an zu wenig Engagement für gefährdete Schüler zurück. Die Situation in Mitteldeutschland.

Sachsen-Anhalt hat sich nicht nur einen Namen als Land der Frühaufsteher gemacht, es scheint auch das Land der Schulabbrecher zu sein. Im Ländervergleich ist Sachsen-Anhalt Schlusslicht - rund 9 Prozent der Schülerinnen und Schüler an allgemeinbildenden Schulen blieben im vergangenen Schuljahr ohne Abschluss.

Landeselternrat und Gewerkschaft kritisieren Lehrkräftemangel

Matthias Rose ist Vorsitzender vom Landeselternrat in Sachsen-Anhalt. Seine Begründung für die Situation: "Dass die Schule aktuell ihren Verpflichtungen bezüglich der Erziehung der Schüler nicht nachkommen kann. Wir haben viel zu wenig Lehrer, viel zu wenig Unterrichtsstunden, die stattfinden und da ist es natürlich auch weniger möglich, dem Erziehungsauftrag der Schule gerecht zu werden."

Auch Eva Gerth, Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, sieht den Mangel an Lehrkräften als Hauptgrund dafür, dass so viele Schülerinnen und Schüler abbrechen. Für einen erfolgreichen Schulabschluss sei eine individuelle Förderung in kleineren Klassen notwendig. Aber: "In der normalen Sekundarschule kann man es sich einfach nicht leisten, kleinere Klassen zu bilden und besser zu fördern. Da fehlt uns einfach das Personal, bei einer Unterrichtsversorgung von unter 90 Prozent."

Fachkräftemangel: Arbeitsagentur Sachsen sieht Schulabbrecher als großes Problem

Auch in Sachsen und Thüringen gab es im vergangenen Schuljahr viele Schülerinnen und Schüler ohne Abschluss. In Sachsen waren es 8,7 Prozent, in Thüringen blieben 8,3 Prozent ohne Abschluss. Neben dem Personalmangel an Schulen sieht Claudia Koch, Vorsitzende der Landeselternvertretung Thüringen, aktuell noch einen weiteren Grund: "Was wir aus unserem Umfeld wahrnehmen, ist tatsächlich, dass wir durch diese lange Zeit der Schulschließung, Schulöffnung, unsteten Schulöffnungen und des Distanzunterrichts schon einige Schülerinnen und Schüler verloren haben, die haben wir auch nicht wiederbekommen."

Schülerinnen und Schüler würden häufig unter einem hohen Leistungsdruck stehen. Nicht jedes Elternhaus könne das gut auffangen. Dass junge Menschen die Schule abbrechen, sieht auch Frank Vollgold, Sprecher der Arbeitsagentur Sachsen, als großes Problem: "Das können wir uns mit Blick auf die Fachkräftebedarfe, die die Unternehmen haben, nicht mehr leisten. Wir wissen auch, demografisch bedingt, müssen wir künftig nicht nur neue Stellen besetzen, sondern auch freiwerdende Stellen durch Altersabgänge nachbesetzen. Und da ist das Thema, die jungen Menschen direkt von der Schule in den Beruf zu bekommen, erstmal das A und O."

Arbeitsagentur setzt auf Berufseinstiegsbegleiter

In Sachsen setzt die Arbeitsagentur auf sogenannte Berufseinstiegsbegleiter, erklärt Vollgold: "Jeder Berufseinstiegsbegleiter unterstützt bis zu 20 Schüler, die in irgendeiner Form abbruchgefährdet sind und hilft denen, dass die ihren Schulabschluss schaffen, dass die vielleicht auch die Probleme, die es gibt, aus dem Weg räumen und sich auf das Thema Schulabschluss und Ausbildung konzentrieren können." Den Vorwurf von Andrea Nahles an die Länder, sie müssten mehr dafür tun, um die Zahl der Schulabbrüche zu reduzieren, nehmen sich die Bildungsministerien in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen nicht an. Die Zahlen zu Schulabgängen ohne Abschluss seien öffentlich einsehbar, heißt es etwa aus Dresden. Zudem werde bereits viel dafür getan, um die Situation zu verbessern.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 20. Januar 2023 | 06:00 Uhr

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